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Medien: Der Produzent, das unbekannte Wesen

Sie sind die Chefs am Set. Doch was tun sie genau? Annäherung an einen Berufsstand

Bernd Eichinger weiß, den Beruf des Produzenten zu inszenieren: seine Turnschuhe, die er unterm Anzug trägt, die schönen Frauen an seiner Seite. Genauso Regina Ziegler („Der Verleger“, „Fabian“) mit ihrem Rot-Tick: den roten Haaren, ihren roten Kleidern, dem roten Hut. Oder Nico Hofmann von teamWorx („Der Tunnel“, „Tanz mit dem Teufel“), der auch der „Gala“ schon mal ein Interview gibt. Die drei haben eine ähnliche Prominenz wie Schauspieler oder Regisseure erlangt – sind damit aber die Ausnahme. Produzenten sind die Schattenmänner der Filmbranche: die, die das Geld beschaffen. Was machen sie eigentlich genau?

Leipzig. Saxonia Media. Hans-Werner Honert ist hier der Chef. Anfang 50, Vollbart. Einer, der, nach seinem Beruf gefragt, Produzent sagen würde. Er macht gerne Scherze, erzählt zum Beispiel von der schönen, roten Couch, die in seinem Besetzungsbüro steht. Er habe schon immer mal überlegt, sagt er, für alle die, die mit dem Rücken auf der Couch liegen würden, folgenden Satz an die Decke malen zu lassen: „Es lohnt sich nicht.“ Nein, findet er, die Besetzungscouch ist nichts als ein Mythos.

Ein anderer Mythos: Dass Produzenten bloß Geldeintreiber sind. Honert selbst ist Autor und Regisseur. Nach der Wende gründete die Firma Saale-Film, mit der er 1991 den ersten „Tatort“ aus dem Osten drehte, die Kommissare Kain und Ehrlicher erfand, die noch heute mit guten Quoten ihre Morde aufklären. Heute produziert er unter anderem den MDR-„Tatort“, die Arzt-Serie „In aller Freundschaft“ und auch Zeichentrickserien für den Kinderkanal. Insgesamt über 2000 Sendeminuten im Jahr.

„Das Tolle am Beruf des Produzenten ist, dass man eine Art Geburtshelfer ist“, sagt er. Denn die Produzenten sind es, die alleine oder zusammen mit Sendern und Drehbuchautoren überlegen, welche Geschichten der Zuschauer später im Fernsehen oder Kino zu sehen bekommt. Außerdem bringt er Regisseure und Schauspieler zusammen, die die Idee schließlich mit Leben füllen. Hans-Werner Honert beschäftigt sich also mit dem Film von der ersten Idee bis zur Verwertung. Er hat gute Kontakte – und braucht sie auch. Ansonsten, findet auch Honert, stimmt das Klischee: Der Produzent bleibt im Hintergrund.

Mischa Hofmann von der Produktionsfirma Hofmann & Voges kann mit dem ganzen Trubel sowieso nicht viel anfangen. „Ich sitze lieber in Ruhe in meinem Büro und denke über Konzepte nach, lese Drehbücher. Auch der Wahnsinn am Drehort ist nicht so mein Fall“, sagt der Absolvent der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film, der seit 1995 mit seinem Studienkollegen Philip Voges die Firma betreibt. Sie haben sich auf Comedy („Erkan & Stefan“), TV-Movies und Serien spezialisiert.

Bevor eine neue Serie entsteht, sieht sich Mischa Hofmann mit Kollegen genau das Fernsehprogramm an. Wo sind die Quoten gering? Was für eine Serie könnte man anbieten? Dann überlegen sie sich, was den Zuschauer interessieren könnte, beauftragen Drehbuchautoren, die die Geschichte schreiben. Ein guter Produzent braucht ein Gespür dafür, was funktionieren kann, und was sich rechnet, denn bis er den Auftrag von einem Sender erhalten hat, liegt das Risiko bei ihm. Die Arbeit ist stets ein Balance-Akt zwischen marktwirtschaftlichen und künstlerischen Interessen.

Und oft ist der Ton ruppig. Schließlich müssen sich Produzenten mit allen auseinander setzen: Dem Finanzier, Drehbuchautor, Regisseur, Schauspieler, Cutter, und am Ende tragen sie die Verantwortung. Deshalb sagt auch Martin Hagemann, Co-Geschäftsführer und Produzent von zero film: „Ich nehme schon Einfluss auf den Film – als Freund und Berater. Manchmal auch als Gegner, wenn etwa der Regisseur und ich unterschiedlicher Meinung sind. Dennoch gibt es keine Entscheidung, die nicht gemeinsam gefällt wird. Ich lasse mich auch überzeugen.“ Hagemann ist Autodidakt. Eigentlich wollte er Lehrer werden, doch nach seinem Studium in Geschichte und Deutsch bat ihn ein Freund, der an der Filmhochschule studierte, für ihn seinen Abschlussfilm zu produzieren.

So kam er in die Branche, arbeitete zunächst als Herstellungsleiter. 1990 gründete er gemeinsam mit Thomas Kufus zero film. Die Berliner Firma entwickelt und produziert Spiel- und Dokumentarfilme, viele davon in internationalen Co-Produktionen. Derzeit läuft im Kino der Spielfilm „September“, der dieses Jahr auf den Filmfestspielen in Cannes Uraufführung hatte. 2001 produzierten sie mit dem Hessischen Rundfunk unter anderem den preisgekrönten Dokumentarfilm „Black Box BRD“. „Wir haben den Anspruch, Filme zu machen, die wir uns selbst gerne ansehen würden“, sagt Martin Hagemann. Zum Beispiel auch das „Schwarzwaldhaus 1902“; in der vierteiligen Doku-Reihe ging die Berliner Familie Boro auf Zeitreise. Die Kritiker waren zunächst skeptisch, dann doch begeistert, am Ende gab es den Grimme Preis.

In den vergangenen Jahren hat Martin Hagemann Einiges gelernt. Auch, was die größten Missverständnisse des Produzenten vom eigenen Beruf sind: „Das eigene Urteil zu wichtig zu nehmen. Das eigene Urteil nicht zu wichtig zu nehmen, und nie Geld in den eigenen Film zu stecken. Das geht meistens schief.“

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