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Der Ball ist ECKIG: Erst dribbeln, dann reden

Fußballer sollen Tore schießen, nicht reden. Das war einmal. Heute gilt: Nach den Dribblings kommt die Rhetorik.

Sofort nach dem Spiel müssen Spieler zum Interview bereit stehen. Oder sie werden bereit gestellt. Beim DFB besorgt das „der Harald“. Mit einem „Frag’ doch den Harald“ hatte Lukas Podolski, der stets nur das Nötigste ins Mikro röhrt, den DFB-Kommunikationschef Harald Stenger jüngst ins Bild gerückt. Eigentlich soll dessen Nähe zu den Interviewten nicht auffallen. Spontan soll das Sprechen wirken. Darum sind schweißnasse Spieler erwünscht. Sogar mit Hüten oder Kappen, im gegnerischen Trikot oder mit nacktem Oberkörper dürfen sie erscheinen. Anders als ARD-„Field“-Reporter Jürgen Bergener sollte aber kein Journalist sein Jackett zum Vollschwitzen hergeben.

Regeln gibt es auch für die Inhalte. Längst gehen sie über das Vermeiden von „Ja, gut... äh“ hinaus. Schlecht wirken: Selbstlob, Kritik an Mitspielern, mangelnder Respekt vor Gegner oder Trainer. Beim Rückblick auf Fehler, Fouls, Elfmeter oder rote Karten ist die subjektive Sicht zu betonen. Ansonsten, dass man lieber nach vorne schaut. „I look infront“, hatte Lothar Matthäus einst artikuliert.

Wenn Spieler als Interpreten ihrer selbst auftreten, geht es aber vor allem um Gefühle. Die meisten Reporter haben inzwischen begriffen, dass die direkte Frage danach blöd klingt. Als Ersatz fürs „Wie ist das Gefühl, jetzt im Finale zu stehen?“ stellen sie nun mit Hingabe die Frage: „Haben Sie das überhaupt schon realisiert?“ Ein Tölpel, wer darauf antwortet: „Na klar!“ Da wäre das Gefühl nicht groß genug. Zur Spielerpflicht gehört es, überwältigt zu sein. Das darf auch der Trainer, dem aber zugleich analytische Distanz abverlangt wird. Ein elementarer Unterschied zwischen Spieler und Trainer wird seit einiger Zeit beim Abschied sichtbar. Schon realisiert? Das Trainer-Interview endet mit einem Händedruck – da war Monica Lierhaus stilbildend. 

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