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Liken, sharen und kommentieren. Begriffe, die fast wie selbstverständlich in unseren Sprachgebrauch übergehen. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter?

© dapd

Facebook, Twitter und Co: Ich stelle mich dar, also bin ich

Seit einigen Jahren erhalten die User von sozialen Netzwerken in der digitalen Welt die Möglichkeit sich selbst darzustellen, mit anderen in Kontakt zu treten und Inhalte mit "Freunden" zu teilen. Mit weitreichenden Folgen für das Privatsphäreverständnis.

Bereits im analogen Rahmen werden die Beziehungen, die ein Mensch hat, als Soziales Netzwerk bezeichnet. Der große Erfolg von Google+, Twitter und den VZ-Netzwerken hat dies in den letzten Jahren massiv in den digitalen Rahmen verschoben. Das Internet wäre somit als das „Netzwerk der Netzwerke“ zu betrachten. Der Leitspruch beziehungsweise die selbstgestellte Aufgabe der großen Kommunikationsplattform Facebook lautet so beispielsweise: "Facebook ermöglicht es dir, mit den Menschen in deinem Leben in Verbindung zu treten und Inhalte mit diesen zu teilen."

Soziales Netzwerken ist dabei kinderleicht und sollte gerade deshalb bewusst gesteuert werden. Die Anmeldung und das Einrichten eines Profils bei Facebook dauert, für den internetversierten Kenner von heute, keine fünf Minuten. Gerade für Kinder und Jugendliche ist es spannend, Erlebnisse mit ihren Freunden zu teilen. Dadurch, dass man eventuelle Freundesanfragen erst bestätigen muss, wird jedoch ein falsches Gefühl von Sicherheit und Abgeschiedenheit implementiert. Der Nutzer bekommt den Eindruck in einem abgeschlossenen Netzwerk zu agieren.

Inhalte, die geteilt werden, erscheinen automatisch im eigenen Profil als Neuigkeiten und können entweder von der gesamten Facebook-Community, dem im Netz vorhandenen Freundeskreis oder lediglich einzelnen Personen eingesehen werden.

Was genau wann mit wem geteilt wird, entscheidet der User über seine Privatsphäre-Einstellungen, die jederzeit manuell verändert werden können. Auch durch die Möglichkeit sogenannter intelligenter Listen kann man den Kreis des potenziellen Publikums manuell eingrenzen. Jedoch ist dies nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Facebook-Usability ist an dieser Stelle absichtlich nicht sonderlich gut. Denn nur so bekommt Facebook die Möglichkeit, durch Unachtsamkeit und Unwissenheit der Nutzer gleichermaßen, immense Datenprofile anzulegen. Diese sind Werbekunden bare Münze wert, die die begehrten Werbeplätze auf der Plattform so mit personalisiertem und abgestimmten Inhalt füllen können.

Was man wann mit wem teilt, sollte man sich dabei genauestens überlegen. Unbedachter Umgang mit den eigenen Daten kann aber weitreichende Folgen haben, wie die aus dem Ruder geratene Geburtstagsparty der 16-jährigen Thessa aus Hamburg gezeigt hat.

Warum Privatsphäre völlig überbewertet ist, lesen Sie auf Seite zwei.

Das Profil ist der Dreh- und Angelpunkt der Selbstdarstellungs- und Kommunikationsmöglichkeiten im sozialen Netz. hier kann der User sich selbst in angemessener Form präsentieren und wird somit zum nötigen Anlaufpunkt, um sich im sozialen Netz überhaupt anschlussfähig zu machen. Fotos oder Videos können hochgeladen und verlinkt werden, Nachrichten auf Pinnwänden hinterlassen oder gar ganze Blogs verfasst werden. Voyeurismus und Exhibitionismus geben sich gegenseitig den Schlagabtausch und erklären, zumindest in gewissem Maße, den Reiz der sozialen Netzwerke. Ein kleiner (oder großer) Narzisst steckt wohl in jedem der weltweit über 750 Millionen Mitglieder. Anders ist das rasante und kontinuierliche Wachstum der Plattform kaum zu erklären.

Und das trotz diversen Änderungen, die Nutzer und selbsterklärte Datenschützer gleichermaßen auf die Barrikaden bringen. Mit der vergangenen Woche angekündigten "Timeline" wagt sich Facebook noch weiter: Das Leben der User wird prinzipiell, von der Wiege bis zur Bahre archivierbar. Was Zuckerberg, der Facebook-Gründer als phänomenale Möglichkeit der Selbstnarration umschreibt, ist für Jugendschützer, Medienpädagogen und Datenschutzbeauftrage eine Kriegserklärung.

