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Bei Powerline werden Datenpakete über die Stromleitung transportiert. Sinnvoll ist die Technik dort, wo Wireless-Lans nicht zuverlässig oder schnell genug sind. Foto: Devolo

© picture alliance / dpa-tmn

Gigabit-Powerline: Internet aus der Steckdose

So schnell wie mit Netzwerkkabel, verspricht die Werbung. Die neuen Powerline-Adapter im Praxistest.

Mehr Tempo geht nicht, zumindest nicht für den Hausgebrauch. Ganze acht Sekunden dauert es, eine 500 Megabyte große Videodatei durchs Heimnetz zu transportieren, wenn die beiden Computer mit neuster Netzwerktechnik ausgestattet sind – wobei das neu relativ ist, denn die Verbindung zweier Computer über Kabel ist im Vergleich zu anderen Techniken beinahe ein Dinosaurier. Allerdings einer, der noch lange nicht von der Evolution ausgemustert wurde. Denn nur über das klassische Netzwerkkabel wird tatsächlich die im Namen Gigabit-Netz enthaltene Geschwindigkeit erreicht, mit der sich Datenpakete mit einer Übertragungsrate von 125 Megabyte pro Sekunde verschicken lassen. Der einzige Nachteil dieser Technik: Wer möchte schon seine Privatwohnung oder sein Haus umständlich und kostenintensiv verkabeln lassen, wenn es andere bequeme und äußerst flexible Wege gibt? Einer davon heißt Powerline, besser bekannt als Internet aus der Steckdose. Doch wie gut ist diese Technik wirklich? Wir haben den Praxistest gemacht.

Im Test: Starterkits von AVM und Devolo

Für den Test standen uns die Starterkits „Fritz!Powerline 1000E“ von AVM (90 Euro) sowie „dLAN 1200+ WiFi ac“ von Devolo (185 Euro) mit jeweils zwei Adaptern zur Verfügung. Beide Typen setzen die neueste Powerline-Technik ein, bei der theoretisch Datenübertragungsraten von einem Gigabit pro Sekunde und mehr möglich sind.

Die Adapter von AVM sind erheblich kompakter als die Konkurrenzprodukte, allerdings kann in den AVM-Adapter anders als bei den Devolo-Produkten kein Stecker gesteckt werden. In Wohnungen mit wenig Steckdosen kann das zum Problem werden, da die Powerline-Adapter die Maximalleistung nur direkt in der Wandsteckdose erzielen (siehe Kasten). Der Devolo-Adapter verfügt neben zwei Anschlüssen für Netzwerkkabel zusätzlich über ein W-Lan-Modul nach dem neuen a/c-Standard. Dies ist besonders praktisch, um in weiter vom Router entfernten Zimmern oder in anderen Etagen ein leistungsfähiges W-Lan für Smartphones oder Tablets bereitzustellen.

Die Powerline-Technik ist den Kinderschuhen schon lange entwachsen. Die neuste Generation verspricht sogar Gigabit-Leistungen. Der Bedarf ist vorhanden: In immer mehr Privathaushalten werden Musik, Fotos, Filme zentral gespeichert. Und wer bei den TV-Mediatheken und Video-on-Demand-Diensten erst auf den Geschmack gekommen ist, streamt Filme und Serien schnell regelmäßig. Dennoch stellt sich die Frage, warum man sich überhaupt Gedanken über dieses Thema machen soll. Schließlich haben die Funktechnik-Ingenieure viele W-Lan-Probleme in den Griff bekommen. Doch in Häusern mit vielen Mietparteien und genauso vielen W-Lans oder in Wohnungen, die über mehrere Etagen gehen, stoßen diese Bemühungen jedoch an Grenzen. Zuverlässig hohe Bandbreiten, wie sie für Internet-Streamingdienste benötigt werden, sind dann keineswegs garantiert. Hier kann Powerline der Ausweg sein. Die Powerline-Adapter werden einfach dort eingesteckt, wo man den Internetzugang oder eine Netzwerkverbindung benötigt, beispielsweise direkt am Smart-TV. Es muss nur sichergestellt sein, dass sich alle Steckdosen hinter dem gleichen Stromzähler befinden. Dass Unbefugte den Datenverkehr mitlesen, muss wegen der Verschlüsselung nicht befürchtet werden.

Praxistest unter schwierigen Bedingungen

Doch wie gut erfüllen die Gigabit-Adapter ihren Dienst unter schwierigen Bedingungen? Wir haben die Adapter in einer Altbauwohnung in verschiedenen Szenarien ausprobiert. An die Übertragungsraten aus der Werbung kommen weder die Adapter von AVM noch die von Devolo heran. Die maximale Rate beim „dlan 1200+ Wifi ac“ von Devolo betrug netto 120 Megabit/Sekunde. Der Wert wurde sowohl direkt am Kabelausgang des Adapters erreicht als auch über das eingebaute W-Lan-Modul. Die Vorgängertechnik des „dlan 500“ erreichte in einer Vergleichsmessung 80 Megabit/Sekunde. Die AVM-Adapter lagen mit 90 Megabit/Sekunde unter dem Wert des Devolo-Adapters.

Unterm Strich erreichen die neuen Powerline-Adapter damit jedoch immer noch einen deutlichen Zugewinn gegenüber dem herkömmlichen Wireless-Lan. Bei der Funktechnik blieben von den maximal möglichen 300 Megabit/Sekunde in unserem Praxistest nur 50 Megabit übrig – in Häusern mit vielen Mietparteien treten zudem erhebliche Schwankungen im W-Lan auf. Gerade bei Streamingdiensten macht die neue Powerline-Generation daher den Unterschied zwischen einen oder zwei beziehungsweise sogar drei gleichzeitigen Streams aus – auch wenn die reine Kabelverbindung immer noch die besten Ergebnisse liefert.

Achtung, Störquellen

Staubsaugen und Fernsehen passen nicht zusammen, auch nicht wenn das Programm via Powerline aus der Intenet-Steckdose kommt – selbst die neue Gigabit-Technik reagiert auf Staubsauger allergisch. Um die verbesserten Datenübertragungswerte zu erreichen, verwenden die neuen Powerline-Adapter von Devolo und AVM die sogenannte Mimo-Technik namens Mimo (Multiple Input Multiple Output), bei der die drei Adern des Stromnetzes (Phase, Nullleiter, Schutzleiter) als drei Antennen genutzt werden. Stehen wie im Altbau nur zwei Phasen zur Verfügung, halbiert sich die Datenrate. Wird der Adapter statt in eine Wandsteckdose in eine Mehrfachsteckdose gesteckt, sinkt die Rate zusätzlich. Weitere Störungen entstehen durch Überspannungsschutz, aber auch Dimmer oder Netzteile hindern den Datenfluss. Die heftigsten Störungen jedoch verursachen Bohrmaschinen und eben Staubsauger. sag

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