zum Hauptinhalt
World of Warcraft

© dpa

Online-Rollenspiele: Weh-oh-Weh für "World of Warcraft"

„World of Warcraft“ kann süchtig machen, sagt eine Studie des niedersächischen Kriminologen Christian Pfeiffer. Er fordert nun ein Jugendverbot für das Online-Rollenspiel.

Es gibt Eltern, die muss der Kriminologe Christian Pfeiffer nicht erst überzeugen. „Wir haben unseren Sohn an ,World of Warcraft‘ verloren“, steht auf der Webseite www.rollenspielsucht.de, die die Familie Hirte aus Gräfeling bei München ins Netz gestellt hat. Ihr Sohn zog vor fast fünf Jahren für ein Informatikstudium nach Nordrhein-Westfalen. Seine Zeit verbrachte er aber nicht mit dem Erstellen von Programmen. Stattdessen wurde er Beta-Tester des Online-Rollenspiels „World of Warcraft“ (WoW), das seither sein zentraler Lebensmittelpunkt ist, erzählt Vater Christoph Hirte. Grundsätzlich hat Hirte, selbst Systemberater für Lohn- und Finanzbuchhaltungsprogramme, nichts gegen Computer. Doch WoW gehört nach seiner Meinung nicht in Kinderhände.

Seit Montag gibt es dafür neue Argumente. Die niedersächsische Jugendministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) und der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN), Christian Pfeiffer, haben in Hannover eine Studie vorgestellt, nach der drei Prozent der männlichen Neuntklässler computerspielabhängig sind. Insgesamt 14 000 dieser Jugendlichen gelten als süchtig nach Computerspielen. Weitere 23 000 Jugendliche sind demnach stark gefährdet. Zwar führe ausuferndes Spielen nicht automatisch zu einer Abhängigkeit, aber vor allem die Beschäftigung mit Online-Rollenspielen verstärke das Risiko. Das gilt offenbar besonders für „World of Warcraft“, das mit 11,5 Millionen Nutzern das weltweit meistverkaufte dieses Genres ist. „Dass bei der Einstufung eines Spiels die Suchtgefahr kein Kriterium ist, ist ein unhaltbarer Zustand“, sagte Pfeiffer, der bereits in der Vergangenheit die Prüfmethoden der Selbstkontrolleinrichtung der Spieleindustrie USK mehrfach als zu lasch kritisiert hat. Als Konsequenz aus der Studie forderten Ross-Luttmann und Pfeiffer nun, die Altersfreigabe für „World of Warcraft“ von 12 auf 18 Jahre heraufzusetzen. Zudem will Niedersachsen nach dem Amoklauf von Winnenden als erstes Bundesland Testkäufe für Killerspiele einführen.

Für die Untersuchung wurden 44 610 Jugendliche im Alter von 15 Jahren befragt. Die Neuntklässler spielen der Studie zufolge an Schultagen im Durchschnitt 130 Minuten lang am Computer. Am Wochenende saßen die jungen Leute zuletzt sogar durchschnittlich 167 Minuten am PC und spielten – 2005 waren es „nur“ 140 Minuten. Christoph Hirte weiß, wie solche Zeiten zusammenkommen: Für die Vorbereitung einer Spielsession würden allein zwei Stunden benötigt, die WoW-Sitzung selbst dauert zumeist zwischen vier bis acht Stunden. „Die Gilden haben klare Regeln, das ist ein unglaublicher Drill“, fand Hirte heraus. Einige der Spielegruppen haben regelrechte Personalabteilungen. Wer für ein Spiel nach 22 Uhr nicht online sein kann, besteht die Probezeit nicht, beschreibt Hirte die harten Voraussetzungen für die Aufnahme in die Online-Clans.

Von der Industrie werden die Ergebnisse der KFN-Studie bestritten. „Die Zahlen weichen erheblich von den Ergebnissen der JIM-Studie ab“, sagt Olaf Wolters, Geschäftsführer des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU). Für die Untersuchung „Jugendliche, Information und (Multi-)Media“ (JIM) werden seit 1998 Jugendliche befragt. Die Studie habe ergeben, dass den Jugendlichen Freunde und Musik weit wichtiger sein als Computer- und Videospiele, die erst an neunter Stelle genannt worden sein. Dennoch sei das Thema – Wolters möchte statt von Computerspielsucht lieber von exzessivem Spielverhalten reden – durchaus ernst und dürfe nicht bagatellisiert werden. Zugleich dürfe aber nicht übersehen werden, dass der Erfolg von „World of Warcraft“ nicht für alle Online-Rollenspiele gelte. „Wir wissen zudem nicht, wie sich das weiter entwickelt“, sagte Wolters. Die Forderung, die Altersfreigabe für WoW auf 18 Jahre hochzusetzen, ist nach Meinung des BIU-Geschäftsführers darum „völlig an den Haaren herbeigezogen“. Man könne den Spielen bei der Prüfung durch die USK nicht ansehen, ob sie möglicherweise zu einem exzessiven Spielverhalten führen.

Der übermäßige Spielekonsum ist derzeit vor allem ein Problem für Jungen. Aber auch bei Mädchen haben sich die Zeiten an Schultagen verdreifacht und am Wochenende verdoppelt, fanden die KFN-Forscher heraus. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false