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Nur für Erwachsene: "Ryse - Son of Rome" gehört zu den wenigen Exklusivtiteln für die Xbox One. Für Jugendliche ist das Antik-Gemetzel nicht freigegeben.

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Next-Gen-Konsolen: Big Brother will spielen

Die Games-Konsole Xbox One von Microsoft ist erschreckend aufmerksam. Die Playstation 4 von Sony setzt auf andere Eigenschaften

Es sind beinahe mythische Fähigkeiten, die der neuen Xbox One nachgesagt werden. Kernstück der neuen Videospielkonsole von Microsoft, die an diesem Freitag in Deutschland in den Handel kommt, ist die verbesserte Steuerung Kinect. Die Kamera identifiziert per Gesichtserkennung bis zu sechs Mitspieler. Das elektronische Auge nimmt wahr, wohin die Personen schauen, sogar auf die Stellung der Mundwinkel achtet es. Und selbst im Dunkeln bleiben die Augen der Xbox One wachsam, denn auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen soll das Gerät in der Lage sein, auf die Spieler zu reagieren. Wenn nicht auf die Bilder, so auf die Sprache. Denn Microsoft ist stolz darauf, dass die neue Konsole die Stimmen von zwei zeitgleich sprechenden Personen erkennen kann. Was sich für die begeisterten Videospieler wie die Verheißung für völlig neue Spielkonzepte anhört, klingt angesichts des NSA-Spähskandals jedoch wie Big Brother 2.0. Microsoft hat bereits auf die Kritik reagieren müssen. Zunächst sollte die Konsole selbst im Ruhezustand auf Sprachbefehle reagieren. Diese Funktion musste jedoch deaktiviert werden. Denn das war offenbar vielen potenziellen Kunden zu ungeheuerlich. Und auch der permanente Online-Zwang war nicht haltbar, wenn auch aus anderen Gründen.
Auf diese Diskussion hat sich Konkurrent Sony gar nicht erst eingelassen. Die neue Playstation 4, die seit einer Woche in den USA verkauft wird und am 29. November nach Deutschland kommt, umwirbt die Gamer vor allem mit höherer Leistung und verbesserter Grafik. Auch das Zusammenspiel mit der Mobilkonsole Playstation Vita wurde verbessert.
Die Xbox One kostet rund 500 Euro, für jeden weiteren Controller müssen 55 Euro gezahlt werden. Die Playstation 4 kostet in der Grundausstattung 400 Euro, weitere Controller oder die für einige Spiele notwendige Kamera sind darin nicht enthalten. Tatsächlich werden viele Fans deutlich mehr zahlen müssen, wenn sie in der ersten Runde leer ausgehen. Bereits jetzt werden die Konsolen auf Ebay mit kräftigen Aufschlägen angeboten.

Der IT-Branchenverband Bitkom rechnet trotz dieser Preise – die Spiele kosten je Titel 70 Euro – mit einem erheblichen Absatzplus bei den Wohnzimmerkonsolen, das allerdings erst im kommenden Jahr voll durchschlägt. In 2014 werden demnach 3,4 Millionen Konsolen verkauft, rund ein Viertel mehr als in diesem Jahr. Allein für die Konsolen geben die Deutschen dann 765 Millionen Euro aus, die Spiele sind darin noch nicht enthalten. 2013 wird der Verkauf laut Bitkom leicht um 200 000 Geräte auf 2,8 Millionen Konsolen zunehmen. Über den Ausgang des Konsolen-Duells zwischen Microsoft und Sony entscheidet vor allem das Angebot an attraktiven Spielen. Zum Start sind jeweils rund 15 Spiele auf Blu-ray verfügbar. Hinzu kommt eine Reihe von Download-Spielen. Allerdings sind nur die wenigsten wirklich neu: Titel wie „Fifa 14“ oder „Assassin’s Creed IV“ sind bereits auf den Vorgängerkonsolen erschienen und bieten nun vor allem eine bessere Grafik. Enttäuschend gering ist die Zahl der Exklusivspiele, mit denen sich PS4 und Xbox One voneinander – und von den Plattformen Wii U und PC – abgrenzen können.

