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Medien: Die Männer mit den Masken

Das Arte-„Requiem für die goldenen Scheiben“ beschreibt die Krise der Musikindustrie

„Warum soll ich eine CD kaufen, wenn ich Internet habe?“ sagt der Musikpirat. Dass sich die Plattenindustrie in der schwersten Krise der letzten 30 Jahre befinde, habe doch nichts damit zu tun, dass er sich seine paar Songs umsonst aus dem Netz sauge, antwortet er auf die Fragen des Arte-Teams. Was er noch so denkt, sieht man allerdings nicht. Das verhindert die weiße Maske, die er vor der Kamera trägt, um nicht erkannt zu werden in diesem „Requiem für die goldenen Scheiben“, wie die Dokumentation heißt, die Arte am Freitag in einer Erstausstrahlung zeigt.

Die Dokumentarfilmer Stéphanie Joannès und Eric Ouzounian holen weit aus. Bevor sie nach einer halben Stunde Sendezeit (Gesamtlänge der Dokumentation: 74 Minuten) bei den Internet- Tauschbörsen Napster, Kazaa, eMule und Co. ankommen, wird der Zuschauer erst einmal zurückgeführt in die 50er Jahre. Damals, so erfährt man von Sängerin Juliette Gréco, war Musik noch ein Handwerk, kein Geschäft. Auch in den folgenden Jahren ging es nicht ums große Geld, selbst die Produzenten waren in erster Linie Künstler, die aus Liebe zur Musik arbeiteten. Bis dann in den 80er Jahren die CDs die Vinyl-Scheiben langsam verdrängten und die Geldgier der Plattenfirmen Oberhand gewann. „Die Preise für die Tonträger haben sich aus dem Stand verdoppelt, bei den Künstlern ist davon nichts angekommen, das haben die Major Labels für sich beansprucht“, lautet die Kritik. Die Folge: Die Großen wurden größer, viele kleine Firmen gingen ein, sowohl bei den Plattenfirmen als auch den Plattenläden. Den Majors war’s egal, die neuen Vertriebswege über die großen Handelsketten maximierten vorerst ihre Gewinne – bis der Student Shawn Fanning mit der Internet-Tauschbörse Napster und den Folgeangeboten die bisherigen Geschäftsmodelle über den Haufen warf. „Die Majors haben den Schlag nicht gesehen, die waren viel zu sehr damit beschäftigt, wer wen kauft“, kommt ein Kritiker zu Wort.

Anfangs stellt sich zwar die Frage, ob die Autoren nicht die kürzere Form hätten wählen sollen. Doch der historische Rückblick und die Interviews mit Künstlern, Produzenten, Musikjournalisten zahlen sich spätestens jetzt aus, wenn man erkennt, warum sich die Gewichte im Plattengeschäft verschoben haben und es immer noch tun. Denn inzwischen werden die Preise längst nicht mehr allein von den „Majors“ diktiert. Findige Computerfirmen wie Apple oder Roxio bestimmen inzwischen mit ihren Musikshops im Internet, was Musik wert ist – und wer davon welchen Anteil erhält.

„Requiem für die goldenen Scheiben“: Arte, Freitag, 22 Uhr 15. Im Rahmen des Themenabends „Patient Pop – Musikindustrie in der Krise“.

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