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© NDR Presse und Information

Die Freundin der Tochter: Betrug in jeder Beziehung

Zwei Filme, zweimal dieselbe Geschichte: Die betrogene Ehefrau freundet sich mit der Geliebten ihres Mannes an, um ihn zurückzuerobern. Der eine heißt "Mein Mann, seine Geliebte und ich" und lief am Montagabend beim ZDF, der andere, "Die Freundin der Tochter", ist heute Abend bei der ARD zu sehen.

Zwei Filme, zweimal dieselbe Geschichte: Die betrogene Ehefrau freundet sich mit der Geliebten ihres Mannes an, um ihn zurückzuerobern. Der eine heißt „Mein Mann, seine Geliebte und ich“ und lief am Montagabend beim ZDF, der andere, „Die Freundin der Tochter“, ist heute Abend bei der ARD zu sehen. Beide Geschichten spielen im deutschen Wohlstandsmilieu, er arbeitet viel, sie ist Hausfrau und trägt ihm die Thermoskanne hinterher. Es gibt eine Tochter, die gerade flügge wird, eine Midlife-Crisis und dramatische Szenen im Regen.

Einmal sind es Harald Krassnitzer und Mariele Millowitsch, das andere Mal Edgar Selge und Katrin Sass. Das eine Drehbuch stammt von Grimme-Preisträgerin Laila Stieler, das andere von Doris Heinze, der renommierten NDR-Fernsehspielchefin, die gerade von ihrem Sender fristlos entlassen wurde. Der Grund: Sie hatte unter anderem dieses Buch unter dem falschen Namen „Marie Funder“ über die Produktionsfirma Oberon Media Service Film für schätzungsweise 25 000 Euro an den NDR verkauft. Außerdem liefen über diese Firma auch Drehbuchgeschäfte von Heinzes Ehemann Claus Strobel, der unter dem Decknamen Niklas Becker firmierte.

Wahrscheinlich verbirgt sich hinter der angeblich an der Ostküste der USA lebenden Autorin Marie Funder, deren Statement nun aus dem Presseheft gestrichen wurde, außerdem die Filmagentin Inga Pudenz, eine Freundin von Doris Heinze. Bis zur Produktionsreife betreut wurde das Script von Heike Richter-Karst, einer weiteren Münchner Filmproduzentin und dritter Freundin im Bunde.

So viel zur Entstehung des Drehbuchs von „Die Freundin der Tochter“. Dass dieser Film in vielem der Geschichte von „Mein Mann, seine Geliebte und ich“ ähnelt, ist reiner Zufall. (So originell ist der Plot nun auch wieder nicht.) Aber es passt zum Thema Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und auf kuriose Weise auch zu der Entdeckung, dass Doris Heinze ein Drehbuch („Dienstage mit Antoine“) nicht nur an den NDR sondern auch leicht verändert („Dienstage mit Marie“) an die ZDF-Firma Network Movie verkauft haben soll.

Sehenswert ist der Film heute Abend – im Gegensatz zu „Mein Mann, seine Geliebte und ich“ – aber auf jeden Fall. Edgar Selge als etwas verschusselter, sehnsuchtsvoller Wissenschaftler und Katrin Sass mit ihrer ruhigen, kraftvollen Art geben dem Film, der auf elegante Weise zwischen Drama und Komödie changiert, eine beachtliche Tiefe. Regisseur und Autor Josh Broecker, der bisher eher für die leichten Stoffe („Hunde haben kurze Beine“, „Der Typ, 13 Kinder und ich“) zuständig war, hat das Script, wie er sagt, an die Schauspieler angepasst und einige Szenen ergänzt, um die Vorgabe zu schärfen. Viele Details – die Gürkchen auf seiner täglichen Stulle etwa – und eine genaue Ausarbeitung der Nebenfiguren wie die der Tochter (etwas überdreht: Susanne Bormann) machen aus der Geschichte eines Ehebruchs ein vielschichtiges Psychogramm einer in die Jahre gekommenen Beziehung.

Die Kamera (Eckhard Jansen) inszeniert den Alltag, die Traurigkeit, aber auch die Komik in stillen, geordneten Bildern. Die Musik untermalt das Ganze mal ironisch, mal dramatisch mit Klavier und Streichern. Unter anderem ihretwegen ist Komponist Ulrich Reuter für den diesjährigen Deutschen Fernsehpreis nominiert, der am Samstag vergeben wird. Ein gelungenes Gemeinschaftswerk also, dem man auch verzeiht, dass der Cellolehrer der betrogenen Hannah allzu Bedeutsames sagen und die Tochter den Ausdruck „Schnecken-Checker“ statt „Frauenheld“ benutzen muss.

„Die Freundin der Tochter“, 20 Uhr 15, ARD

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