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Google+ macht Facebook seit kurzem Konkurrenz.

© dapd

Privatsphäre in sozialen Netzwerken: Was Google+ von Facebook unterscheidet

Soziale Netzwerke und Privatsphäre schließen sich aus. Facebook und Google+ versuchen, dem Nutzer etwas Kontrolle über seine Daten zu geben. Ein Vergleich der Einstellungen.

Facebook und Google+ sind letztlich das Gleiche: Plattformen, gebaut um möglichst viel mit möglichst vielen zu teilen. Und auch beim Thema Privatsphäre unterscheiden sich die Erbauer der Dienste kaum in ihrer Haltung.

Das Zeitalter der Privatsphäre "ist vorbei", sagte Facebook-Chef Marc Zuckerberg. Und Eric Schmidt, (damals) Google-Chef, sagte: Wer nicht wolle, dass bestimmte Dinge über ihn bekannt werden, solle diese besser gar nicht erst tun.

Kontrollverlust ist Teil der Idee social network, was nicht heißt, dass das jedem klar ist und dass es jeder hinnehmen will. Daher versuchen Facebook und Google+ durchaus, Möglichkeiten der Kontrolle zu schaffen. Trotzdem gibt es erhebliche Unterschiede zwischen beiden, geht es um die Privatsphäre der Nutzer. Im Folgenden der Versuch eines Vergleichs:

Bei Facebook braucht es zwei Klicks, um in das entsprechende Menü zu gelangen: zuerst auf "Konto", dann auf "Privatsphäre-Einstellungen". Anschließend öffnet sich eine Seite mit vier grundsätzlichen Optionen, die lauten "auf Facebook vernetzen", "Inhalte auf Facebook teilen", "Anwendungen und Webseiten" und "Blockierlisten".

Jeder dieser Bereiche führt zu größeren Untermenüs und erinnert insgesamt an schlimme Windows-Zeiten. Denn um eine bestimmte Einstellung zu ändern, muss sich der Nutzer im Zweifel eine ganze Weile durch die Menüs hangeln, um den richtigen Punkt überhaupt erst einmal zu finden. Ist das geschafft, ist der grau hinterlegte Knopf am rechten Rand jeder Zeile der wichtige. Er definiert, wer die Information sehen und suchen kann.

Voreingestellt ist dabei immer "alle" – ein Fakt, der Facebook noch immer die lauteste Kritik einbringt. Möglich ist aber auch die Auswahl "nur Freunde" und "Freunde von Freunden". Außerdem gibt es noch "Benutzerdefiniert", was ein weiteres Untermenü öffnet. Erst in diesem dann ist die maximale Begrenzung einstellbar: "nur ich". Außerdem können dort auch einzelne Personen festgelegt werden, die diese Information sehen können. Insgesamt gibt es mehr als dreißig dieser grauen Einstell-Knöpfe.

Facebook nennt das "granulare Einstellungen" und argumentiert, sie seien einerseits so komplex wie eben auch das Leben, andererseits böten sie dem Nutzer sehr viel Kontrolle.

Lesen Sie auf Seite 2: Facebook muss Einstellungen erklären, Google+ nicht

Google sagt genau das Gleiche und nennt seine Einstellmöglichkeiten bei der Privatsphäre ebenfalls granular. Sie funktionieren allerdings etwas anders und ehrlich gesagt auch viel intuitiver.

Um bei Google zu den Einstellungen zu gelangen, braucht es insgesamt drei Klicks: zuerst auf den eigenen Namen, dann dort auf "Profil". Anschließend erscheint jedoch kein Menü, sondern die eigene Profilseite im auch nach außen sichtbaren Layout, mit allen Informationen, die auf ihr enthalten sein können. Wer dann auf den blauen Knopf "Profil bearbeiten" drückt, kann jede einzelne Information direkt "anfassen", verändern und sofort einstellen, wer sie sehen kann.

Angeboten werden dazu die Optionen "alle im Web", "erweiterte Kreise", "meine Kreise" und "nur für Sie". Das entspricht dann wieder den Begrenzungen bei Facebook. Genau wie der Punkt "Benutzerdefiniert" – der erzeugt auch bei Google+ ein weiteres Kästchen, in dem einzelne Personen oder einzelne Kreise angegeben werden können.

Der Vorteil: Wer gezielt eine Information ändern will, findet sie bei Google sofort, bei Facebook unter Umständen erst nach Wochen. Na gut, vielleicht nach einer halben Stunde, aber auch das ist viel zu viel und vor allem viel zu umständlich. So muss Facebook eine ziemlich lange Erklärseite für seine Privatsphäre-Optionen anbieten, bei Google gibt es eine solche nicht und es braucht sie auch nicht. Außerdem unterscheidet Google in den Voreinstellungen, private Informationen wie der Beziehungsstatus sind nicht von vornherein für alle sichtbar.

Um das Ganze noch etwas verwirrender zu machen: Auch Facebook bietet einen Knopf namens "Profil bearbeiten". Der führt dann wieder zu diversen Untermenüs, in denen das Bild oder eben der Beziehungsstatus geändert werden können. Im Unterschied zu Google+ lässt sich aber bei keiner der Informationen gleich mit angeben, wer sie anschließend sehen soll und wer nicht. Das geht nur über die "Privatsphäre-Einstellungen".

