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DER BALL  ist eckig: Leuchtende Vorlust

Reden, ohne etwas zu sagen und zwei Herzen in Poldis Brust - die tägliche Medien-Kolumne zur Fußball-EM.

Die ARD-Sendung heißt „EM-Fieber“, die am Donnerstag die ursprünglich geplante Abschlussfolge von „Gottschalk live“ ersetzt. Darin geben sich die Fußball-Euphoriker des Ersten redlich Mühe, das zu erzeugen, was der Titel behauptet. Jogi Löw sagt, die Vorfreude sei riesengroß, viele Spieler kommen mit Mini-Statements zu Wort und Uefa-Chef Michel Platini redet, ohne etwas zu sagen. In der Brust von Poldi und Klose sollen zwei Herzen schlagen und in mehreren Filmen hören wir dieses Organ pulsieren. Wir sehen die Kanzlerin und die Stadt Lemberg. Nur kurz rollt der Ball. Am schönsten im Vorspann. Da leuchtet die Vorlust. Was ansonsten vorab gesendet wird, ist eigentlich völlig egal. So beweist auch dieses Vorgeplänkel nur, wie unerschütterlich der Fußball ist.

Fifa und Uefa mögen mehr oder weniger korrupt sein, dennoch kriegen sie den Fußball nicht kaputt. Oliver Bierhoff mag die Nationalmannschaft zu einer profitablen betriebswirtschaftlichen Einheit geformt haben, dennoch ist es wichtiger, dass am Samstag Özils Pässe ankommen. Politiker mögen die deutsche Elf als Muster für die Integration durch Leistung nehmen, aber es ist gleichgültig, ob Müller oder Gomez das entscheidende Tor schießt. Der Fußball kann für Nationalismus missbraucht oder für das Geschäft instrumentalisiert werden, Fans mögen ihn als Religionsersatz nehmen oder als Anstifter für Gewalt – im Kern ist er erstaunlich resistent.

Das ist das Wunder des Fußballs. Vollständig ist es nicht zu erklären, aber ein paar Gründe kennen wir: Weil Fußball ein Mannschaftsspiel ist. Weil Fußball die Einheit von Athletik, Technik und Taktik ist. Weil Fußball universell ist. Weil Fußball immer weiter zu optimieren, aber nie endgültig auszurechnen ist. Und letztlich: Weil wir – zum Glück – den Ball mit den Füßen nicht fangen können. Bernd Gäbler

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