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Ausgezeichnet. Stefan Raab wurde zum „Besten Entertainer“ gewählt.

© dapd

Deutscher Fernsehpreis: Schlag den Raab

Der Entertainer Stefan Raab hat bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises gleich zwei Auszeichnungen bekommen. Abräumer des Abends war aber die ARD, samt Arte und Dritte.

Als eine der letzten Gäste schwebte Monika Piel im Kölner Coloneum ein. Hier, wo sich Sonntagabend die Fernsehbranche im Gold der Herbstsonne feierte und etliche TV-Damen schrill-bunt und/oder sommerlich-nackt über den roten Teppich stolzierten, setzte die amtierende ARD-Chefin mit begräbnistauglichem Schwarz von der Sonnenbrille bis zur Anzughose den Kontrapunkt zum eigentlich gar nicht traurigen Anlass: Elf von 17 Deutschen Fernsehpreisen gingen an Piels gebührenfinanzierten Senderverbund. Die ARD, samt Arte und Dritte, war der Abräumer des Abends – und die Verleihung sicher willkommenes Serotonin im derzeit öffentlich-rechtlichen Affärendesaster.

Piels ARD brachte unter anderen mit Nina Kunzendorf (für das Polizistinnendrama „In aller Stille“) die „Beste Schauspielerin“ hervor, den „Besten Nachwuchsstar“ (Jonas Nay) im „Besten Fernsehfilm“ (Mobbing-Drama „Homevideo“) und den „Besten Schauspieler“ (Jörg Hartmann) in der „Besten Serie“ („Weißensee“). Mit Ranga Yogeshwar und Denis Scheck war man in der ARD angeblich am besten über Kernschmelze und Bücher informiert. In der Kategorie „Beste Unterhaltung“ war, Stefan Raab und Lenas „Eurovision Song Contest“ sei Dank, das Erste wie im Jahr zuvor Erster. Joachim Fuchsberger, ARD-Mann der ersten Stunde, wurde Ehrenpreisträger.

Dumm nur, dass RTL die ARD-Sause ausrichtete. Die Privatfunker vom Rhein schienen bislang die Kompetenz allein für sich gepachtet zu haben. Doch an diesem Abend machten sie zwei unverzeihliche Kardinalfehler: Sie stellten erstens mit Marco Schreyl und Nazan Eckes zwei farb- und geistlose Teleprompter-Ableser als Gastgeber auf die Bühne. Vielleicht nur eine Notlösung. Das gewitztere Duo, Sonja Zietlow und Dirk Bach, saß im Publikum und wartete vergeblich darauf, den Preis für die „Beste Show des Jahres“, die das australische Dschungelcamp tatsächlich war, entgegenzunehmen.

Zweitens versuchten die Privatfunker der Veranstaltung, die eigentlich das Programm aller Fernsehsender feiern soll, mit peinlicher Penetranz den RTL-Stempel aufzudrücken. Frauke Ludowig, seit Jahr und Tag die RTL-Fachfrau für Klatsch und Tratsch, wurde unbegreiflicherweise zur Fachfrau für Qualitätsfernsehen nobilitiert, was sie nicht ist und niemals sein wird. Sie durfte Jury-Entscheidungen in einer Bluebox kommentieren. Ludowigs Urteilsvermögen zum Beispiel über die ARD-Trilogie „Dreileben“, für die die Regisseure Dominik Graf, Christian Petzold und Christoph Hochhäusler mit dem Preis „Besondere Leistung Fiktion“ geehrt wurden, erschöpfte sich in der Feststellung: „Das war schon sehr durchdacht und sehr künstlerisch.“

Sehr durchdacht, das war auch Günther Jauchs Einsatz in dieser Box. Nicht weil er besser Durchdachtes von sich gab als Ludowig. Mit dem RTL-Unterhalter, der an diesem Abend trotz Nominierung als „Bester Entertainer“ nicht leibhaftig in Köln sein konnte (den Preis kriegte Stefan Raab), weil er neuerdings im Ersten Sonntagsschicht als Journalist schieben muss, wollte RTL wohl an die ARD adressieren: Hallo, Jauch ist zur Hälfte noch unser Star, ihr kriegt ihn hier nicht ganz raus.

Keine erkennbaren Gedanken hatte man sich dagegen über die neue Art der Preiskategorisierung gemacht. Waren im Vorjahr noch Kreative auf die Barrikaden gegangen, weil unter anderem Nebendarsteller und Kameraleute nicht mehr explizit bepreist werden, herrschte diesmal Harmonie. Dabei hatte die im Dezember gegründete Deutsche Akademie für Fernsehen kurz zuvor angekündigt, von 2013 an einen eigenen Fernsehpreis zu verleihen. Ihrem Sprecher zufolge, dem Schauspieler Michael Brandner, soll er „einen größeren Anspruch als das hier“ haben; „das Volumen eines Emmys“ schwebe ihnen vor, sagte er dem Tagesspiegel. Dann ging Brandner feiern. In Frieden, mit Freude und Austern. Senta Krasser

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