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Soziales Netzwerk: Facebook ändert Deine Privatsphäre

Die neuen Einstellungen bei Facebook böten mehr Schutz, sagt das Unternehmen. Kritiker aber finden, das Netzwerk wolle sich vor allem für Werbepartner aufhübschen - und schubse die Mitglieder dabei geradezu in die Öffentlichkeit.

Nach Aussagen der Betreiber nutzen inzwischen 350 Millionen Menschen weltweit das Netzwerk Facebook. Insofern ist es durchaus von Bedeutung, wenn dort die Möglichkeiten verändert werden, mit denen sich Informationen mit der Welt teilen lassen oder die Privatsphäre geschützt werden kann. So geschehen am Mittwoch.

Nutzer können beim Einloggen seitdem lesen: "Wir haben die 'Privatsphäre'-Seite vereinfacht und dir die Möglichkeit gegeben, die Privatsphäre für alle von dir geteilten Inhalte einzeln festzulegen – von Statusmeldungen bis hin zu Fotos. Gleichzeitig helfen wir allen Personen dabei, sich gegenseitig zu finden und miteinander zu verbinden, indem wir einige Informationen - wie deinen Namen und dein Profilbild – öffentlich sichtbar machen."

Das klingt erst einmal total nett, doch ist das nun gut oder schlecht? Stefan Menden, Blogger und Gründer eines eigenen sozialen Netzwerks, findet das prinzipiell gut. Tenor: Die neuen Einstellungen sind einfacher, die Inhalte werden, da Google und andere alles speichern, was sie finden, archivierbar und Facebook passt sich letztlich nur einem Trend an. Immerhin seien Botschaften bei Twitter oder YouTube auch öffentlich.

Doch gibt es auch sehr viel kritischere Stimmen. Beispielsweise die der Electronic Frontier Foundation (EFF), einer amerikanischen Datenschutzorganisation. Die findet, dass die neuen Einstellungen "ernsthafte Probleme für die Privatsphäre" mit sich bringen können.

Die EFF lobt, dass es nun möglich ist, für einzelne Bilder oder Informationen festzulegen, wer sie sehen soll und wer nicht. Und es sei großartig, dass aufgrund der Änderungen jeder Nutzer nun gezwungen sei, sich mit den Einstellungen zur Privatsphäre zu befassen. Was möglicherweise aber Wunschdenken ist, wird es doch sicher einige Nutzer geben, die das Fenster mit der "Ankündigung zur Privatsphäre" einfach wegklicken und schließen.

Was ein Fehler ist. Denn als "nicht empfehlenswert" stuft die EFF vor allem die neuen Standardeinstellungen ein, also die, die vorgegeben sind, wenn man nichts an ihnen ändert. Damit nämlich werden alle Statusmeldungen, alle hochgeladenen Bilder und Kommentare für jeden sichtbar. Bislang blieb ein großer Teil der Profilinformationen standardmäßig verborgen. Was dazu führte, dass viele Profile auch verborgen bleiben.

Zu Facebooks Leidwesen. Denn je mehr "Content" eine Seite ins Internet bläst, desto wichtiger wird sie von Suchmaschinen wie Google oder Bing genommen. Das Microbloggingnetz Twitter pustet nahezu jeden Inhalt in die Öffentlichkeit und ist damit für Facebook durchaus zur Konkurrenz geworden. Noch dazu, da die "Livesuche" immer wichtiger wird. Sie berücksichtigt, welche Begriffe gerade von vielen Menschen gesucht und beschrieben werden, und das verschafft Twitter Vorteile.

Mit einem Mehr an Privatsphäre also sollte man wohl nicht rechnen. Facebook schubse die Leute in die Öffentlichkeit, schreibt daher auch ReadWriteWeb. Es gehe bei der Änderung nicht um die Nutzer und ihre Privatheit, heißt es in dem Blog. Es gehe darum, die Zugriffszahlen zu erhöhen (und damit den Wert der Seite für Werbung) und die Aktivität sichtbarer zu machen (und damit den Wert ...).

Übereinstimmend meinen die Kritiker, wer jetzt erst zu Facebook kommt und nichts ändert, ist weitaus schlechter dran, als jene, die vor der Neuordnung einen Account anlegten. Was genau die einzelnen Einstellungen bewirken und welche angebracht sind, wenn man nicht zu offen sein möchte, hat die American Civil Liberties Union aufgeschrieben.

Und im Zweifel gilt, was der Blogger Simon Columbus bei Twitter schrieb: "privacy is a social issue, not a technical one. facebook's privacy options are only bad because people are not aware of the issue." Übertragen ungefähr: Wer sich nicht mit den Einstellungen beschäftigt und sich keine Gedanken über seine Privatsphäre macht, ist selbst schuld, wenn alles über ihn im Netz zu finden ist.

Quelle: ZEIT ONLINE

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