Dabei reagiert Facebook nur auf seinen neuen Konkurrenten. Schließlich ist mit Google+ ist ein neues Netzwerk in den Kommunikations- und Selbstdarstellungsolymp aufgestiegen. Bei all der Aufregung um Verletzung der Privatsphäre und mangelndem Datenschutz, sei der mündige Bürger jedoch auch daran erinnert, dass ihn niemand zwingt, sein Privatleben bei Facebook offen zu legen. Gerade bei jüngeren, Digital Natives, hat sich längst ein anderes Grundverständnis von Privatheit und Öffentlichkeit gebildet. Wer folglich die Vorteile der totalitären Vernetzung nutzen möchte, hat sich, ihrem Verständnis nach, auch mit den Nachteilen zu arrangieren.

Wer seine Cookies deaktiviert, ist prinzipiell einen Schritt weiter. Wer paranoid auf seine Daten achtet, dem bleibt nur die komplette digitale Sozialisationsaskese. Mit anderen Personen Beziehungen jeglicher Art aufzubauen und diese zu pflegen ist somit eine der wichtigsten Funktionen und Aufgaben des sozialen Netzes. Der klassische Netzwerkeffekt lässt sich dabei auch synonym auf das persönliche Netzwerk übertragen. Je mehr man mit anderen verbunden ist, desto größer wird der dadurch generierte Mehrwert. Netzwerken, klingt erstmal einfach, doch wie geht sowas überhaupt?

Eine Möglichkeit besteht darin diverse Inhalte, von eigenen Gedanken über Bilder bis hin zu Links von interessanten Artikeln, zu teilen. Für Facebook externe Anwendungen werden häufig sogenannte "Social Plug Ins" verwendet, die eine personalisierte Nutzung der angebotenen Inhalte ermöglicht. Hierzu gehören auch der bei Nachrichten- und Zeitungsportalen so beliebte Empfehlungsbuttons.

Die Problematik an dieser Stelle liegt in den von Facebook automatisch mit integrierten Cookies. Durch diese werden, egal ob Links weiterempfohlen werden oder nicht, Surfprofile erstellt. Ein Vorgehen, dass in den letzten Wochen für großes Aufsehen sorgte. Um die automatisierte Weiterleitung sämtlicher Daten zu unterbinden hat das Portal heise nun als erstes eine 2-Klick-Button-Lösung vorgestellt. Auch der Tagesspiegel nutzt eine abgewandelte Form dieser Buttons bereits seit einigen Tagen.

Die verwendeten Social Plug Ins von Facebook, Twitter und Google+ sind ausgegraut und standardisiert deaktiviert . In dieser Form werden keinerlei nutzerbezogene Daten an die Betreiber der jeweiligen Kommunikationsplattformen versendet. Erst mit einem Klick auf die grauen Flächen werden die Plug Ins manuell aktiviert. (Sichtbar an dem grünen statt roten Punkt sowie der Farbigkeit der Flächen.) Erst, sobald eines oder mehrere Social Plug Ins aktiviert werden, beginnt die Datenübertragung, die auch für die Empfehlung des jeweiligen Artikels notwendig ist.

Es besteht für den Nutzer so zum einen die Möglichkeit, die von ihm verwendeten Buttons bei jedem Besuch je nach Bedarf und Netzwerk, bei dem der Inhalt geteilt werden soll, manuell zu aktivieren oder die standardisierte Einstellung abzuändern. Hierzu reicht ein Klick auf das Zahnrad. Der entweder die dort auszuwählenden Buttons dauerhaft aktiviert oder deaktiviert. Eine kleine Besonderheit besteht bei dem Tool des Microbloggingdienst Twitter. Wer Links twittern möchte muss sich zuvor, über ein Pop-Up-Fenster, auf seinem Account anmelden und erhält in selbigen noch die Möglichkeit eine kleine Nachricht zum Link zu posten. (Siehe dazu auch die Bilderstrecke unten.)

Trotz guter Ansätze ist dies, besonders für Datenschützer, aber nur der erste Schritt, da so weiterhin Nutzerdatenpakete geschnürt werden können. Wer seine Cookies deaktiviert, ist prinzipiell einen Schritt weiter. Wer paranoid auf seine Daten achtet, dem bleibt nur die komplette digitale Sozialisationsaskese.

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