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© Tsp

Lizenz zum Sperren: In die Röhre geguckt

Youtube hat Musikvideos gesperrt – aber beim Streit mit der Gema geht es nicht nur ums Geld.

„Youtube ist tot. Youtube gibt es nicht mehr. Kein Aprilscherz. Warum das? Weil die Gema den Hals nicht vollbekommt.“ Die Aufregung am Mittwochmorgen war groß, nicht nur bei Internet-Blogger „Klapperstorch“. Das Internetportal Youtube sperrt für deutsche Internetnutzer alle Musikvideos, hatte das Google-Tochterunternehmen angekündigt. Mit Nachrichten wie diesen kann man ganze Bevölkerungsgruppen auf einmal zur Verzweiflung treiben, zumal es sich bei der Ankündigung tatsächlich nicht um einen Aprilscherz handelt: Youtube liegt mit der Rechteverwertungsgesellschaft Gema im Sreit. Es geht darum, wie viel Geld der Gema und den von ihr vertretenen Künstlern für das Verbreiten von Musikvideos im Netz zusteht.

Der seit 2007 bestehende Lizenzvertrag ist ausgelaufen. Die Verhandlungen über ein neues Abkommen blieben erfolglos. Google lehnt den von der Gema verlangten Preis als zu hoch ab. Am Dienstagabend kündigte Google an, es müsse vorsichtshalber alle professionellen Musikvideos in Deutschland vom Netz nehmen. Tatsächlich ergaben Stichproben am Mittwoch, dass die Youtube-Sperrtaste ihre Arbeit offenbar noch nicht aufgenommen hatte. Ob Lady Gaga, Silbermond, Milow, Razorlight oder James Morrison & Nelly Furtado – die Top fünf- der deutschen Single-Charts ließen sich problemlos aufrufen. Nach Experteneinschätzung dauert es einige Zeit, die Videos zu sperren. Die Clips der Youtube-Partner lassen sich mit einem Schlag entfernen, bei den von Nutzern hochgeladenen Clips muss über ein technisches Verfahren geprüft werden, ob darauf Urheberrechte liegen. In dem Fall wird eine Content-ID vergeben, die für deutsche Nutzer gesperrt werden kann. Laut Kay Oberbeck von Google Deutschland handelt es sich dabei um einige tausend Clips. Doch, nicht nur Internetnutzer sind wütend, auch für die Musikindustrie ist die Sache mit dem Video-Stopp eher eine schlechte Nachricht. „Wir bedauern die Situation. Grundsätzlich ist es so, dass Youtube eine wichtige Plattform für uns ist“, sagt Sebastian Hornik von Sony Music Deutschland. Youtube gilt als gutes Promotion-Tool, mit dem Bands und Künstler bei der jungen Zielgruppe ankommen.

Der Streit dreht sich im Grunde um ein paar Cent – die in der Summe aber schnell zu Millionen Euro werden. Der am Dienstag diskutierte Betrag von zwölf Cent für das einmalige Abspielen eines Videos auf Youtube ist bereits vom Tisch, aber auch die Gema-Forderung von einem Cent je Video liege fast fünf Mal über dem Wert von 0,22 Cent, der von der britischen Verwertungsgesellschaft PRS gefordert wird, sagte Google-Sprecher Oberbeck dem Tagesspiegel. Zugleich drängt Google darauf, dass die Gema offenlegt, für welche Künstler sie die Rechte geltend macht. Die Gema wiederum fordert laut Sprecherin Bettina Müller, dass Google das Youtube-Nutzerverhalten übermittelt: „Wir wollen wissen, welche Videos wie gesehen werden.“ Erst danach könne man konkret über Geld reden.

Youtube ist die mit Abstand größte Videoplattform im Internet. Hier können die Benutzer kostenlos Videoclips ansehen und hochladen. Das Unternehmen wurde im Februar 2005 gegründet und im Oktober 2006 vom Internetriesen Google für 1,65 Milliarden US-Dollar übernommen. Neben Musikvideos befinden sich auf Youtube Ausschnitte aus Filmen und TV-Sendungen sowie von Youtube-Anwendern selbst gedrehte Filme.

Intern geht man davon aus, das die jetzt gestoppten Musikvideos bei Youtube bald wieder zu sehen sein werden, weil Google und Gema eine baldige Einigung anstreben. Auch den Blogger „Klapperstorch“ wird das freuen.

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