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Teil der Propaganda. Ein Screenshot vom Donnerstag zeigt eine deutsche Internetseite von Twitter, auf der die israelischen Streitkräfte (IDF) ihren Angriff auf Gaza mitteilen.Foto: dpa

© dpa

Medien: Der Twitter-Krieg

Wie Israel und die Hamas um die öffentliche Meinung zu Gaza ringen.

Kaum waren am Mittwoch die ersten Bomben auf den Gazastreifen abgeworfen, starteten die israelischen Streitkräfte eine PR-Offinsive der etwas anderen Art. Die Armeesprecherin Avital Leibovitsch hatte zuvor den Start der Luftangriffe auf Stellungen militanter Palästinenser und damit auch die gezielte Tötung des Hamas-Militärchefs Ahmed al Dschaabari über den Internet-Kurznachrichtendienst Twitter angekündigt. Wenig später erreichte die Community – und damit die gesamte mediale Weltöffentlichkeit – ein weiterer Tweet, ein Foto des Getöteten samt Erklärung: „Ahmed Dschaabari: Eliminiert“. 28 Zeichen, kurz und knapp.

Der Krieg wird in der Realität und im Web 2.0 ausgetragen. Israel und die Hamas begleiten die Kämpfe im Gazastreifen mittlerweile mit einer bisher ungekannten Offensive im Internet, informieren mithilfe sozialer Netzwerke im Minutentakt über Raketenangriffe und Opferzahlen und ringen so um die öffentliche Meinung. Dass unabhängige Nachrichten-Ticker und Live-Blogs jeden, der möchte, mit den neuesten Meldungen aus der Krisenregion versorgen, ist nicht neu. Doch hier geschieht etwas anderes: So geschickt wie möglich wird das Internet als Informationskanal benutzt, nicht etwa um objektiv zu berichten, sondern um die eigenen Botschaften gezielt zu platzieren.

So habe sich Twitter seit der Auseinandersetzung vor vier Jahren zu einer „zusätzlichen Kriegszone“ entwickelt, sagte eine Sprecherin des israelischen Militärs. Lange hielt dabei die Hamas das Zepter der Meinungsführerschaft im World Wide Web fest in der Hand. Etwa beim israelischen Einmarsch in den Libanon 2006, bei dem Jerusalem zusehen musste, wie auf dem Fernsehsender Al Manar der Hisbollah eine wahre Bilderflut an verletzten libanesischen Zivilisten gezeigt wurde. Die Zahl der getöteten israelischen Soldaten wurde dabei vor aller Augen regelmäßig nach oben aktualisiert.

Oder wie bei der Gaza-Flotille im Jahr 2010, bei der israelische Soldaten ein Boot mit Aktivisten stürmten, die offensichtlich nur mit Messern und Stöcken bewaffnet waren. Im medialen Gedächtnis blieb hängen, dass Israel Menschenrechtsaktivisten tötete.

Nun haben die Isrealis in der Gaza-Offensive medientechnisch neues Terrain betreten, sie haben aufgerüstet an der umkämpften Medienfront. Eigene Kameramänner begleiten seither die Soldaten in den Konflikt, um ihre Sicht der Dinge sogleich auf allen möglichen verfügbaren Kanälen präsentieren zu können. Seit zwei Monaten unterhält die Armee zudem eine eigene Abteilung für interaktive Medien mit 30 Soldaten. Eine neue Einheit aus jungen, netzaffinen Leuten, die Community-Arbeit leisten und rund um die Uhr Twitter-Kanäle füttern, die posten und bloggen auf Facebood und Tumblr.

Nach dem Raketenangriff auf al Dschaabari folgte sodann auch gleich ein Youtube-Link zum passenden Video, der das Geschehen dokumentierte, mit der Erklärung: „Wir empfehlen Hamas-Mitgliedern, egal ob niedrig- oder hochrangige Chefs, ihren Kopf in den kommenden Tagen unten zu halten.“ Googles Videoplattform hatte den Clip am Donnerstag kurzfristig entfernt. Alles „Gewaltverherrlichende und Verletzende“ würde gegen die Richtlinien von Youtube verstoßen, sagte Google-Sprecherin Mounira Latrache. Zu diesem speziellen Fall wollte sie sich allerdings nicht äußern. Mittlerweile revidierte Google diese Entscheidung. Das Schwarz-Weiß-Video ist inzwischen wieder klickbar und wurde mehr als 1,4 Millionen Mal angesehen.

Die Hamas tut es den Israelis derweil gleich. Auf die Angriffe, mit denen Israel „das Tor zur Hölle“ geöffnet habe, wie es in einem ihrer Tweets heißt, reagierten die radikalen Palästinenserorganisationen mit demselben Medium. Sie veröffentlichten verstörende Bilder von mutmaßlichen Opfern der israelischen Angriffe und antworteten ähnlich martialisch: „Unsere gesegneten Hände werden eure Anführer und Soldaten erreichen, wo auch immer sie sein mögen“, hieß es von einem Profil unter dem Namen „AlQassam Brigade“, das als offizielle Twitter-Präsenz des militärischen Flügels der Hamas gilt.

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