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Medien: „Deutschland ist für uns ein Schlüsselmarkt“ CNN-Chef über Vertrauensverlust und Neuausrichtung

Deutschland beschäftigt zurzeit die geplante Bundestagswahl. Wie wichtig ist CNN International das Thema?

Deutschland beschäftigt zurzeit die geplante Bundestagswahl. Wie wichtig ist CNN International das Thema?

Sehr wichtig, wie schon 2002. Damals hatten wir Teams in Berlin und Frankfurt, aus London hat Europakorrespondent Robin Oakley berichtet und in Atlanta Jonathan Mann für unsere Sendung „Inside“. Deutschland war immer ein Schlüsselmarkt für CNN, rund ein Viertel der Zuschauer von CNN International in Europa ist deutsch.

Nach einer USUntersuchung fiel die Anzahl der Zuschauer, die CNN für vertrauenswürdig halten, in den letzten sechs Jahren von 42 auf 32 Prozent. Was tun Sie dagegen?

Umfragen zeigen auch, dass unsere Kapazität, „Breaking News“ zu produzieren, unerreicht ist. Genauso wie unsere wirklich internationale Perspektive.

Hat CNN durch seine Berichterstattung über den Irak-Krieg Vertrauen verloren – besonders am Anfang, als praktisch jede Kritik an den USA verstummt war?

Wir haben damals von beiden Seiten Kritik eingesteckt: von den Alliierten und den Irakern. Das sagt uns, dass wir richtig lagen. Ich verstehe bis heute nicht, warum wir damals aus dem Land geworfen worden sind, obwohl wir seit mehr als zehn Jahren ein Büro in Bagdad hatten.

Die Berichterstattung über den Irak- Krieg war in den USA und den europäischen Medien sehr unterschiedlich. Darf ein Nachrichtensender patriotisch sein?

Ich würde sagen, die Ereignisse haben geholfen, unsere redaktionelle Integrität zu schärfen. Wir müssen unsere Berichterstattung abwägen, um sicherzustellen, dass wir alle Seiten einer Geschichte wiedergeben. Für CNN International kann es nicht darum gehen, eine westliche Sichtweise zu verbreiten. Unter unseren Zuschauern sind alle Glaubensgemeinschaften vertreten.

Hat die Erfindung des 24-Stunden-Nachrichtensenders die Art geändert, wie Politik betrieben wird?

Sie hat die Aufmerksamkeit der Politiker und der Leute, die von Politikern regiert werden, für ihre Worte und ihre Taten erhöht.

Viele haben CNN kopiert. Was macht die Mutter aller Nachrichtensender immer noch am besten?

CNN kann für sich in Anspruch nehmen, den Ausdruck „Breaking News“ geprägt zu haben. Aber es gehört zu unseren Prinzipien, dass wir nie etwas melden, bevor wir sicher wissen, dass es wahr ist. Zuverlässigkeit kommt vor Geschwindigkeit.

Was ist der persönliche Höhepunkt Ihrer CNN-Jahre?

Dass CNN immer internationaler geworden ist.

... und was der Tiefpunkt?

Eine der dunkelsten Seite meines Berufs ist, wenn unsere Angestellten um ihr Leben fürchten – oder es sogar verlieren als Reporter in Krisengebiet. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass an einem bestimmten Punkt der von den USA angeführten Invasion Afghanistans mehr Journalisten umkamen als kämpfende Truppen. Einige wurden wegen des Bargeldes umgebracht, das sie bei sich hatten, andere starben in Feuergefechten. Wenig später gab es die grauenvolle Ermordung des „Wall Street Journal“-Reporters Daniel Pearl.

Denken Sie an manchen Tagen, dass es nicht genügend Nachrichten für einen 24-Stunden-Kanal gibt?

Nie. CNN mit der ganzen Welt als Quelle ist nie wirklich ohne gute Story.

Das Gespräch führte Matthias B. Krause.

Chris Cramer

ist Präsident von

CNN International mit Sitz in Atlanta. Bevor Cramer im April 1996 zu CNN wechselte, arbeitete er 25 Jahre für die BBC.

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