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"Die Filmkiller": Du sollst nicht stehlen

"Die Filmkiller" heißt eine neue Initiative der Ufa. Kinder sollen dabei lernen, dass Raubkopien der Filmindustrie schaden. Die Kampagne ist allerdings nicht nur aus pädagogischer Sicht fragwürdig.

Bei der Oscar-Verleihung 2013 brachte es Moderator Seth McFarlane auf den Punkt: „Hollywood hat 2012 alle Kino-Rekorde gebrochen mit 10,8 Milliarden Dollar Einnahmen allein in den USA. Die Buchhalter der Studios mussten noch nie so hart arbeiten, um zu beweisen, dass niemand Profite macht.“ Hollywoods Schauspiel-Prominenz lachte herzlich – die amerikanische Filmindustrie ist bekannt für ständiges Wehklagen über ausbleibende Gewinne.

Nicht nur der US-Markt boomt, in Deutschland war 2012 an den Kinokassen ebenfalls ein Rekordjahr: über eine Milliarde Euro gaben die Kinofans für Besuche aus, ein Plus von knapp acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch auch hierzulande arbeiten die Filmstudios an der Legende, es ginge ihnen schlecht. Und einen Schuldigen gibt es auch: Raubkopierer. Vor wenigen Wochen beklagte sich Oscar-Produzent Stefan Arndt („Liebe“) in einem „Zeit“-Dossier darüber, dass russische Raubkopierer dafür gesorgt hätten, dass sein Film „Cloud Atlas“ nur mäßigen Erfolg in den Kinos hatte. Jetzt hat die Ufa-Fernsehproduktion zusammen mit der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten eine Kampagne gestartet, die suggeriert, die Filmbranche stünde wegen illegaler Downloads kurz vor dem finanziellen Ruin. „Die Filmkiller“ heißt die Initiative und richtet sich nach Aussage der Ufa an acht- bis dreizehnjährige Kinder – es ist ein pädagogisch fragwürdiges Projekt.

Der Kurzfilm, den man unter www.die-filmkiller.de ansehen kann, spielt am Set eines Actionfilms. Bereits während des Drehs wird der Film von Raubkopierern gestohlen, die fiktive Anzahl der Kopien wird in einer Ecke des Films dargestellt – und steigt stetig. Je höher die Zahl wird, desto mehr bricht die Produktion zusammen. Am Ende wartet ein armer Theaterschauspieler allein auf einen Bus, vergeblich. Und der Held des Films, Kai Schumann, muss Würstchen verkaufen gehen. Unter 100 000 Euro soll der Film gekostet haben, alle Beteiligten hätten für geringere Gagen als üblich gearbeitet, heißt es von der Ufa.

Ufa-Sprecher Kristian Müller sagt, das Anliegen sei, „Kinder und Jugendliche über die Problematik von Urheberrechtsverletzungen aufzuklären.“ In einer Mitteilung heißt es, man wolle „den Zusammenhang zwischen Filesharing im Internet (...) und den Filmen und Filmemachern andererseits darstellen.“ Mit Zusammenhang meinen die Macher: je mehr kopiert wird, desto schlechter werden Filme. Das Problem ist: für diese Behauptung gibt es bislang keine stichhaltigen Beweise. Zugegeben, auch für die immer wieder von Filesharern vorgetragene Behauptung, ihr Tun wirke sich – ähnlich wie Mundpropaganda – positiv auf Umsätze aus, ist die Beweislage sehr dünn. In verschiedenen Studien wurden bisher beide Effekte nachgewiesen. Manche Studien stellten überhaupt keinen Einfluss von Raubkopien auf den Filmabsatz fest.

Eine der jüngsten Untersuchungen aus den USA kommt zu dem Ergebnis, dass Downloads auf den Heimatmarkt eines Filmes keinerlei Effekt haben. Nur wenn ein Film in Europa deutlich später in die Kinos kommt als in den USA, sei ein leicht negativer Effekt beim DVD-Verkauf feststellbar. Das Kernproblem aller Studien ist, dass sie bestenfalls indirekt Aussagen über mögliche Effekte machen können. Niemand weiß, ob sich ein Nutzer den illegal kopierten Film ansonsten auf einer Kauf-DVD oder im Kino angesehen hätte. Die Ufa ist sich des methodologischen Problems laut Müller bewusst. Es gehe ums Prinzip: „Die Entwicklung und Produktion von kreativen Inhalten ist bedroht, wenn Inhalte umfassend und kostenlos im Internet zur Verfügung gestellt werden.“ Das mag stimmen, von der umfassenden Kostenlosigkeit für kreative Inhalte ist Deutschland allerdings weit entfernt.

Laut den Zahlen des Bundesverbands Audiovisuelle Medien ist der einzige Markt, der konstant Umsätze verliert, der Videothekenmarkt. Raubkopien sind dafür ein möglicher Grund, es könnte aber ebenso daran liegen, dass es mit Video-on-Demand-Portalen wie Lovefilm oder iTunes inzwischen kommerzielle Angebote im Netz gibt, welche die klassische Videothek langsam aber sicher vom Markt verdrängen. Die Argumentation der Ufa ignoriert sowohl die Marktentwicklung als auch die Wissenschaft, aber wenigstens ist sie ehrlich: „Den Anspruch, eine differenzierte Debatte um das Thema Filesharing zu führen, haben wir nicht. Natürlich vertreten wir unser Brancheninteresse – und treten ja auch sehr deutlich und offen als Absender des Filmes auf“, sagt Müller. Am wichtigsten sei außerdem, dass der Film den Jugendlichen gefalle. Verbreiten soll sich das Werk nämlich im Internet, geteilt von der Zielgruppe. Bislang ist der Erfolg eher mäßig. Knapp über 1000 Klicks bekam der Film bisher auf Youtube.

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