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Medien: Der vierte Mann

Er ist der große Unbekannte:, den Sat 1 ins Kanzler-Kandidaten-Duell schickt: Peter Limbourg. Er ist Chefredakteur von N24. Angenehm unprätentiös, gelassen, uneitel. Wenn er nur ein bisschen mehr journalistische Leidenschaft hätte

Von Hardy Prothmann

Das Kanzler-Duell ist das große Experiment in diesem Wahlkampf. Es ist, wie die Senderchefs hoffen, Politik mit Länderspiel- Quote. RTL und Sat 1 lassen schon Wochen zuvor Werbetrailer laufen für den 25. August, für den Tag, an dem ihr Duell statt findet: Endlich können sie den Öffentlich-Rechtlichen die Informationskompetenz streitig machen. Natürlich schicken sie ihre stärksten Leute ins Rennen: RTL schickt Peter Kloeppel, den Grimme-Preisträger. Und Sat 1? Peter Limbourg, den Harald Schmidt „Peter Wer?“ nennt, denn wer hatte den n bis dahin schon mal gehört? Schmidt sprach aus, was alle dachten: Information ist vielleicht nicht gerade die Stärke von Sat 1. Aber sie haben doch die Nachrichtenfrau Astrid Frohloff und den Chefredakteur Jörg Howe, der schon in der Vergangenheit mit seinen Kohl-Interviews aufgefallen war. Warum war die Wahl auf diesen Namenlosen gefallen?

Da sitzt er, der Namenlose, in einem Studio, das so eng ist, dass man Platzangst bekommen könnte. Peter Limbourg ist eigentlich Chefredakteur des Nachrichtensenders N 24, der Anfang 2000 als bayerisches Gegenmodell zu n-tv gestartet wurde, dann aber im vergangenen Jahr nach Berlin in die Oberwallstraße umzog. Er macht Smalltalk zur Vorbereitung auf ein Interview, das er gleich mit Wolfgang Schäuble führen wird.

Fünf- vier-drei-zwei. Sein Lächeln weicht einem staatstragenden Gesichtsausdruck. Kamera 1 hat Peter Limbourg eingefangen – Anmoderation, erste Frage. Umschnitt Kamera 2 auf Wolfgang Schäuble, dann Kamera 3, Totale. Die zwei Kameraleute müssen sich mit dem Rücken an die Wand pressen, um ein paar Zentimeter Platz zu gewinnen. Limbourg stellt Fragen zum Kompetenzteam Stoibers, ob die Aufstellung Schäubles als „Außenminister“ nicht eine Mogelpackung sei. Die Atmosphäre ist freundlich, aber eine echte Spannung kommt nicht auf. Sechs Minuten später ist das Interview zu Ende – es ist eine Minute zu lang geraten. Peter Limbourg hastet in sein Büro. Drei Stunden Zeit hat er, um seine Moderationen für die Sendung „Berlin intern“ zu schreiben.

Das Büro ist auch nicht viel größer als das Studio. Zwei kleine Monitore, mit N 24 und n-tv bestückt. Außerdem: viel Papier, eine geordnete Unordnung, wenig Sinn für Pomp. Zum Fernsehduell, sagt Limbourg, werde er nicht als Chefredakteur geschickt, sondern als Leiter der gemeinsamen Parlamentsredaktion, die für Sat 1, N 24, Pro 7 und Kabel 1 die innenpolitischen Nachrichten macht. Limbourg sagt ein wenig trotzig: „Ich bin auch ein Sat-1-Gesicht.“ Immerhin war er von 1990 bis 1996 der Brüsseler-Korrespondent für diesen Sender, danach für Pro 7 und seit Ende 1999 eben für N 24. Nur: Ob der Zuschauer das weiß?

Wer also ist der 42-jährige Peter Limbourg? Äußerlich ein gelassener, hochgewachsener, freundlicher Typ. Nichts, was hervorsticht. Ungewöhnlich ist das schon – beim Fernsehen, wo Eitelkeiten die Menschen schnell verführen, mehr zu scheinen als sie sind. Er ist Diplomatensohn mit guten Kontakten zur CDU. In Paris, in Rom, in Athen und in Brüssel war Limbourg zuhause. Er spricht Französisch und Englisch. Sein Italienisch reiche für den Alltag. Er ist Rheinländer, hat in Bonn Jura studiert, ist Kirchgänger, katholisch. Verheiratet ist er, drei Kinder. Der Umgang mit neuen Umgebungen, Menschen, Kulturen prägt ihn, sagt er.

Viel Arbeit, harte Zeiten

Im Wahljahr, hofft Limbourg, werde der Nachrichtensender N 24, der nach einer Forsa-Umfrage rund drei Millionen Zuschauer täglich haben will, bekannter. Denn der flaue Werbemarkt hat alle Sender hart getroffen, besonders die Nachrichtensender, die während des Börsenbooms von Finanzdienstleistern, Neue- Markt-Firmen, von Energie- und Telekommunikationsfirmen gebucht wurden. Deswegen wurde der Sender neu ausgerichtet, einen Großteil seines Geldes verdient er als ausgelagerte Nachrichtenredaktion für die anderen Sender. Für die Redaktionen heißt das: viel Arbeit, wenig Mittel, harte Zeiten. Peter Limbourg sagt dazu: „Es sollte immer auf die Produktionsmittel geachtet werden.“ Was ein wenig uninspiriert klingt für einen Chefredakteur. Über Konzepte ist ihm nichts zu entlocken. So angenehm seine Unaufgeregtheit ist, ein bisschen Leidenschaft vermisst man dann doch.

Glaubt man den Verantwortlichen, ist die Fusion der 140 Sat-1-Nachrichtenleute mit den rund 70 N-24-Mitarbeitern zum gemeinsamen Nachrichtenpool N24 ohne größere Schwierigkeiten vonstatten gegangen. Limbourg sagt über die kolportierten Schwierigkeiten beim Zusammenwachsen: „In einem Haus mit verschiedenen Traditionen müssen Sie auf den Dialog achten.“ Nicht nur auf den. Denkt man an die schwierige Lage des Medienmarktes, noch verschärft durch den bevorstehenden Einstieg von RTL beim Konkurrenten n-tv, dann steht dem Sender ein noch härterer Wettbewerb bevor.

Vor kurzem hat N 24 wieder eine Programmoffensive angekündigt. Halbstündlich gibt es jetzt moderierte Nachrichten, die „Welt um zwölf“ und die „Welt um sechs“ ergänzen die Hauptnachrichtensendung „Welt um neun“. „Es gibt ein Bedürfnis nach Hauptnachrichtenzeiten“, sagt Peter Limbourg.

Börsen-Sendungen werden aber weiter in diesen Zeiten der Baisse zurückgefahren, Limbourg nennt es „konzentriert“. Immerhin erwirtschaftete der Sender mal gut 20 Prozent der Brutto-Werbeeinnahmen aus dem Finanzsektor. Dafür gibt es jetzt mehr allgemeine Nachrichten. Vor einem halben Jahr hatte N 24 schon einmal eine Nachrichteninitiative angekündigt: Mehr Wirtschaft, hieß da noch der Slogan. So schnell ändern sich die Strategien. Und selbst wenn man das aus dem Mund eines Nachrichtenmannes für absurd halten mag, sagt Peter Limbourg mit feinem Lächeln und sanfter Stimme: „Wir werden mehr Gewicht auf Nachrichten und Aktualität legen.“

Mal sehen, ob ihm das auch als Moderator des Duells gelingt. Ein Profi ist er zweifellos, nur, wer weiß das?

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