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Medien: Der 20. Juli beginnt am 25. Februar

ARD und ZDF liefern sich ein Wettrennen um den 60. Jahrestag des Hitler-Attentats

Mitte Januar saß Sebastian Koch glücklich-unglücklich im Berliner „Café Einstein“. Nicht lange her, da stand er als Claus Schenk Graf von Stauffenberg vor Jo Baiers Kamera. Jetzt war er aus dem Urlaub zurück und hatte gerade einen ersten Rohschnitt des „Stauffenberg"-Films gesehen. Der machte ihn glücklich. Hohe Armeegenerale im Hitlerstaat sprachen zwar noch mit seltsam östlichen Akzent, die Musik schwebte etwas vorläufig über den Szenen, aber dass dieser Film gelungen war, sah Sebastian Koch sofort. Zugleich erfuhr er, dass die ARD den noch nicht einmal fertigen „Stauffenberg" schon im Februar zeigen wird. Vorverlegt um einen Monat. Bleibt da überhaupt noch genug Zeit, den Film so anzukündigen, dass er bemerkt wird? Vor allem so, wie er es verdient, fragte sich Koch. Der Stauffenberg-Film ist das größte SWR-Projekt in diesem Jahr. Höchste Aufregung im Januar wegen eines Jahrestags im Juli.

Das ZDF ist schuld. Gestern lud es mit Knoppschem Selbstbewusstsein zur Vorbesichtigung seiner neuen Dokumentarreihe „Sie wollten Hitler töten" ins Hauptstadtstudio. Sendestart: 2. März. Das haben wir immer schon geplant, erklärt ZDF-Chefhistoriker Guido Knopp mit einem Lächeln im Gesicht, wie es Menschen haben, die mehr wissen, als sie sagen. Und er findet es eigentlich gar nicht übel, dass die ARD jetzt doch vor ihm kommt. Da habe man ordentlich etwas aufzuarbeiten. Stauffenberg sei nun wirklich ein sehr „punktueller Schlussakkord". Soll heißen: Für die Vorgeschichte, überhaupt die richtige Einordnung der Sache, sorgt dann eben er. Wozu sonst beschäftigt das Fernsehen Historiker, fragt das Knoppsche Lächeln. 1:0 für das ZDF im 20.-Juli-Gedenkjahr?

Aber darin liegt ja das Skandalon. Dass die Öffentlich-Rechtlichen anfangen, sich gegenseitig Konkurrenz zu machen, kann doch nur ein Missverständnis sein. Für Sebastian Koch ist es ein zureichender Grund zur Traurigkeit. Die ZDF-Redakteurin Anja Greulich bleibt gelassen. Da ein Sendetermin erst sechs Wochen vorher bekannt gegeben werden muss, habe man genau das gemacht. Sechs Wochen, keinen Tag früher. Da hat die ARD einen Schreck bekommen. Eine gewisse Genugtuung steht jetzt doch im Gesicht der ZDF-Redakteurin. Immerhin hatten sie ihr Doku-Drama zum 17. Juni im letzten Jahr so terminnah gesendet, dass sich schon keiner mehr dafür interessierte. Das Publikum hatte schon genug 17. Juni-Spielfilme gesehen. Außerdem, erklärt Knopp launig, ist der Sommer jetzt schon voll belegt. Die wahre Geschichte des „Wunders von Bern" werde man erzählen. Die „Hintergründe der Tore" (Knopp) in fünf Teilen, im Fußball muss man sich schon an die exakten Jubiläen halten. Beim D-Day im Juni, dem Landungstag der Alliierten an der Normandie, sei das genauso.

Ein bisschen spät, viel zu spät, kam das Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 ohnehin. Man kann seine Vorgeschichte also gar nicht früh genug beginnen lassen. Darin hat Knopp wirklich recht. Er fängt mit Georg Elser an. „Der einsame Held" heißt der erste Teil der Reihe „Sie wollten Hitler töten". Rolf Hochhuth hatte den Kunstschreiner aus Königsbronn schon vor vielen Jahren den „einsamsten Deutschen" genannt. Nicht einmal die Nazis wollten ihm glauben, dass er – einer ganz allein – das Attentat gewagt hatte. Sie hörten erst auf, die Namen seiner Hintermänner aus ihm herauszufoltern, als er die ausgeklügelte Sprenguhr in einem Pfeiler des Münchner Bürgerbräukellers in der Haft nachbaute.

Georg Elser war wirklich allein gewesen. Er blieb auch lange nach seinem Tode allein. Denn selbst Widerständler hielten nach dem Krieg das fehlgeschlagene Attentat am 8. November 1939 für fingiert. Eine Propagandalüge der Nazis. Und die Königsbronner selbst? Erst heute sind sie bereit zu reden, erfuhren die Autoren Peter Hartl und Christian Deick. Bei den Königsbronnern war Elser bis eben nicht besonders beliebt. Am Ende denken Fremde noch, dieser kleine Ort bringe Aufrührer hervor!

Dass in dem Widerstands-Komplex ausgerechnet die Militärs zu den größten Hitler-Gegnern erklärt werden, ist grotesk und richtig zugleich. Nur sie hatten direkten Zugang zu Hitler, obwohl sie – mehrheitlich – die letzten waren, die sich von ihm distanzierten. Viele taten es nie, und in Zeiten des militärischen Erfolgs ohnehin nicht. Auch das zeigt die Serie. Dass dieser Auftakt-Teil über Elser parallel die erste Verschwörung des Militärs um den Abwehroffizier Hans Oster verfolgt, lässt Unterschiede besonders stark hervortreten.

Stauffenberg, Schlusspunkt einer Kette von über vierzig Attentatsversuchen und Plänen dazu, steht nun am Anfang des Fernseh-Erinnerns an den deutschen Widerstand gegen Hitler (25. Februar, 20 Uhr 15, ARD). Und er wird auch wieder am Ende stehen. Denn das ZDF hat auch ein Stauffenberg-Dokumentardrama gedreht. Zum möglichen Sendetermin erklärt der Sender: Keinesfalls nach dem 20. Juli.

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