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Datenschutz im Internet: Neue Regeln für soziale Netzwerke

Fotos, Wohnort, Studiengang: In Internet-Communities geben Nutzer viele Informationen über sich preis. Ein heikles Thema, besonders bei minderjährigen Mitgliedern. Jetzt haben sich StudiVZ und Co. zu einem verbesserten Daten- und Jugendschutz auf ihren Plattformen verpflichtet. Doch jeder Nutzer sollte genau überlegen, was er von sich preisgibt.

Ein Freund von mir war von vornherein skeptisch. Er wollte sich nicht bei einem sozialen Netzwerk im Internet anmelden und Informationen über sich preisgeben. Das machen doch alle, dachte ich, außerdem ist es total praktisch. Ich meldete mich an, fand meine Freunde, trat Gruppen bei und bewegte mich einigermaßen zufrieden durch die bunte Welt des Mitmachwebs.

Irgendwann lud ich ein paar Fotos hoch, und weil ich lieber vorsichtig sein wollte, legte ich fest, dass nur die Freunde in meiner Kontaktliste sie sehen durften. Doch offenbar konnten auch Leute, mit denen ich nicht befreundet war, die Bilder anschauen, sie runterladen und abspeichern. Das bemerkte ich erst, als ein Bekannter, mit dem ich im Netzwerk nicht befreundet war, mir eines der Fotos per eMail schickte. Es war zwar nichts Schlimmes darauf zu sehen (bei Partys halte ich mich ab einem gewissen Alkoholpegel von der Kamera fern), aber mir reichte es. Ich meldete mich sofort ab. Mein Freund lachte mich aus - er hätte es doch gleich gesagt.

Solche Vorfälle passieren häufig in sozialen Netzwerken, denn nicht nur Fotos sind Stolperfallen. Suchmaschinen wie Google oder Yahoo können unter Umständen Informationen von Nutzerprofilen anzeigen. Auch Netzwerk-intern können sich die Mitglieder über verschiedene Kriterien finden. Man kann zum Beispiel gezielt nach 15-jährigen Mädchen aus Berlin suchen. Eigentlich sollen so Freunde und Bekannte einfacher gefunden werden, doch das Missbrauchspotential ist offensichtlich. Zwar bieten die Netzwerke spezielle Einstellungen, um die eigene Privatsphäre stärker zu schützen, doch nicht alle finden sofort heraus, wo man diese verändert.

Junge Nutzer sollen nicht in Suchmaschinen auftauchen

Jetzt reagieren die Betreiber der Communities StudiVZ, Lokalisten und wer-kennt-wen auf die Unsicherheit der Nutzer und Eltern. Sie stellten am Mittwoch in Berlin verschiedene Schritte zum Jugend- und Datenschutz vor, zu denen sie sich freiwillig selbst verpflichten. 17 Seiten stark ist dieser Verhaltenskodex, den die Netzwerke gemeinsam mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) erarbeitet haben.

Die wichtigsten Punkte: Die Einstellungen für unter 14-Jährige sind von Anfang an strenger. Diese jungen Nutzer müssen also extra festlegen, wenn ihr Profil für mehr Nutzer als ihre unmittelbaren Kontakte sichtbar sein soll, nicht umgekehrt wie bisher. Die Profile von unter 16-Jährigen sollen außerdem nicht durch externe Suchmaschinen gefunden werden. Personalisierte Werbung kann man ablehnen (Auszüge des Kodexes gibt es hier, das gesamte Papier unter diesem Link als pdf).

Betreiber wollen Mitglieder mehr informieren und aufklären

Doch nicht alle Punkte sind technisch umsetzbar. Die Alterskontrolle beispielsweise ist praktisch unmöglich, die Betreiber müssen sich auf die Angaben der Nutzer verlassen. Daher setzen sie vor allem auf Aufklärung und die Selbstkontrolle der User untereinander.

Lokalisten schlösser datenschutz
Wer sieht was? Bei den "Lokalisten" zeigen farbige Schlösser die verschiedenen Datenschutzeinstellungen an.

© Tagesspiegel.de

Mitglieder können Beiträge melden und andere mit einem Klick "ignorieren". Dann sind sie für den "ignorierten" Nutzer nicht mehr auffindbar oder kontaktierbar. Solche Funktionen sollen deutlich sichtbar platziert werden. Mitglieder, Lehrer und Eltern sollen verstärkt über die Datenschutzbestimmungen aufgeklärt werden. Denn trotz allem technischen Schutz müsse klar sein, "was es bedeutet, wenn ich ein Foto von mir ins Internet stelle", sagte Markus Berger-de León, Geschäftsführer von StudiVZ.

Durch die Selbstverpflichtung wollen die Netzwerke vor allem Transparenz schaffen. Denn nur, wenn sich ihre Mitglieder und deren Eltern sicher fühlen, werden sie sich weiterhin auf den Plattformen bewegen. Erst kürzlich hat die US-amerikanische Plattform Facebook die Macht der User zu spüren bekommen. Sie sorgte mit einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Aufregung, nach der Nutzerdaten und -inhalte den Betreibern auch nach Löschung des Nutzeraccounts zur Verfügung stehen sollten. Nach heftiger Kritik musste Facebook umgehend zurückrudern.

Sie wollen "Standards setzen"

Auch das jetzige Papier wird kritisiert. Der stellvertretende Berliner Datenschutzbeauftragte Thomas Petri lobte den "positiven Ansatz". "Aber das Papier wirft insgesamt Fragen auf", sagte er der Presseagentur dpa. Man müsse noch mal ganz genau prüfen, ob der Kodex datenschutzkonform sei. Bisher haben die Lokalisten, wer-kennt-wen und das StudiVZ mit SchülerVZ und MeinVZ die Selbstverpflichtung unterzeichnet. Sie wollen damit Standards für soziale Netzwerke im deutschsprachigen Raum schaffen, umgesetzt sind die meisten Regeln bereits. Bei Myspace, hieß es, es würden derzeit Überschneidungen mit ähnlichen Auflagen in den USA überprüft, ein künftiger Beitritt ist möglich.

Ich konnte mich der Anziehungskraft der sozialen Netzwerke übrigens nicht lange entziehen. Inzwischen bin ich wieder Mitglied - aber Fotos habe ich keine mehr hochgeladen.

Jessica Binsch

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