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Medien: Der Nannen-Faktor

Auch Laura Poitras will Preisskulptur einschmelzen.

Jetzt überlegt auch die Henri-Nannen-Preitsträgerin Laura Poitras, die ihr überreichte Skulptur des „Stern“-Gründers einschmelzen zu lassen. „Ich denke darüber nach, das Preisgeld zu spenden und die Büste einzuschmelzen“, sagte die US-Journalistin dem NDR-Magazin „Zapp“. Sie würde es damit Nannen-Preisträger Jacob Appelbaum gleichtun, der bereits am vergangenen Freitag die Umformung der Bronzebüste in einen passenderen Kopf zu Ehren der „anonymen Quelle“ angekündigt hatte. Appelbaum wie Poitras waren am 16. Mai mit Henri-Nannen-Preisen 2014 ausgezeichnet worden, die Journalistin für ihren Einsatz für die Pressefreiheit, der Journalist für die Enthüllung, dass die NSA das Handy von Merkel abgehört hatte.

Laura Poitras sagte „Zapp“, sie sei geschockt gewesen, als ihr Appelbaum Nannens Geschichte erzählte, besonders dessen Engagement in einem Leni-Riefenstahl-Film. „Als Dokumentarfilmerin steht Riefenstahl für das schreckliche Erbe, mit dokumentarischen Bildern den Faschismus zu fördern.“ Appelbaum hatte am Freitag gesagt: „Ich lehne es ab, den Namen zu tragen und den Kopf eines Mannes zu präsentieren, der Propaganda für die Nazis gemacht hat.“ In der Annahme des Preises und den erst danach geäußerten Zweifeln an der Person Nannens sieht Poitras keinen Widerspruch. Appelbaum habe geplant, auf der Feier zu sprechen, aber er habe sehr genau erklärt, warum er dann doch nichts sagte. Appelbaum hatte erklärt, dass er auf der Feier den sozialen Druck des Konformismus verspürt habe und sich nun dafür schäme. Poitras sagte dazu: „Die dahinter liegenden Probleme, die aus dem Konformismus entstehenden Gefahren, sind der Dreh- und Angelpunkt seiner Argumentation. Mitläufertum, Anpassung und der Verzicht auf Widerstand versetzen Staaten erst in die Lage, Gewalt gegen die eigene Bevölkerung auszuüben.“

Stephanie Nannen, Enkelin und Biografin, hatte als Erwiderung auf Appelbaum im Tagesspiegel geschrieben: „Henri Nannen war kein Nazi. Er war ein unvoreingenommener Denker und er wurde zum Teil eines mörderischen Systems, kein Mitgestalter.“ Joachim Huber

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