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Öko, nein Danke?: Umweltsiegel bei Computern sind wenig hilfreich

Computer gehören zu den größten Stromverbrauchern. Öko-Siegel sollen den Verbraucher über umweltfreundlichere Alternativen aufklären. Doch es gibt Nachholbedarf.

Der eine hat’s, der andere strebt es erst gar nicht an. Vor einigen Wochen hat das Computerunternehmen Apple dem US-Umweltsiegel „Epeat“ zuerst den Rücken gekehrt – um wenig später einen Rückzieher vom Rückzieher zu machen. Der erneute Sinneswandel hatte bei Apple eingesetzt, nachdem die Kommune San Francisco angekündigt hatte, künftig ohne „Epeat“-Logo keine Apple-Computer mehr für die öffentliche Verwaltung anzuschaffen. Dabei stellt sich die Frage, welche Umweltsiegel beim Kauf von Computern und Zubehör in Deutschland eine Rolle spielen.

In den USA ist der „Energy Star“ das dominierende Umweltsiegel, auch wenn es in erster Linie auf den Energieverbrauch und nicht auf die Ökobilanz eines IT-Produkts eingeht. Doch auch das Öko-Zertifizierungsprogramm „Epeat“ spielt im Beschaffungswesen von US-Behörden und Unternehmen eine größere Rolle, als Apple offenbar zunächst meinte. Knackpunkt am neuen MacBook Pro von Apple war nicht etwa das neue, besonders hochauflösende Retina-Display. Vielmehr entsprachen die eingeklebten Akkus nicht den Kriterien, nach denen Mobilcomputer am Ende ihrer Nutzungszeit ohne großen Aufwand zerlegbar sein müssen.

Die Recyclingfähigkeit ist auch fester Bestandteil der Kriterien, die der „Blaue Engel“ aus Deutschland, das älteste Umweltsiegel der Welt, anlegt. In den Kriterien für Mobilcomputer heißt es dort, sie müssen „leicht manuell zerlegbar“ sein. In Deutschland hätte das MacBook Pro somit keine Chance auf das Umweltlogo.

Tatsächlich gehören Computer zu den größten Stromverbrauchern, sie sind somit einer der Hauptverursacher von Treibhausgasen. Die rund 27 Millionen Computer in Deutschland waren 2007 für den Ausstoß von 33 Millionen Tonnen Kohlendioxid verantwortlich. Damit belasten sie Umwelt und Klima mehr als der gesamte innerdeutsche Luftverkehr. Umso wichtiger wäre es für umweltbewusste Verbraucher, sich vor dem Kauf neuer IT-Gerät mithilfe von Siegeln wie „Energy Star“, „Blauer Engel“ oder dem „Ecolabel“ der EU über möglichst umweltschonende Angebote zu informieren. Doch weit gefehlt.

Aktuell befinden sich auf der Webseite des „Blauen Engels“ weder Arbeitsplatzcomputer, Thin Clients oder Workstations noch tragbare Computer, tragbare Kleincomputer oder Netbooks in der Datenbank. Dabei ist es keineswegs so, dass die IT-Industrie um den „Blauen Engel“ einen großen Bogen macht. In der Kategorie Drucker befinden sich über 300 Einträge von Firmen wie Brother über Dell, Epson, Hewlett-Packard und Samsung bis zu Toshiba und Xerox.

Der "Energy Star" zeichnet energiesparende Geräte aus. Aber was ist mit Recycling?

„Zurzeit kommt der Verbraucher beim Computerkauf mit dem ,Blauen Engel‘ nicht weiter“, sagt auch Rolf Buschmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Der Experte für den Umwelt- und Gesundheitsschutz beschäftigt sich unter anderem mit den entsprechenden Labelingsystemen.

Der „Blaue Engel“ hatte zum Jahresanfang die Kriterien für Computer geändert, unter anderem bei der Zusammensetzung der Kunststoffe wurden die Regeln geändert. Das hinter dem Siegel stehende gemeinnützige Unternehmen RAL verweist darauf, dass es auch schon früher immer etwas gedauert habe, bis die Hersteller nach einer solchen Änderung die erneute Zulassung für das Label beantragt hätten. Doch während die Arbeitsschutzrichtlinien der Berufsverbände für den Einsatz von Druckern – hier geht es im Wesentlichen um mögliche Gesundheitsschädigungen durch Druckertoner – und Monitoren die Hersteller dazu gebracht hat, die relevanten Labels zu nutzen, fehlt bei Computern dieser Druck.

Dabei decken gerade der „Blaue Engel“ und das „Ecolabel“ viele wichtige Umweltkriterien ab. Energieverbrauch, Lebensdauer, Recyclingtauglichkeit, Geräuscharmut, eine möglichst geringe elektromagnetische Strahlung und die Rücknahmeregelungen fließen in die Bewertung der Geräte ein. Verbraucherschützer Buschmann hofft darauf, dass künftig auch die für die Produktion benötigte Energie eine Rolle spielt. „Damit kann ein normaler Desktop-Computer drei Jahre lang im Dauerbetrieb laufen“, sagt er. Eine einfache Lösung beim umweltgerechten IT-Einkauf kann auch Buschmann derzeit nicht anbieten. „Besser ein Gerät mit ,Energy Star‘ als ganz ohne Logo“, sagt er, verweist allerdings darauf, dass dieses Siegel keine Aussagekraft darüber hat, wie leicht Computer zu recyceln sind.

„Wir empfehlen, dass Unternehmen und Verbraucher auf den sogenannten ,Energy Star‘ achten. Dieses Label zeichnet besonders energieeffiziente Geräte aus“, rät auch Christian Herzog, der Umweltexperte des Branchenverbandes Bitkom. Unter Experten gelten die Kriterien des US-Labels im Vergleich zum „Blauen Engel“ und „Ecolabel“ jedoch als veraltet, dafür hat der „Energy Star“ eine globalere Bedeutung.

Rolf Buschmann von der Verbraucherzentrale NRW fordert derweil das Umweltbundesamt und den „Blauen Engel“ auf, zügig die Gespräche mit den Herstellern zu suchen. Im Zweifel sei es besser, die Kriterien zurück zu korrigieren, als auf ein aussagekräftiges Label zu verzichten. Die Betreiber des „Blauen Engel“ wollen nun ihre Kriterien so ausbalancieren, dass sie im Sinne des Umweltschutzes hart genug sind, auf der anderen Seite aber die Hersteller nicht überfordern. Im Herbst findet in Berlin eine Anhörung der Jury Umweltzeichen statt, wobei auf eine möglichst große Beteiligung der IT-Hersteller gehofft wird.

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