Beide Netzwerke bieten die Möglichkeit, das eigene Profil mit den Augen anderer zu sehen, also zu erfahren, welche der eigenen Angaben für jeden sichtbar ist. Die von Google+ findet sich mit auf der Seite, auf der die Profilinformationen eingestellt werden – in Form eines kleinen Suchfensters am oberen rechten Rand.

Angesehen werden kann das Profil mit den Augen aller, aber auch mit den Augen eines bestimmten Nutzers. In das Suchfeld kann ein beliebiger Name eingegeben werden, anschließend erscheint die entsprechende Ansicht.

Seite 3: Warum Google+ von Anfang an auf Differenzierung aufbaut

Facebook hat auch eine solche Funktion. Im Bereich "Profil bearbeiten" gibt es rechts oben einen Knopf "Profil anzeigen". Der zeigt jedoch lediglich die für alle sichtbare Ansicht, keine Differenzierung nach einzelnen Personen.

Die gibt es auch, aber sie ist woanders versteckt. Im Menü "Privatsphäre Einstellungen" -> "Inhalte teilen" gibt es den schon erwähnten Punkt "Benutzerdefiniert". In dem dazu gehörenden Menü steht ein Link namens "Benutzerdefinierte Einstellungen", der zu den oben erwähnten Listen mit den vielen grauen Knöpfen führt. Der oberste davon lautet "Vorschau für mein Profil". Wird diese aktiviert, lässt sich wie bei Google+ anzeigen, wie das Profil für einzelne Außenstehende aussieht.

Zum gleichen Menüpunkt gelangt, wer dem Pfad folgt: "Privatsphäre Einstellungen" -> "auf Facebook vernetzen" und wer dann auf den dort noch einmal präsentierten Knopf "Profil anzeigen" drückt. Die folgende Maske enthält wiederum das Suchfeld, um aus der Sicht eines beliebigen Anderen die Seite zu betrachten. Drei Wege also für eine Funktion, die noch dazu jedes Mal anders benannt ist.

Es sind diese Einzelheiten, an denen sich zeigt, dass Facebook ursprünglich nicht vorsah, gezielte Kontrolle zuzulassen, Kontakte zu differenzieren und diese Möglichkeit erst nachträglich schuf. Google+ ist von Anfang an auf Differenzierung aufgebaut und fragt bei jedem neuen Kontakt mit einem praktischen Mouse-over-Menü, wohin er sortiert werden soll, ob er "Freund", "Bekannter" oder irgendetwas anderes ist. Das System heißt "Circles" und erlaubt – wie im Leben – eine sehr genaue Sortierung der sozialen Beziehungen.

Dabei sind die "Kreise" nicht nur eine Sortiermaschine, sondern das grundsätzliche Ordnungsprinzip des gesamten Netzwerks. Bei jeder Einstellung, jeder Nachricht und jedem Post kann und soll sofort mit angegeben werden, wer sie sehen darf. Teilen ja, aber nicht alles mit allen.

Facebook tickt anders. Dort wird nicht bei jeder Mitteilung gefragt, für wen sie ist. Zwar gibt es auch die Möglichkeit zu entscheiden, ob nur "Freunde", "alle" oder wieder "Benutzerdefiniert" einen Post sehen sollen (über das Schloss-Symbol links neben dem "Teilen"-Knopf). Doch gilt eine dort gemachte Einstellung auch für alle folgenden Posts.

Die Sortierung in unterschiedliche Sphären hat Facebook erst spät eingeführt und erst nach Protesten der Nutzer. Listen heißen sie dort. Erreichbar sind sie gewohnt umständlich über "Profil" -> "Freunde" -> "Freunde bearbeiten". Dort können dann Listen erstellt und Freunde in sie einsortiert werden.

Darüber hinaus gibt es noch "Gruppen", eine Funktion, die Google+ nicht kennt. Denn Gruppen sind Listen, die nach außen sichtbar sind. Jeder kann eine Gruppe gründen und andere zur Mitgliedschaft einladen. Der Eingeladene erhält darüber eine Mitteilung – im Gegensatz zu den Listen, deren Existenz und Zusammensetzung nur der Ersteller kennt.

Interessanterweise war das ursprüngliche Facebook so gebaut wie Google+: Informationen waren in der Anfangszeit erst einmal verschlossen und mussten explizit mit anderen geteilt werden. Erst 2009 wurde das System umgestellt. Seitdem ist bei allen, die älter als 18 sind, jede neue Funktion von vornherein auf "öffentlich" eingestellt und die Nutzer müssen ihre Daten nachträglich einsperren, wenn sie das wollen. Zuckerberg selbst erklärte die Umstellung im Januar 2010 mit einer Änderung der gesellschaftlichen Norm. Und er sagte: Teilen sei gut, es mache die Welt offener und eine offenere Welt sei eine bessere Welt. Zuckerberg sagte damals, wenn er Facebook noch einmal bauen würde, würde er es gleich auf "öffentlich" stellen. Im Prinzip ist auch bei Google+ fast alles erst einmal offen. Allerdings weist das Netzwerk bei jeder Änderung den Weg, um diesen Fakt zu ändern. Geht es um Transparenz, Kontrolle und Bedienbarkeit der Privatsphäre, ist Google+ daher der klare Sieger.

Quelle: zeit.de

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