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Ein bisschen Nostalgie: 1984 ließ sich Schlagersängerin Nicole für eine Homestory mit ihrem Tonbandgerät fotografieren. Die teure Technik von damals steht auch sonst noch in vielen Wohnzimmern und wartet auf Anschluss an die digitale Welt. Foto: imag/teutopress

© IMAGO

Heim-Vernetzung: Der Stream des Lebens

Alte Hits und neue Technik, das Selfie auf dem Smart-TV: So kommt die audiovisuelle Medienwelt ins Wohnzimmer.

Neulich nach dem Abendessen wollten wir „Wild Horses“ hören. Keine Ahnung warum. Aber wo haben wir nur den Stones-Klassiker abgelegt? Die Vinylscheibe im Keller auszugraben bringt nichts, der Plattenspieler ist nicht angeschlossen. Die Festplatte herauskramen aus der ungetrübten Zeit des nicht strafbewehrten File-Sharings – aber wie spiele ich den MP3-Titel auf der Hifi-Anlage ab? Bei Youtube auf dem Smartphone gibt es den natürlich, aber Freude kommt nicht auf bei dem Klang aus der Blechdose.

Vor den Trümmern ihrer High-Fidelity-Existenz stehen heute viele: Der Soundtrack des Lebens fliegt in Teile zersplittert und Kisten verpackt herum. Muss nicht sein. Mit ein paar Kniffen und – gemessen am emotionalen Wert – überschaubaren Investitionen, kehren sie zurück, die Sounds und Visions von Bowie bis Zappa und von der ersten Digitalkamera bis zum Smartphone-Selfie.

Die beste Nachricht vorab: Die Hifi-Anlage aus den 1980ern hat nicht ausgedient. Wer damals viele tausend Euro für ein Schmuckstück vielleicht sogar mit Röhren-Technik erwarb, stellt sie im Wohnzimmer auf und profitiert gleich noch vom „Vintage“-Image, wie es neudeutsch heißt. Eine analoge Insel bleibt sie nicht, sie kommt ans Netz. Sonos hat dafür eine Lösung: Ein Zusatz für den Router (49 Euro), die Sonos-Streamingbox „connect“ (349 Euro) an die Hifi-Anlage, die App herunterladen, los geht’s.

Na sagen wir, fast. Wir brauchen noch eine „Zentrale“ für unsere Musik. Das ist das eigens fürs Musik-Streaming entwickelte Media-Center Synology DS214Play (rund 300 Euro) mit einer Festplatte von Seagate (3 Terabyte 115 Euro). Jetzt die Sonos-App starten, die einfach zu bedienen ist und die DS214Play nach Songs durchsucht. Danach kann jeder sein Musikprogramm von jedem Gerät und jedem Zimmer aus zusammenstellen.

Wer sparen will, kauft eine externe Festplatte und schließt sie direkt an den Internet-Router an. Geht auch. Vorteil der Synology-Lösung: zwei Festplatten synchronisieren ständig im Zwillingsmodus ihre Daten, zudem gibt es mehr Funktionen, wie die Datensicherung für alle (mobilen) Geräte, auf Wunsch sogar automatisch, sobald man in Reichweite des Netzes ist.

Familienfreundlich ist diese Lösung außerdem: Die Kinder stellen im eigenen Zimmer die eigene „Playlist“ zusammen. Dazu braucht es extra Lautsprecher (Sonos Play:1, 2 oder 3 ab 248 Euro). Verbunden werden diese über W-Lan. Wer satteren Klang sucht, findet ihn bei Nubert, „Nupro A300“ (rund 500 Euro).

Gemeinsam ist diesen Lautsprechern, dass sie „aktiv“ sind, ein Verstärker ist integriert. Das ist ein Trend. Der Vorteil: Smartphone, Festplatte, PC, Tablet – alles kann man auch direkt anschließen und Musik abspielen. Wir schlossen Nuberts A300 an den Hifi-Verstärker an, am Ausgang für „Vorverstärker“ (Pre-Amp). Der Vorteil: Die Nubert-Boxen steuern wir nun getrennt und den Klang justieren wir im Menü so, dass sogar nuschelnde „Tatort“-Kommissare zu verstehen sind; denn das TV-Gerät ist mit Hifi-Anlage und Netzwerk verbunden.

Wie sehen die Alternative aus? Ein A/V-Receiver, die Marantz’ Ifa-Neuheit SR5009 etwa. Der geht direkt ans Netz und beherrscht so gut wie jeden Streaming- und Kinosound-Standard (900 Euro).

Und was ist mit Fotos und Videos? Die auf einem Netzwerkspeicher im eigenen Netz oder in der Cloud gesammelten Inhalte oder die Multimedia-Dateien auf einem mit dem Heimnetz verbundenen Computer lassen sich ebenfalls auf verhältnismäßig einfache Weise ins Wohnzimmer transportieren. Als Ausgabegerät wird der Flachbild-Fernseher genutzt, am besten in Verbindung mit der Hifi-Anlage. Smart-TV- Geräte, die in den letzten beiden Jahren erworben sind, werden entweder per Netzwerkkabel oder per W-Lan mit dem Heimnetz verbunden. Im Netzwerk freigegebene Songs, Fotos und Videos lassen sich ohne Umwege abspielen – wenn sie in Standardformaten wie MP3, JPG und MPG vorliegen. Wer ein Smart-TV zum Beispiel von Samsung besitzt, kann zudem direkt vom Smartphone oder Tablet aus – so es ebenfalls von dieser Firma stammt – die Sachen auf den Fernseher schicken. Zur Multimedia-Vernetzung eignen sich aber auch Spielekonsolen wie insbesondere die neue Xbox One oder die Playstation 4.

Für Besitzer von iPhones, iPads oder anderen Apple-Geräten empfiehlt sich die Anschaffung einer Apple-TV-Box (110 Euro). Über die Transporttechnik AirPlay lassen sich Songs, Bilder, Filme vom Mac, iPhone oder iPad auf den Fernseher schicken. Mit Apple-TV hat man zudem Zugriff auf den iTunes-Shop und über diverse Apps auf Mediatheken wie Watchever. Zudem lassen sich Dateien, die am Computer über iTunes freigegeben wurden, über das Netz auf den Fernseher streamen, allerdings nur in ausgewählten Formaten. An AppleTV kann über einen optischen Audioausgang auch gleich die Stereo-Anlage mitversorgt werden.

Nicht ganz so komfortabel, dafür aber in Formatfragen erheblich offener, sind TV-Adapter auf Android-Basis wie zum Beispiel Chromecast (35 Euro) von Google. Der kleine Stick wird direkt mit dem HDMI-Eingang des Fernsehers verbunden. Im Vordergrund steht bei Chromecast das Streamen von Inhalten aus dem Internet, wobei es sich sowohl um kommerzielle Dienste als auch um Cloudspeicher mit eigenen Inhalten handeln kann. Neben den von Google selbst angebotenen Apps gibt es inzwischen eine Reihe weiterer Anwendungen wie MediaThekCast für die Mediatheken von ARD, ZDF und arte oder Plex zum Streamen von Inhalten, die im Heimnetz gespeichert wurden.

Mehr zum Thema: www.tagesspiegel.de/medien/technik

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