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Medien: Das neue Leben der Frau Phan-Thi

Die Viva-Moderatorin Minh-Khai ist Schauspielerin geworden. Ihre Rolle: eine Novizin

Nonne will sie werden. Nicht, dass irgendetwas in ihrem Leben darauf hingedeutet hätte. Sie war ja mal Moderatorin bei Viva, daher kennt man sie. Dann war sie in den Klatschspalten: als Freundin von Fred Kogel. Sie war damals noch ziemlich jung, Kogel Programmchef von Sat 1. Und danach? Nun, ja – viel hat man in letzter Zeit nicht von ihr gehört.

Am Montagabend ist sie wieder da: Minh-Khai im Fernseh-Kloster. Auch wenn die Handlung ein wenig schmalzig klingt – junge Frau kommt mit dem Leben nicht mehr klar, will Nonne werden –, ist dem Regisseur Anno Saul ein einfühlsamer Film gelungen („Die Novizin“, ZDF, 20 Uhr 15). Minh-Khai spielt darin eine der Novizinnen, und das sehr überzeugend. Saul hat die Rolle erst nachträglich ins Drehbuch geschrieben. Nur, damit sie mitmacht. So begeistert ist er von ihrer Schauspielkunst. Minh-Khai, die sich neuerdings mit Vor- und Zunamen nennen lässt, Minh-Khai Phan-Thi, ist zu einer in der Branche anerkannten Schauspielerin geworden. Allerdings haben es noch nicht so viele mitbekommen.

Berlin, das asiatische Restaurant Kuchi in der Gipsstraße. Minh-Khai, 28, umarmt die Chefin, dann umarmt sie einen Kellner. Sie kennt sie offenbar sehr gut. Heute hat sie eine dunkle Jeans an, dazu ein langärmeliges weißes T-Shirt. „Bin erkältet“, sagt sie, was man ihr aber weder ansieht noch anmerkt. Ihre schwarzen Haare glänzen wie im Fernsehen. Sie lächelt, bestellt sich ein Mineralwasser und fängt zu erzählen an. Eine Asiatin in einem deutschen Kloster – natürlich klinge das erstmal seltsam, sagt sie. Aber in Vietnam, wo ihre Familie herstammt, gebe es viele Christen. Sie selbst sei katholisch erzogen worden und sogar mal Ministrantin gewesen. Aber ins Kloster wollte sie natürlich nie.

Wohin sie wollte, erzählt sie mit einer kleinen Anekdote. Als sie 13 war, hatte sie Autogrammkarten aus der „Bravo“ an der Wand hängen: von Wham, Nena, Tom Cruise, Elvis. Wie so viele Mädchen. Nur, dass sie ein Bild von sich selbst dazwischen gehängt hatte. Sie hatte mit ihrer Teenagerschrift sogar ein Autogramm draufgeschrieben. „Ich wollte schon damals Schauspielerin werden“, erzählt sie. Ihre steile Moderatoren-Karriere sei nur eine Zwischenstation gewesen: gutes Kamera-Training, Spaß, mehr nicht.

Erst zwanzig Jahre alt, war sie ins Büro des Produzenten Holger Roost gestürmt. Sie sagte: „Ich will ein Casting machen.“ Roost, der unter anderem „Popstars" produziert hat, hat Minh-Khai gleich für die Kabel 1-Sendung „Hugo“ engagiert. „Sie hat ein wahnsinnig gutes Lachen", erinnert er sich. Nach einem Jahr hat sie Viva-Chef Dieter Gorny abgeworben. Was ein großer Aufstieg für sie war, denn damals waren Viva-Moderatoren noch richtige Stars. „Sie ist ausnahmslos nett", schwärmt Gorny noch heute von ihr. Aber irgendwann war Minh-Khai aus dem Viva-Alter herausgewachsen, jedenfalls fühlte sie sich so. Ihre tägliche Sendung „Interaktiv" habe sie „angeödet", sagt sie. Die Musik sei auch nicht so ihr Fall gewesen. Diese gewisse Viva-Müdigkeit hat nicht nur sie befallen. Auch Heike Makatsch ist es so ergangen. Auch sie hat bei Viva aufgehört, um Schauspielerin zu werden. Aber das ist gar nicht so einfach. Denn um eine gute Jung-Schauspielerin zu sein, reicht ein wahnsinnig gutes Lachen eben nicht aus.

Minh-Khai Phan-Thi erstes Problem waren die Rollenangebote. Sie hatte es besonders schwer, denn wann kommt in deutschen Filmen schon mal eine Asiatin vor? Und wenn, dann nur als Klischee: Kung-Fu- Kämpferin, Prostituierte. Solche Rollen wurden ihr angeboten. Sie lehnte sie konsequent ab. Doch das bedeutete Arbeitslosigkeit. Erst, erzählt sie, habe sie sich noch Ausreden zurechtgelegt, wenn jemand sie fragte, was sie denn so mache. Später sagte sie nur noch: Sie mache nichts. „Ich lebe.“

Aber es hat sich ausgezahlt, dass sie so wählerisch war. Sie hat mittlerweile etliche kleine, aber feine Rollen in sehr guten Filmen gespielt. Zum Beispiel in Leander Haußmanns „Sonnenallee", in dem sie eine Vietnamesin spielte. Im NDR-Tatort „Lastrumer Mischung" war sie die philippinische Bäuerin Maria und im ARD-Film „Herz oder Knete" eine vietnamesische Putzfrau. Sie ist die Asiatin für alle Fälle: von der Chinesin bis zur Thailänderin. Und zuletzt spielte sie dann doch einmal eine Prostituierte: in Lars Beckers „Rette deine Haut". Aber die Prostituierte aus Beckers Film brach die Klischees: Sie war sehr selbstbewusst und clever. Das hat Minh-Khai Phan-Thi gefallen.

Mit Lars Becker hat sich eine längerfristige Zusammenarbeit entwickelt. Zurzeit arbeiten die beiden an der Krimi-Reihe „Nachtschicht"; sie läuft im Frühjahr im ZDF. Darin spielt Minh-Khai die Kommissarin in einem Polizistenquartett. Ähnlich wie bei „Novizin“ wurde das Drehbuch extra für sie umgeschrieben. Eigentlich sollte die Kommissarin eine Spanierin sein. Jetzt wird Minh-Khai Phan-Thi die erste asiatische Polizistin im deutschen Fernsehen. Ihre Kollegen werden von Katharina Böhm, Armin Rohde und Ken Duken gespielt. Es wird vielleicht ihr großer Durchbruch.

Sie hat also erreicht, was sie wollte. Sollte man denken. Aber Minh-Khai will wieder weiter. Oder vielmehr: zurück zu ihren Wurzeln. Sie ist zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen; der Vater war zum Studieren von Ho-Chi-Minh-Stadt nach Darmstadt gekommen. Doch Vietnam ist für sie ihre zweite Heimat. Nun macht sie einen Dokumentarfilm darüber, „eine Hommage“ soll es werden, sagt sie. Titel: „Mein Vietnam – Land und kein Krieg“. Das Drehbuch hat sie schon geschrieben. Im Januar beginnen die Dreharbeiten.

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