Zum Start gibt es nur eine Handvoll Exklusivtitel

Microsoft wirft zum Start der Xbox One nur eine Handvoll Exklusivtitel ins Rennen: Das Rennspiel Forza Motorsport 5“ beeindruckt vor allem optisch: Die hochauflösende Grafik zeigt selbst kleinste Lackschäden und Risse im Asphalt, die Rennstrecken – etwa durch die Prager Innenstadt – sind spektakulär in Szene gesetzt. Das neue „Forza“ nutzt auch sogenanntes Cloud Gaming: Das Fahrverhalten der Spieler wird aufgezeichnet, in die Datenwolke hochgeladen und von dort aus anderen Spielern zur Verfügung gestellt. Das zweite große Exklusivspiel für Xbox One setzt auf ein Bezahlsystem: Wer in dem tumben Antiken-Gemetzel „Ryse: Son of Rome“ ein besseres Schwert oder Schild braucht, kann es schnell mit Realgeld ergattern. Ein ausgesprochen kinderfreundliches Xbox-One-Spiel ist „Zoo Tycoon“, das die Möglichkeiten der Bewegungssteuerung Kinect nutzt. Als Zoodirektor füttert man Elefanten, baut neue Gehege oder grimassiert mit Affen um die Wette.
Auch beim Microsoft-Konkurrenten Sony ist die Zahl der Exklusivspiele überschaubar. Als PS4-Zugpferde sollen vor allem der Shooter „Killzone: Shadow Fall“ und das Action-Abenteuer „Knack“ dienen. „Killzone“ demonstriert die grafischen Fähigkeiten der PS4 recht eindrucksvoll, sei es nun in atemberaubend detaillierten Panoramen futuristischer Städte oder in realitätsnahen Wasser-, Licht- und Raucheffekten. Hinter dem schönen Schein verbirgt sich allerdings eine klischeebeladene Ballerorgie, die Fans dieses Genres kaum spielerische Neuerungen bietet. Während „Killzone“ zu Recht keine Jugendfreigabe erhalten hat, wendet sich „Knack“ an ein jüngeres Publikum. Man steuert ein Comic-Monster. Je mehr Material es zertrümmert und aufsammelt, desto mächtiger wird es im Kampf. Trotz dieser originellen Grundidee wirkt „Knack“ auf Dauer eintönig. Durchaus gelungen ist das PS4-Exklusivspiel „Resogun“. Mit artistischen Flugeinlagen kämpft man wie einst bei „Space Invaders“ gegen immer neue Raumschiffgeschwader.

Sowohl für die Xbox One als auch für die Playstation 4 kommen viele Games erst im Frühjahr 2014 in den Handel. Erst kürzlich verschob Ubisoft das Spiel „Watch Dogs“ um mehrere Monate: Das mit vielen Vorschusslorbeeren bedachte Hacker-Abenteuer sollte eigentlich ein Highlight des Konsolenstarts werden. Sony selbst verschob das Rennspiel „DriveClub“ auf Anfang nächsten Jahres; auch das Superhelden-Spiel „inFamous: Second Son“ erscheint erst in der zweiten Märzhälfte. Microsofts familienfreundliches Bewegungsspiel „Kinect Sports Rivals“ ist ebenfalls nicht zum Konsolenstart fertig geworden; aktuell bietet der Publisher nur eine kurze Demoversion an.

Wer weiß, wer sonst noch mitspielen will

Künftige Konsolenspiele werden nicht nur an Grafik, Story und Charakteren gemessen werden. Sondern auch daran, ob sie die neuen Möglichkeiten der Konsolen in spannende Spielkonzepte ummünzen. Verbesserte Hardware, Bewegungssteuerung oder auch die zunehmende Vernetzung mit anderen Gamern machen nur Sinn, wenn sie einen spielerischen Mehrwert bieten. Die verbesserte Kinect-Steuerung kommt in den aktuellen Xbox-One-Spielen nur sehr konventionell zum Einsatz: etwa in „Just Dance 2014“, wo jetzt sechs statt vier Teilnehmer gleichzeitig tanzen können. Viel wichtiger aber ist, dass man die neugierige Steuerung entgegen ersten Planungen von Microsoft nun doch abklemmen kann. Wer weiß, wer sonst im Wohnzimmer noch alles mitspielen will. Kurt Sagatz, Achim Fehrenbach

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