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Der Fernsehbeitrag "Die Bank gewinnt immer" stiftet Verwirrung.

© YouTube

Bei Youtube verschwunden: Wieso ein Wiso-Video gelöscht wurde

Ein Rechtsstreit zwischen dem ZDF-Magazin Wiso und der Sparkasse Bremen führt dazu, dass ein Video auf Youtube gelöscht wird. Im Internet hagelt es Protest und Zensurvorwürfe.

Ein Rechtsstreit zwischen dem ZDF und der Sparkasse Bremen ist Hintergrund einer Protestwelle, die sich im Internet ausgebreitet hat. Dass die Bank eine einstweilige Verfügung gegen Aussagen in einem bankenkritischen Film-Beitrag des Verbrauchermagazins Wiso erwirkt hat, führte Mitte der Woche dazu, dass ein Youtube-Video gelöscht wurde und es Zensur-Vorwürfe hagelte.

Ursprünglich geht es darum, dass das ZDF etwa drei Minuten aus dem 42-minütigen Film "Die Bank gewinnt immer!" nicht mehr zeigen darf. Wegen "Aussagen, die sachlich falsch waren", heißt es von der Sparkasse Bremen. In diesen drei Minuten wird der Fall eines Rentners geschildert, der angeblich auf Anraten der Sparkasse sein gespartes Geld bis nach seinem 100. Geburtstag  fest angelegt hat - und faktisch nichts mehr damit anfangen kann, so der Vorwurf von Verbraucherschützern.

Gegen die Darstellung erwirkte die Sparkasse eine einstweilige Verfügung - das ZDF nahm daraufhin das Video erst aus seiner Mediathek und stellte später eine um die umstrittenen Stellen gekürzte Version wieder hinein.

Der Aufruhr entzündet sich jedoch nicht daran, sondern an einem Video auf Youtube, das der private Nutzer infopointaudimax hochgeladen hatte. Es zeigte den kompletten und ungekürzten Wiso-Beitrag und wurde wegen des Rechtsstreits auf Antrag der Bremer Sparkasse von Youtube gelöscht. Das allein wäre vielleicht gar nicht aufgefallen, nur hatte Youtube den blinden Fleck auf der Seite mit dem Kommentar versehen: "Dieser Content ist in deinem Land nicht verfügbar, da er aufgrund einer Regierungsanfrage entfernt wurde."

Das roch gefährlich nach politischer Zensur, fanden viele Internetnutzer. Sie machen ihrem Ärger Luft - bei Twitter, in Blogs und in anderen sozialen Netzwerken. Auch die Piratenpartei fordert eine Stellungnahme. Darf die Regierung Inhalte auf Youtube sperren lassen?, fragen sich viele. Einige Zeit später aber wird klar, dass es sich um ein Missverständnis handelt und die Bundesregierung an der Löschung nicht beteiligt ist. Schuld daran ist die unglückliche Formulierung "aufgrund einer Regierungsanfrage". Regierungssprecher Steffen Seibert reagiert auf Twitter und weist jegliche Beteiligung zurück: "Die Bundesregierung zensiert nicht und hat nichts gesperrt."

Auch die Wiso-Redaktion meldet sich zu Wort und distanziert sich von jeglicher Beteiligung an der Löschung. Das Video auf Youtube sei ohnehin nicht von ihnen hinaufgeladen worden, sondern der Beitrag finde sich nur in der ZDF-Mediathek, schreibt das Team in seinem Blog. Allerdings, so räumt die Redaktion dann ein, sei der ursprünglich mehr als 43 Minuten lange Beitrag in der Mediathek nur gekürzt verfügbar, "da wir uns in einem laufenden Rechtstreit mit der Sparkasse Bremen befinden."

Damit wird klar: die Bank steckt hinter der Löschung des Youtube-Videos. "Der Antrag, das Video zu löschen, kam von uns", bestätigt Nils Andresen von der Sparkasse Bremen auf Anfrage von Tagesspiegel.de. Die Anwälte der Bank hätten bei Youtube nachgehakt und dort die Löschung des Beitrags erwirkt, um die einstweilige Verfügung durchzusetzen.

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Im Nachhinein scheint der Sparkasse die Aktion ein wenig unangenehm zu sein. "Hätte man das Video stehen gelassen, hätte es wohl nicht diesen Sturm der Entrüstung gegeben", räumt der Sparkassen-Sprecher ein. Durch die Löschung sei nun der Zensurvorwurf im Netz aufgekommen. "Wir respektieren kritische Berichterstattung und wollen nicht zensieren. Es ging uns nur darum, die gerichtliche Entscheidung durchzusetzen."

Mittlerweile sind die umstrittenen drei Minuten aus dem Wiso-Beitrag auch schon wieder bei Youtube aufgetaucht. Sparkassen-Sprecher Andresen sagt, man werde aber von weiteren Anträgen zur Löschung absehen.

Warum bei Youtube auf Antrag der Sparkasse gleich das ganze Video gelöscht wurde, erklärt Google-Deutschland-Sprecher Stefan Keuchel so: "Wenn ein Gericht entschieden hat, dass ein Video oder Teile eines Videos unzulässig sind, entfernt die YouTube, LLC dieses Video in dem betreffenden Land." Einzelne Passagen schneide man dann nicht heraus, sondern lösche immer das gesamte Video. Die Bezeichnung "aufgrund einer Regierungsanfrage", die die Aufregung ausgelöst hat, sei in diesem Zusammenhang aber irreführend gewesen. Deshalb habe man die Beschreibung inzwischen geändert in: "This content is not available in your country due to a legal complaint." – "Dieser Inhalt ist wegen eines Rechtsstreits in Deinem Land nicht verfügbar."

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