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Personensuchmaschine

© Tsp

Sammelwut: Was das Internet über mich weiß

Personensuchmaschinen wie Yasni oder 123people bleibt wenig verborgen. Nicht alles muss man dulden.

Treffender konnte man es nicht sagen: Die durch elektronische Medien ermöglichte Sammelwut hinterlässt „ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetsein“, hatte das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung gegen die bisherige Form der Datenvorratsspeicherung unter anderem begründet. Die Karlsruher Richter, die sonst eher rational denn gefühlsbetont argumentieren, hätten genauso gut „Big Brother is watching you“ aus George Orwells „1984“ zitieren können.

Die Verfassungsrichter hatten sich in ihrer Entscheidung von Dienstag mit dem staatlich verordneten Sammeln von Verbindungsdaten beschäftigen müssen. Wenn Hans-Jürgen Papier, der Präsident des höchsten deutschen Gerichts, einen Blick auf die Ergebnisse der Personensuchmaschine Yasni.de zu seinem Namen werfen würde, könnte ihn ein ähnlich diffus bedrohliches Gefühl umschleichen. „Wir finden Menschen gut“, wirbt das Unternehmen aus Frankfurt/Main. Nach eigener Auskunft wird die Seite pro Monat 30 Millionen Mal aufgerufen, um „z. B. ,Angela Merkel‘ oder ,Bauingenieur München‘“ zu finden. Und die Werbung übertreibt nicht. Gefunden werden: Treffer bei Google, Bing & Co., aktuelle Nachrichten zum Namen, eine Begriffswolke, in der einzelne Begriffe nach Häufigkeit hervorgehoben werden. Dazu E-Mail-Adressen, Telefonnummern, Adressen, Branchen- und Firmeneinträge. Neben dem reinen Faktenwissen listet die Suchmaschine private Informationen wie Social-Media-Profile unter anderem über die schulische und berufliche Laufbahn, mögliche Kontakte zu anderen Internetnutzern oder den öffentlichen Teil der Amazon-Wunschliste auf. Und das ist nur ein Teil des Spektrums.

Rechtlich orientiert sich das Unternehmen an der Auffassung, dass „die reine Suche nach Personennamen in allgemein zugänglichen Quellen und deren Darstellung als Suchergebnisse in einem Browser des Nutzers nach dem deutschen Datenschutzrecht grundsätzlich zulässig“ ist, wie es Stephan Hansen-Oest, Fachanwalt für Informationstechnologierecht aus Flensburg formuliert hat. Nach dessen Dafürhalten wäre es rechtlich nur unzulässig, Profile zu einer Person automatisiert und ohne Kenntnis der Person zu bilden und dauerhaft zu speichern. „Insbesondere würde dies gelten, wenn die betroffene Person nicht darüber benachrichtigt wird.“ Diese Klippe wird elegant umschifft, Webprofile können nur zur eigenen Person erstellt werden.

Nach dem gleichen Muster arbeitet auch 123people.de, die mit dem Slogan „Finde jeden, den du (noch nicht) kennst“ wirbt. Zu den neuesten Angeboten gehört, dass man sich darüber informieren lässt, woher und wie oft nach einem bestimmten Namen gesucht wurde.

Die Einträge zu Hans-Jürgen Papier zeigen dabei, dass der scheidende Gerichtspräsident zwar durch sein Amt Beachtung im Internet gefunden hat, jedoch nicht selbst in den Weblogs, Social Networks oder den Gästebüchern des World Wide Webs aktiv wurde. Dies mag für viele sicherlich der beste Schutz vor peinlichen oder rufschädigenden Einträgen sein. Für die Mehrheit junger und jüngerer Menschen ist das weder möglich noch wünschenswert. Eine Biografie ohne Niederschlag im Internet, sei es im Karrierenetzwerk Xing, beim Schulfreundenetz Stayfriends oder bei MySpace, Facebook oder MeinVZ wird immer mehr zu Ausnahme. Um so wichtiger ist es nicht nur bei Bewerbungen, dass auch im Internet der eigene Ruf verteidigt wird.

Tatsächlich muss man keinesfalls alles hinnehmen, was über einen im Internet steht und über die Personensuchmaschinen ausgegeben wird, sagt Michael Terhaag. Der Düsseldorfer Fachanwalt für Online-Recht, der im Tagesspiegel regelmäßig als Experte Leserfragen zu diesem Thema beantwortet, unterscheidet zwischen zwei Arten von Informationen. Bei den Einträgen, die von den Nutzern selbst hinterlassen werden, kann das Löschen nicht ohne Weiteres durchgesetzt werden. Das gilt nach jüngster Rechtsprechung auch für Bilder, die man selbst ins Internet gestellt hat. Anders verhält es sich bei Einträgen von Dritten. Dort haftet Terhaag zufolge neben dem Urheber selbst auch die Personensuchmaschine. „Juristisch wird von einer Mitstörerhaftung gesprochen“, sagt Anwalt Terhaag. Weist man zum Beispiel Yasni oder 123people darauf hin, dass das Suchergebnis zur eigenen Person eine Beleidigung enthält, muss das Unternehmen dafür sorgen, dass diese künftig nicht mehr erscheint. „Die Haftung gilt nicht automatisch, sondern erst, nachdem die Webseite davon in Kenntnis gesetzt wurde“, so Terhaag. „Dann muss in vertretbaren Grenzen alles unternommen werden, um zum Beispiel die Beleidigung nicht weiter zu verbreiten. Technisch kann dies unter anderem über eine Blacklist passieren“, sagt der Anwalt.

Um sich gegen Beleidigungen und Verleumdungen zu schützen oder um Informationen zur Privat- oder Intimsphäre aus dem Netz zu bekommen, hat man die größten Aussichten auf Erfolg, wenn sowohl der Betreiber der Ursprungsseite als auch die Personensuchmaschinen angeschrieben werden. Besonders einfach ist der Anspruch auf Unterlassung durchzusetzen, wenn innerhalb von vier Wochen, nachdem einem die Einträge bekannt wurden, dagegen vorgeht. „Auch danach hat man Aussichten, dann jedoch nur über aufwendige und mitunter teure Unterlassungsklagen“, weiß der Anwalt. Es kommt jedoch immer darauf an, wann man von einem Eintrag erfahren hat. „Niemand wird dazu gezwungen, das Netz von sich aus zu kontrollieren“, sagt Terhaag. Zumindest in der Theorie: Wer sich auf die Suche nach einer neuen Stelle begibt, sollte zuvor im Internet nachsehen, welchen Eindruck er im Web hinterlässt.

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