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Medien: Die Götz-George-Festwoche

„Schimmi“, „Der Totmacher“ und „Schtonk“ und mehr: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen feiert den 65-Jährigen

65 Jahre. Beamtengeburtstag. Darüber freut sich nur, wer mit großem Seufzer endlich in Pension gehen darf. Unser Star Götz George wird, wie wir ihn kennen, sich keineswegs freuen. Und auch garantiert nicht den Ruhestand anpeilen. „Ich lasse das nicht an mich ran. Das Alter ist für mich unwichtig. Ich bin Fatalist“, vertraute er vor ein paar Monaten einer Interviewerin an. Da hatte er gerade einen altzheimerkranken Mann gespielt in „Mein Vater“, hatte die rapiden Wechsel von Aggressivität und kindlichem Glück, von Angst und selbstversunkener Seligkeit zu einer anrührenden, intensiven Studie über die wohl unheimlichste Form des Alterns verwandelt. Diesen zarten, beklemmenden Film präsentieren die George-Sommer-Festspiele zum Jubelgeburtstag, die die Fernseh-Woche prägen, allerdings nicht.

Götz George als alter Mann? Eigentlich unvorstellbar. Noch immer wirkt er durchtrainiert und kraftstrotzend, ein Mannsbild wie wenige seiner Kollegen. Noch immer reißt er seine wasserhellen Augen auf, voller zupackender Energie und naivem Staunen. Noch immer agiert er mit Wucht aus dem Körper heraus wie einst als Schimanski, dessen ruppiges Rollenbild an ihm klebt wie eintätowiert. 1991 hatte der ja eigentlich Abschied genommen vom Duisburger Polizeidienst (WDR, 23. 7., 20 Uhr 15), musste aber 1997 wieder aus dem vorgezogenen Ruhestand auftauchen, weil des Publikum sich nicht trennen wollte. „Schimmi“ aber stand dem mittlerweile auch schauspielerisch gereiften George doch so gar nicht mehr zu Gesicht, ihm, der als Mörder Haarmann in „Der Totmacher“ von Romuald Karmakar von 1995 (ARD, 24. 7., 23 Uhr 45) beeindruckend gezeigt hat, wie er allein mit Gesicht und Händen einer Figur Tiefenschärfe geben kann.

In den Dritten Programmen der ARD triumphiert der Komödiant George, der auf alle Macho-Kraftmeierei verzichten kann. In „Das Trio“ (Bayern, 22. 7., 23 Uhr 30) muss er gar neben Christian Redl einen Homosexuellen spielen, was in der Presse heftige Spekulationen auslöste, die George ebenso heftig dementierte. Immer wieder passiert ihm diese fatale Verwechslung von privater Person und Rolle. Er, der sich selbst als scheu und verschlossen bezeichnet, versteckt sich so gekonnt vor der Öffentlichkeit, provoziert sie gar mit rüden Auftritten und Ausfälligkeiten, dass er ein Image von Eitelkeit, Arroganz und Unzugänglichkeit verbreitet. Um dahinter seine mimosenhafte Verletzbarkeit zu verbergen? Freiwillig oder nicht macht er sich so selbst zum Geheimnis – und damit zum Star. Wen man nicht kennt, den umflattern Gerüchte, an dem wächst die Rollenmaske fest.

MDR und RBB Brandenburg senden zeitgleich (24. 7., 23 Uhr 05) die bezaubernde Gaunerkomödie „Liebe. Macht. Blind“ von Thorsten Näther, in der Götz George einen windigen Betrüger spielt, der sich in eine ebenso windige Betrügerin verliebt (Barbara Auer), zwischendrin todkrank und fast debil all seine Power preisgeben muss. Ein hübsch verwegenes, leichtgewichtiges Märchenspiel mit haufenweise Unwahrscheinlichkeiten und einem federleicht agierenden George voller Selbstironie. Mit einer ebensolchen Harmlosigkeit wartet auch das ZDF auf: „Schulz & Schulz“ läuft am Geburtstag selbst (23. 7. um 23 Uhr 25).

Ein wie begnadeter Komödiant dieser von seinem früh verstorbenen Übervater Heinrich George stets bedrängte und doch enorm erfolgreiche Schauspieler sein kann, kam erst spät zum Vorschein: in „Schtonk“ von Helmut Dietl (WDR 23. 7., 22 Uhr 45). Mit derart fiesem Grinsen, derart eleganter Gemeinheit kannten wir ihn bis dahin nicht. Ein beglückendes Wiedersehen.

Ein wenig halbherzig wirken diese George-Festspiele, die schon am Samstag begannen, dennoch. Weitgehend abgeschoben in die Dritten oder in die Nacht, entwerfen sie kein vollständiges Bild jenes Schauspielers, dessen große Kunst darin besteht, die Brüchigkeit seiner Person in die seiner Rollen zu überführen. Eins nur wird klar: alt ist Götz George tatsächlich noch nicht. Auf sein Alterswerk werden wir noch ein Weilchen warten müssen.

Mechthild Zschau

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