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Das Linux-Maskotchen heißt Tux. Das alternative Betriebssystem ist auch für ältere Computer geeignet. Und anders als bei Windows XP, das von Microsoft nicht mehr mit Updates versorgt wird, muss man keine Angst vor Cyber-Attacken haben. Foto: pa/dpa

© picture alliance / dpa Themendie

Ubuntu-Linux statt Windows XP: Runderneuerung für den PC

Linux macht aus einem Trecker zwar kein Rennauto, aber viele ältere Windows-XP-Computer kann es vor der Entsorgung retten. Ein Test mit Ubuntu und Linux Mint.

Die Ankündigung dieses Sonderheftes liest sich vielversprechend: „Wer immer noch mit Windows XP arbeitet, gefährdet sich und andere. Höchste Zeit also umzusteigen – auf Linux. Denn das Open-Source-Betriebssystem läuft auch auf älterer Hardware performant, kommt mit einem grafischen und einfach zu bedienenden Installer und bietet keine Angriffsfläche für Schadsoftware.“ Aber reichen 6,90 Euro für das „c't“-Special „Umstieg auf Linux 2015“, um einen alten XP-Computer wieder in ein nutzbringendes Stück Hardware zu verwandeln? Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht.

Bei dem Sonderheft des renommierten Computermagazins „c't“ handelt es sich um eine aktualisierte Neuauflage. Die erste Auflage brachte der Heise-Verlag heraus, als Microsoft die Unterstützung für Windows XP einstellte. Der Anteil der aktiven XP-Computer ist seither zwar deutlich gesunken, beträgt aber immer noch um die zehn Prozent. Weil Microsoft keine Sicherheitsupdates mehr bereitstellt, sind diese PCs tickende Zeitbomben. Cybergangster könnten Sicherheitslücken ausnutzen, um sich Zugang zu sensiblen Daten zu verschaffen, mit Keyloggern Passwörter auszuspähen oder um die XP-Computer zum Verschicken von Spam oder Schadsoftware zu missbrauchen. Außer als bessere Schreibmaschinen ohne Internetzugang sollten XP-Computer darum nicht mehr verwendet werden. Sie nun durch Linux wieder fit und vor allem sicher zu bekommen, ist also eine durchaus interessante Aufgabe. Und diese ist damit noch nicht erschöpft, denn auch die PCs, die einst mit Windows Vista gekauft wurden, aber mit Windows 7 nicht wirklich rund laufen, können von einer Auffrischungskur nur profitieren.

Zum 74-seitigem Heft gehört eine DVD mit der Linux-Distribution Ubuntu 14.04.2 LTS. Die drei Buchstaben am Ende stehen für Long Time Support. Alle zwei Jahre kommt eine LTS-Version von Ubuntu heraus, die besonders lange mit Sicherheitsupdates versorgt wird. Zusätzlich zum reinen Betriebssystem enthält die DVD eine Vielzahl nützlicher Programme aus den Bereichen Office, Grafik, Multimedia, Zubehör sowie einige Spiele. Linux ist aber auch sonst genauso Massenmarkt-kompatibel wie Windows oder MacOS. Die Installation erfordert keine besonderen Computerkenntnisse und auch die Ersteinrichtung ist kein Hexenwerk. Die Zeiten, in denen komplizierte Befehlskolonnen eingetippt werden mussten, um Linux nutzen zu können, sind lange vorbei. Ein Ubuntu-Linux lässt sich ausschließlich mit der Maus bedienen. Es sei denn, man ist erst einmal auf den Geschmack gekommen und möchte tiefer in die Materie eintauchen.

Den ersten Wiederbelebungsversuch haben wir mit einem PC gemacht, der von einem Intel Pentium-4-Prozessor mit HT-Technologie und drei Gigahertz Taktfrequenz angetrieben wurde. Diesen Chip hatte Intel im Jahr 2002 auf den Markt gebracht. Als Arbeitsspeicher stand ein Gigabyte RAM zur Verfügung, die lüfterlose Grafikkarte stammt von Nvidia. Ubuntu wurde parallel zu Windows XP installiert. Dazu musste nur die entsprechende Option während des Installationsprozesses aktiviert werden. Dabei wird ein Teil des Festplattenplatzes für Linux abgezwackt.

