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Medien: Der Bush-Trommler

Der US-Präsident vermarktet sich professioneller als jeder seiner Vorgänger

In der Politik gelten andere Gesetze als in der Liebe. Man wählt nie einen Politiker, sondern immer nur dessen Image. Aber man liebt nie allein das Image eines Menschen (oder zumindest nicht lange), sondern diesen selbst. US-Präsident George W. Bush ist verheiratet, seine Attraktivität begrenzt. Wären die Amerikaner ein Volk von Frauen, wäre er nie ins Weiße Haus gelangt. Dennoch: Als Staatsmann kommt er an, seine Popularitätswerte sind konstant hoch. Zwar fliegen ihm nicht die Herzen zu, wie einst Kennedy oder Clinton. Dafür gelingt es ihm, jenes Organ zu aktivieren, das für den Respekt zuständig ist.

Mit Leistung hat das wenig zu tun. In seiner Amtszeit ist die Wirtschaft eingebrochen, die Arbeitslosigkeit steigt, ein Haushaltsüberschuss hat sich in ein gewaltiges Defizit verwandelt. Und ob durch Afghanistan- und Irak-Krieg die Amerikaner wirklich sicherer gebombt wurden, steht noch nicht fest. Doch Bush hat eine Kunst perfektioniert, die all das vergessen macht – die Kunst der Selbstinszenierung, der Präsentation und des Blendens. Er beherrscht die Bilder. Seine Vermarktung hat er professionell organisiert. Jeder seiner Auftritte ist hollywoodreif.

Anfang Mai landete Bush, verkleidet als Kampfpilot, spektakulär auf dem Flugzeugträger „Abraham Lincoln". Dort verkündete er das Ende des Irak-Krieges. Bereits mehrere Tage vorher waren Mitarbeiter seines Medienteams vorausgeflogen und hatten alles detailliert vorbereitet. Dieses Team besteht aus mehreren Insidern der Fernsehbranche, darunter zwei Produzenten und einem Kameramann. Sie planen jeden Auftritt des Präsidenten lange im Voraus. So auch diesen: Pünktlich wurde der Flugzeugträger so gedreht, dass Bush seine Rede vor dem rotgoldenen Glanz der untergehenden Pazifiksonne halten konnte. Die Soldaten des Schiffes, die sich in der Nähe des Präsidenten befanden, mussten farblich besonders ausgewählte Hemden tragen, um den Kontrast zu Bush augenfällig werden zu lassen. Perspektivisch brillant prangte der Banner mit der Aufschrift „Mission Accomplished" über der Szenerie.

Viele andere Beispiele solch minutiös organisierter Polit-Spektakel hat unlängst die „New York Times" (NYT) aufgelistet. Mitte Mai hielt Bush eine Rede über seine Wirtschaftspläne in Indianapolis. Die republikanische Administration steht im Verdacht, eher auf Seiten der Besserverdienenden zu stehen als auf der der Bedürftigen. Um dieses Image nicht zu nähren, baten Mitarbeiter des Weißen Hauses die hinter Bush aufgestellten Zuhörer darum, ihre Krawatten abzunehmen. Das erlesene Publikum sollte wie das gewöhnliche Volk aussehen.

Legendär ist auch der Auftritt von Bush im Sommer 2002 in Mount Rushmore. Dort sind die Profile der vier großen US-Präsidenten Washington, Jefferson, Roosevelt und Lincoln in den Fels gehauen. Gezielt wurden die Fotografen so positioniert, dass sie Bush in einer Linie mit seinen altehrwürdigen Vorgängern zeigen konnten.

Selbst im Ausland sind die emsigen ImageManipulateure tätig. Im November hielt Bush eine Rede vor dem früheren kommunistischen Hauptquartier in Bukarest. Damit das Licht den kleinen Texaner möglichst eindrucksvoll zur Geltung bringt, wurden aus Großbritannien mehrere Riesenscheinwerfer nach Rumänien gebracht. Denn mit diesem Gerät hatte Bush bereits zwei Monate vorher gute Erfahrungen gemacht, beim Jahrestag der Anschläge vom 11. September. Da mietete sein Team drei große Plattformen an, die abends um den Sockel der Freiheitsstatue schwammen. Darauf waren ebenfalls jene Riesenscheinwerfer montiert, wie sie sonst nur in Sportstadien und bei Rockkonzerten verwendet werden. Auch diese Ansprache fand folglich vor einer „ultimativen patriotischen Kulisse" (NYT) statt.

Der Aufwand ist groß, der politische Ertrag reich. „Wir widmen unsere besondere Aufmerksamkeit nicht nur dem, was der Präsident sagt, sondern auch der Art, wie ihn die Amerikaner sehen", meint Dan Bartlett, der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses. Schließlich seien die Amerikaner recht beschäftigt. Manchmal hätten sie schlicht keine Zeit, einen Artikel zu lesen oder einer ganzen Rede zuzuhören. Seine Aufgabe sei es daher, für ein „unmittelbares Verständnis" der Botschaften von Bush zu sorgen. Das gelingt ihm hervorragend. Niemals zuvor, lautet das anerkennende Urteil sämtlicher Image-Berater, sei ein amerikanischer Präsident besser ins rechte Licht gerückt worden.

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