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Medien: Die „FR“ ist immun

Wird das Markenzeichen der „Frankfurter Rundschau“, der grüne Balken über dem Zeitungskopf, demnächst rot gefärbt? Solche Vorhersagen sind grundlos.

Wird das Markenzeichen der „Frankfurter Rundschau“, der grüne Balken über dem Zeitungskopf, demnächst rot gefärbt? Solche Vorhersagen sind grundlos. Selbst wenn die SPD über ihre Druck- und Verlagsgesellschaft die unternehmerische Mehrheit an der ökonomisch geschwächten Zeitung übernimmt, wird sich kein einziges Mitglied der Redaktion davon beeindrucken oder leiten lassen. Denn die „FR“ ist – wie andere Zeitungen mit eigenwilligen und stolzen Redaktionen auch – nicht beliebig biegbar.

„Unabhängig“ steht nicht nur formal unter dem Kopf. Die Redaktion ist von niemandem abhängig und würde sich auch nicht in eine Abhängigkeit hineinziehen lassen. Die „FR“ erlaubt sich traditionell eine eigene, oft originelle, meistens oppositionelle, manchmal radikale Meinung. Sie beobachtet besonders wachsam die rechte Seite, ebenso aufmerksam aber auch Vorgänge im ihr politisch nahe stehenden linken Spektrum. Doch im eigenen Lager herrschen eigene Regeln: Kennzeichnend ist, dass die „FR“ von niemandem so häufig beschimpft wird wie von Sozialdemokraten.

Als ich Korrespondent der „FR“ in Bonn und Berlin war, habe ich viele Male erlebt, wie mir von SPD-Politikern vorgehalten wurde: „Wie kannst du denn das nur schreiben!“ oder „Das hätte ich gerade von euch nicht gedacht“, während zum Beispiel die CSU viel kritischere Kommentare schluckte und respektierte. Gerhard Schröder liest die „FR“ seit langem nicht mehr, weil er sich jahrelang als niedersächsischer Ministerpräsident über den früheren Korrespondenten in Hannover, Eckart Spoo, ärgern musste. Peter Struck hat vor Jahren aus Wut über die ihm missfallende, seiner Ansicht nach zu grün gefärbte SPD-Berichterstattung die „FR“ abbestellt.

Auch in Zukunft wird die „FR“-Redaktion mit schroffer Kritik von jenen, deren Regierung sie sich doch eigentlich gewünscht hat, leben müssen. Ebenso wenig wie die Kommentatoren der „WAZ“, der „Neuen Westfälischen“, der „Hannoverschen Allgemeinen“ oder der „Sächsischen Zeitung“, an denen die SPD-Medienholding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) Anteile hält, werden „FR“-Autoren sich etwas einflüstern oder gar vorschreiben, sich beeinflussen oder gängeln lassen. Sie sind immun. Auch als die CDU-geführte hessische Landesregierung eine Bürgschaft für den Rundschau-Verlag stellte, schwenkte die Redaktion nicht auf Roland- Koch-Lobhudelei um. Das wird so bleiben. SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier hat vielleicht bald im Verlag mitzureden, in der Redaktion aber hat sie nichts zu sagen.

Der Autor war 15 Jahre lang Parlamentskorrespondent der „FR“, danach Senatssprecher in Berlin, jetzt ist er Unternehmenssprecher bei Veolia Water.

Helmut Lölhöffel

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