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Arbeitet seit September mit dem neuen Windows 10: Oliver Gürtler, bei Microsoft Deutschland für den Geschäftszweig Windows zuständig.

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Microsoft über Windows 10: „Wir sind unsere eigenen Alpha-Tester“

Microsoft-Manager Oliver Gürtler über die Fortschritte bei der Entwicklung von Sprachassistent Cortana, Internet-Browser Spartan und Datenbrille Hololens. Ein Interview.

Herr Gürtler, Sie sind bei Microsoft Deutschland für den Geschäftszweig Windows zuständig. Läuft auf Ihrem Computer schon Windows 10?

Ich arbeite bereits seit September mit Windows 10 im produktiven Einsatz …

… davor warnt Microsoft doch ausdrücklich ...

… wir als Microsoft sind die Alpha-Tester, also die Ersten, die Feedback an die Entwickler geben.

Sie sind damit aber nicht allein, oder?

Knapp die Hälfte der 2000 Microsoft-Mitarbeiter in Deutschland arbeitet schon mit dem neuen Betriebssystem.

Und haben zur Sicherheit noch ein anderes System im Hintergrund?

Windows 10 hat den Anspruch, dass vorhandene Programme und Apps damit ohne Weiteres laufen. Aber auch uns ist es passiert, dass ein Tool mal nicht auf Anhieb funktionierte. Als Hersteller eines Betriebssystems kann man solche Probleme jedoch schnell lösen. Aber dennoch: Wir gehen sehr wagemutig an das Thema heran.

Was gefällt Ihnen besonders?

Mich persönlich begeistert an Windows 10 am meisten Cortana. Auf den ersten Blick ist das ein Sprachassistent, aber letztlich soll es für den Anwender Sachen erledigen. Und Cortana soll einen viel natürlicheren Dialog als bislang mit der Maschine ermöglichen. Wenn ich Cortana jetzt auf Englisch auf dem PC oder auf Deutsch auf dem Smartphone ausprobiere, geht es noch um einfache Dinge wie „Brauche ich heute einen Regenmantel?“.

Dabei soll es nicht bleiben.

Cortana wird offline wie online funktionieren, das Assistenzsystem ist dabei selbstlernend, sowohl beim Sprachverständnis als auch in Hinblick auf die Intelligenz des Systems. Und Cortana ist nicht auf Microsoft-Programme und Apps beschränkt. Ein Beispiel aus dem Unternehmensbereich: Ein Mitarbeiter des Tagesspiegels könnte Cortana fragen, wie viele Leute die Webseite nutzen. Die Antwort würde der Assistent im Web suchen. Und dann könnte Cortana in den lokalen Datenbanken nachschauen, wie das Ergebnis mit dem Anzeigengeschäft korreliert. Am Ende könnte Cortana noch Skype-Verbindungen zu den Experten im Hause herstellen oder Termine mit ihnen vereinbaren. Sogar Terminkonflikte kann das System auflösen.

Und wann muss sich die Sekretärin einen neuen Job für sich organisieren?

Für die Entwicklung von Cortana wurden tatsächlich viele Assistentinnen und Sekretärinnen befragt, um festzustellen, welche Aufgaben das System übernehmen kann. Da gibt es Grenzen. Einen Flug buchen, das wird Cortana können. Die Mensch-Maschine-Schnittstelle hat immer wieder technologische Trends bestimmt, so wie die Maus oder das Touch-Display. Mit Windows 10 werden zwei Revolutionen kommen: die Sprachsteuerung und die Auflösung des Bildschirms …

… Sie sprechen von der Hololens-Datenbrille …

… bislang sind alle Techniken durch die Oberflächen von Smartphones, Tablets, Computer, Fernseher beschränkt. Cortana und Hololens weichen diese Grenze auf. Mit den Datenbrillen wird die virtuelle Welt auf die reale Welt projiziert. Das erlaubt Anwendungen, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.

Andere Unternehmen wie Google haben ihre Pläne für Datenbrillen modifiziert.

Die Akzeptanz wird von Details wie Preis und Batterielaufzeit abhängen. Ein Anwendungsbeispiel: Ein Autohersteller will einen Car-Konfigurator mit Cortana und Hololens haben. Wer sich damit einen neuen Wagen aussucht, betritt mit der Brille einen großen leeren Raum. Allein oder mit anderen sieht er sein Wunschauto, kann auf Sprachkommando die Farbe ändern oder sich Extras zeigen lassen. Da haben Sie ein ganz anderes Einkaufserlebnis, weil es wirklich 3-D ist und die reale und die virtuelle Welt vermischt.

Windows 10 schafft die Voraussetzungen, aber wann kommt diese Entwicklung im Alltag an?

Es gibt zwei kritische Punkte: die Entwicklung der Brille und welche Applikationen es dafür gibt. Die Entwickler sind jedenfalls hocherfreut, dass die Schnittstellen von den Programmen zur Brille bereits in den Entwicklungswerkzeugen enthalten sind.

Noch recht vage ist der Veröffentlichungstermin von Windows 10. Microsoft spricht von Sommer 2015.

Rein kalendarisch reicht der Sommer von Juli bis September. Aber wir haben schon einmal ein Betriebssystem im Sommer gestartet: Windows 95 im August 1995. Das Schöne ist: Die Software ist fertig.

Aber warum sieht man dann den neuen Browser Spartan, den Nachfolger des Internet Explorers, noch nicht?

Mit Windows 10 gibt es bei Microsoft einen neuen Update-Rhythmus. Auf Monatsbasis kann nun mit den Updates und neuen Funktionen eine stabile neue Windows-Version erstellt werden. Wir nennen das „Windows as a Service“. Der Anwender muss sich um nichts kümmern, das passiert über Windows-Updates automatisch. Und in diesem Kontext wird auch Spartan veröffentlicht. Wenn die Entwickler sagen, Spartan sei reif für die Öffentlichkeit, dann geht das in die Vorschauversion zu Windows, die derzeit von zwei Millionen Nutzern getestet wird.

Was macht den neuen Browser aus?

Spartan wurde grundsätzlich neu entwickelt. Mit Spartan können Nutzer zum Beispiel auf Webseiten mit dem Stift oder der Maus Markierungen vornehmen oder Kommentare dazuschreiben, die sie dann an andere Nutzer schicken. Befinden sich auf einer Urlaubsseite beispielsweise mehrere Hotels, kann eines umkringelt werden, um dann dem Partner die Seite zu schicken mit dem Hinweis: Schau doch mal. Zudem wird Cortana in den Browser integriert. Eine andere Neuerung in Cortana sind Leselisten zu interessanten Webseiten.

Apropos finanziell: Wer Windows 7 oder 8 hat, kann im ersten Jahr von Windows 10 kostenlos umsteigen. Womit verdient Microsoft in dieser Zeit Geld.

Bislang haben wir nur bekannt gegeben, zu welchen Konditionen Windows 10 für private Nutzer oder kleine Unternehmen bereitgestellt wird. Noch steht nicht fest, welchen Preis Hardware-Hersteller für die auf ihren Systemen installierten Windows-Kopien zahlen. Auch über die Preise für die Lizenzen in Großunternehmen haben wir noch nicht gesprochen. Anders gesagt: Wir werden mit Windows Geld verdienen, nicht zuletzt über Verkäufe von Office-Paketen oder von anderen Windows-Server-Versionen.

Das Interview führte Kurt Sagatz

Oliver Gürtler leitet bei Microsoft Deutschland den Geschäftsbereich Windows.

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