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Mahnt alle ab: An Filmen mit "Cindy Dollar" will die Schweizer Firma The Archive Rechte besitzen

© Tsp

Streit um Redtube: Geld machen mit Cindy

Ein Rechteinhaber ohne Rechte? In den Streit um die Redtube-Abmahnungen der Schweizer Firma The Archive kommt Bewegung - denn die Filme, für die sie Geld kassiert, gehören einer US-Porno-Produktion. Nun stellt sich die Frage, ob die von der Abmahnwelle weiß.

Das Geheimnis von „Amanda’s Secret“ ist, dass es sich eigentlich um einen anderen Film handelt. Der Pornostreifen war auf dem Streamingportal Redtube verfügbar – und ist mit anderen Filmen Gegenstand einer riesigen Abmahnwelle, die in Deutschland mehrere zehntausend Nutzer betrifft. Doch das „Amanda’s Secret“ eigentlich nicht „Amanda’s Secret“ ist, könnte für viele Betroffene im Streit um das Streamen von Pornofilmen nun wichtig werden.

Ein Rückblick: Anfang Dezember schickten die Regensburger Rechtsanwälte Urmann und Collegen (U+C) Abmahnungen im Auftrag der Schweizer Firma The Archive AG heraus: 250 Euro sollte zahlen, wer auf Redtube einen jener Pornos sah, an dem The Archive die Rechte besitzt. Bis zu 50 000 Abmahnbriefe wurden verschickt. Die IP-Adressen der Betroffenen ermittelte U+C mit der IP-Software GladII von itGuards, das Kölner Landgericht gab sein Okay und die IP-Adressen der Nutzer heraus.

Als auf die Abmahnwelle eine Medien- wie Empörungswelle zurückschwappte, kamen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der IP-Ermittlung auf. Offenbar stecken hinter der IT-Firma itGuards und dem Kläger The Archive die gleichen Personen – zumindest laufen deren Webadressen über den gleichen Server. Das Landgericht Köln hat bereits teilweise signalisiert, seine Beschlüsse nochmals zu überdenken. Zudem ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Köln, um zu klären, ob eine falsche eidesstattliche Versicherung vor dem Kölner Landgericht abgegeben wurde.

Nicht das US-Original: Die abgemahnten Filme wurden unter neuem Titel auf den Markt geworfen

Kurz vor Weihnachten schalteten sich auch die Betreiber der Pornoseite Redtube in den Streit ein und reichten eine einstweilige Verfügung gegen The Archive beim Landgericht Hamburg ein. Wirksam wird diese jedoch erst, wenn sie an das Schweizer Unternehmen zugestellt wurde. Unabhängig von der Verfügung kam Ende Dezember heraus, dass The Archive gar nicht kompletter Rechteinhaber jener Filme ist, auf denen die Abmahnungen fußen.

Alles echt. Ein Zuschauer filmt einen Pornostar. Da sind die Filmrechte klar. Foto: dpa
Alles echt. Ein Zuschauer filmt einen Pornostar. Da sind die Filmrechte klar. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Und da verschwimmt die Beweislage: Die Schweizer Firma behauptet, die Onlinerechte der Filme einer deutschen Gruppe abgekauft zu haben, die wiederum die Rechte von der spanischen Firma Serrato Consultors hat. Zum Beweis legt The Archive DVD-Cover vor, auf denen das Serrato-Logo neben den Filmszenen abgedruckt ist. Doch im Original sind die Filmchen Ausschnitte aus anderen Pornos, die der US-Firma The Combat Zone gehören. In den Filmen treten US-Pornostars wie Cindy Dollar auf. Die Titel der Schweizer Firma The Archive hingegen lauten anders und geben auch den Darstellern andere Namen. „Die Filme wurden einfach umgetütet“, sagt Ehssan Khazaeli von der Berliner Kanzlei Werdermann / von Rüden.

Die Kanzlei hat über 1500 Mandanten im Zuge der Abmahnwelle beraten und meint, nun eine Lücke in der Rechtekette von The Archive aufgetan zu haben. „Es fehlen Dokumente, in denen The Combat Zone der spanischen Firma Verbreitungsrechte einräumt“, sagt Khazaeli, „vielleicht weiß die US-Firma gar nicht, was mit ihren Titeln hier derzeit passiert.“ Sollte die Verwertungskette zusammenbrechen, werden sämtliche Abmahnungen ungültig. Für die abgemahnten Nutzer, die bereits die geforderten 250 Euro gezahlt haben, bedeutet das aber nicht automatisch, dass sie ihr Geld zurückbekommen. Die Kanzlei U+C könnte sie direkt an ihren Mandanten The Archive verweisen. Und dort sind die Erfolgsaussichten, Geld einzuklagen, gering: Die Firma hat im vergangenen Jahr keinerlei Umsätze ausgewiesen.

Interessant bleibt der Poker um die Stream-Abmahnungen auch für die Zukunft. Schon jetzt ahmen Trittbrettfahrer mit gefälschten E-Mails die Abmahnbriefe von U+C nach, um Ahnungslose in eine Falle zu locken. Doch auch andere Kanzleien können mit der Masche viel Geld machen. „Was mit Redtube geschehen ist, war nur ein Testballon“, sagt Khazaeli. In Zukunft könne das auch mit illegalen Filmportalen wie kinox.to oder movie4k passieren – und dort ist der Rechtsbruch eindeutig. Alles, was eine Kanzlei braucht, ist eine funktionierende Software zum Abfischen der IP-Adressen. Die Software der Kanzlei U+C hat bereits gute Dienste geleistet.

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