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Medien: Der nette Blutsauger von nebenan

Der Vampir-Mythos ist einfach nicht totzukriegen. Insbesondere im Kino treiben die lichtscheuen Untoten unvermindert ihr Unwesen.

Der Vampir-Mythos ist einfach nicht totzukriegen. Insbesondere im Kino treiben die lichtscheuen Untoten unvermindert ihr Unwesen. Zuletzt war Willem Dafoe in der Rolle des Vampirs Max Schreck in "Shadow of the Vampire" (2001) zu sehen, in einer schwarzhumorigen Hommage an den expressionistischen Stummfilm-Klassiker "Nosferatu - Eine Symphonie des Schreckens" von 1922.

Im Fernsehen hat sich im Kampf gegen diese unheilvollen Wesen ein Teenager in den Vordergrund gespielt. Mit dem legendären Roman "Dracula" aus dem Jahr 1897 von Abraham "Bram" Stoker, der für die meisten Vampirfilme als Folie diente, verbindet die amerikanische Fernsehserie "Buffy - Im Bann der Dämonen" allerdings nur noch wenig. Drehbuchautor und Produzent Joss Whedon war von herkömmlichen Horrorfilmen gelangweilt, in denen, wie er sagt, "blöde blonde Mädchen in dunklen Straßen herumlaufen und von irgendwelchen Kreaturen gemeuchelt werden". Deshalb lässt er die nunmehr 24-jährige Hauptdarstellerin Sarah Michelle Gellar seit dem 10. März 1997 Vampire und Dämonen zur Strecke bringen. Für die Jung-Schauspielerin, die auch in den Horrorfilmen "Scream 2" und "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" - beide wurden im Jahr 1997 gedreht - mitwirkte, brachte die neue Serie den großen Durchbruch.

Umgekehrt brachte sie dem eingefahrenen Vampire-Genre neues Blut. Mehr oder weniger unterstützt von ihrem belesenen Wächter Giles (Anthony Stewart Head) und ihrer Clique geht sie in Sunnydale auf Streife. Eigentlich ein verschlafenes Provinznest, läge es nicht direkt am Ort, der das Böse gebiert und magisch anzieht. Das ist praktisch, gibt es so für die jugendliche Jägerin mit einem Hang zu bauchfreien Träger-Shirts doch immer alle Hände voll zu tun. Mal mit einem Holzpflock, mal mit einem Absatz ihrer High Heels setzt das zierliche Mädchen im Minirock den finalen Herztreffer, der Vampire zu Staub zerfallen lässt. Zahlreich sind die mit bissigen Bemerkungen unterlegten Kampfszenen, denen anzusehen ist, dass die "Buffy"-Darstellerin im richtigen Leben den braunen Gürtel in Taekwondo trägt.

Zugleich werden in "Buffy" Pubertäts-Probleme aufgegriffen: Konflikte mit den Eltern und anderen Autoritäten, Spannungen zwischen persönlichen Wünschen und übergeordneten Verpflichtungen, Probleme in der Schule und - nicht zuletzt - in der Liebe. Diese, nach allen Regeln des Marketings kreierte Symbiose aus klassischer Teenager-Soap und gruseliger Mystery-Serie, weckte das Interesse des jugendlichen Zielpublikums. Auch in Deutschland erzielte "Buffy" bei den jungen Pro 7-Zuschauern Marktanteile von über 20 Prozent. Selbst die meisten Kritiker waren zufrieden. Einige erblickten in der kämpfenden Kultfigur sogar die Vertreterin eines zeitgemäßen Feminismus, bei dem Frauen stark, klug und erfolgreich sein können und sich trotzdem für Mode und Jungs interessieren dürfen.

Von Glück in der Liebe konnte für die Vampir-Jägerin jedoch kaum die Rede sein. So verguckte sie sich ausgerechnet in Angel (David Boreanaz), einen gutmütigen und gutaussehenden Vampir, der sogar eine Seele hat. Die Liebe der beiden birgt tragische Momente, denn ab und zu verwandelt sich der melancholische Angel wieder in eine beißende Bestie. Am Ende der dritten Staffel war zwischen dem ungleichen Paar dann endgültig Schluss. Während "Buffy" sich in der Folge-Staffel in einen anderen verliebte, eröffnete der Vampir in Los Angeles ein Detektivbüro zur Bekämpfung finsterer Mächte. Damit war der Grundstein für das Serien-Spin-Off "Angel - Jäger der Finsternis" gelegt.

Im Januar legte Pro 7 die beiden Vampir-Serien erstmals hintereinander in sein Abendprogramm. Der Erfolg war so durchschlagend, dass das Double-Feature am 31. Oktober mit jeweils 22 neuen Episoden startet. Um 20 Uhr 15 trifft dann "Buffy" auf den Graf Dracula. Eine Stunde später bekommt auch "Angel" untoten Besuch aus seiner Vampir-Vergangenheit. Offenbar sind Vampire nicht nur der Legende nach kaum totzukriegen.

Frank Liebert

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