Nach einer Dreiviertelstunde läuft das Ubuntu-Linux inklusive Updates

Die Installation von Ubuntu-Linux benötigt rund eine halbe Stunde, das Laden von Updates erfordert weitere 15 Minuten. Die wichtigsten Programme wie der Firefox-Browser sowie die Libre-Office-Programme für Texte, Tabellen und Präsentationen befinden sich bereits links in der Startleiste. Anfangs fror in unserem Test Firefox häufiger aus nicht nachvollziehbaren Gründen ein. Eine kurze Recherche im Internet ergab, dass dieses Problem durch einen Wechsel des Grafikkartentreibers behoben werden kann, was auch funktionierte. Aus dem antiken Käfer mit den defekten Bremsen wird durch die Ubuntu-Installation zwar kein Rennwagen. Für das Schreiben von Dokumenten oder Mails oder das sonstige Surfen im Internet ist der 13 Jahre alte PC dank Linux aber nun wieder in der Lage, und zwar anders als bei Windows XP ohne Abstriche bei der Sicherheit. Bei einigen überbeladenen Internetseiten wird für den Seitenaufbau etwas mehr Geduld benötigt. YouTube-Videos oder öffentlich-rechtliche TV-Sendungen über das Programm Mediathekview laufen sogar im Vollbild ruckelfrei.

Um eine Linux-Distribution zu installieren, reicht es vom Prinzip her aus, aus dem Internet eine ISO-Datei der aktuellen Distributionen zu laden und für die Installation auf DVD zu brennen. Dennoch lohnt sich der Kauf des „c't“-Heftes. Es bietet gerade für Linux-Einsteiger den großen Vorteil, dass hier Schritt für Schritt die Installation und Ersteinrichtung erklärt wird. Vor allem die Tipps zur Vorbereitung können spätere Frustmomente oder den kompletten Verlust der Daten (bei der falschen Installationsmethode) verhindern. Zudem beantwortet das Heft viele weitere Fragen rund um die Betriebssystemalternative und erklärt den Umgang mit Linux-spezifischen Programmen jenseits von Firefox, Chrome (heißt hier Chromium), Thunderbird, Libre Office, VLC, Picasa.

Nachdem die Installation auf dem Desktop-PC so gut funktioniert hat, wurde als Nächstes ein altes Compaq-Notebook aus der Pressario-Reihe um eine Linux-Variante ergänzt, in diesem Fall zusätzlich zu Windows 7. Zum Einsatz kam die aktuelle Version von Linux Mint 17.1 „Rebecca“. Die verwendete Hauptversion basiert ebenfalls auf Ubuntu, ist aber im Gegensatz dazu offener für Dritthersteller-Software. Zudem erinnert Linux Mint stärker an Windows. Während sich bei Ubuntu mit dem Unity-Desktop die Startleiste auf der linken Seite befindet, sitzt sie bei Linux Mint wie gewohnt unten am Bildschirm. Auch die Elemente zum Verkleinern, Vergrößern und Schließen von Programmen haben bei Mint mehr Ähnlichkeit mit Windows als bei Ubuntu. Doch im Wesentlichen ist die Entscheidung zwischen Ubuntu und Linux Mint Geschmackssache, an der grundsätzlichen Funktionalität ändert sich hingegen nicht allzu viel.

Linux Mint ähnelt Windows noch stärker als Ubuntu

Das Compaq-Notebook arbeitet jedenfalls mit Linux Mint deutlich flüssiger als mit Windows 7. Vorher war der Computer ständig mit sich selbst beschäftigt, irgendein Hintergrundprozess beanspruchte dauernd die Prozessorleistung oder griff auf die Festplatte zu. Linux ist in diesen Punkten wesentlich weniger anspruchsvoll. Der Lüfter springt viel seltener an, auch die Dauerzugriffe auf die Festplatte sind nun Geschichte. Das macht nicht nur das Arbeiten angenehmer, auch die Akku-Laufzeit verlängert sich. Abstriche beim Nutzerkomfort sind mit dem Umstieg zudem nicht verbunden. Die Sondertasten zur Notebook-Konfiguration (Helligkeit, Schlafmodi, externe Monitore) werden weiterhin unterstützt, auch die W-Lan-Karte funktioniert anstandslos.

Fazit: Die 6,90 Euro für das „c't“-Heft „Umstieg auf Linux 2015“ haben sich bezahlt gemacht. Der Alt-Computer von 2002, der ansonsten nur noch für die Entsorgung getaugt hätte, kann nun weiter verwendet werden. Das Compaq-Notebook, das wegen schlechter Performance zuletzt kaum noch genutzt wurde, bekommt ebenfalls eine neue Chance. Nach diesen positiven Ergebnissen wurde Linux Mint abschließend auch noch auf einem dritten, an sich schon sehr leistungsfähigen Mobil-Computer (Dell Latitude E4300) installiert, wiederum im Parallelbetrieb, dieses Mal zu Windows 8.1. Denn ganz ohne Windows geht es offenbar nicht. So lassen sich bei einigen Streamingdiensten Filme und Serien nur am Computer anschauen, wenn eine spezielle Windows-Zusatztechnik vorhanden ist. Doch zumindest auf dem Alt-PC kann man darauf vermutlich verzichten.

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