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Medien & KI: Vorsicht, Abzocker!

Viele Kostenlos-Webseiten sind alles andere als umsonst. Doch was tun, wenn die Rechnung eintrifft?

Sie wollen sich im Internet über die Führerscheinprüfung informieren? Oder surfen Sie gerne zu Internet-Quizseiten? Dann sollten Sie dabei genauso aufpassen wie bei einigen Sites zur Ahnenforschung oder bei Angeboten, die die Lebenserwartung oder Intelligenz der Nutzer abschätzen. Sicher gibt es zu diesen Themen seriöse Seiten. Sicher ist jedoch auch, dass auf einigen Seiten vor allem versucht wird, die Nutzer um möglichst hohe Beträge zu erleichtern. Die Kriminalstatistik belegt diesen Trend: Während die Zahl der Delikte im letzten Jahr insgesamt zurückging, fühlten sich Abzocker und Betrüger im Internet offensichtlich pudelwohl (siehe Kasten).

DIE RECHNUNG KAM PER POST

Wie schnell sich eine vermeintliche Kostenlos-Seite als kostenpflichtiges Angebot entpuppt, erfuhr ein Leser des Tagesspiegels. Plötzlich lag eine Rechnung im Briefkasten, obwohl er wissentlich nie einen Vertrag abgeschlossen hatte. „Gemäß Ihrer Anmeldung bei Lebenscheck berechnen wir Ihnen den Betrag von 99,00 Euro“, zahlbar innerhalb von sieben Tagen, hieß es in dem Brief. Abgeschickt wurde er im schweizerischen Zürich, wo sich das europäische Service-Center des Lebenscheck-Teams befinden soll, der Sitz des Unternehmens selbst wird mit „Dubai – United Arab Emirates“ angegeben. Ärgerlich: „Selbst wenn es sich um ein Abzockangebot handelt, können sich die Anbieter juristisch im grünen Bereich befinden“, sagt Michael Terhaag, auf Online-Recht spezialisierter Anwalt aus Düsseldorf.

VERSTECKTE ZAHLUNGSPFLICHT

Die Anbieter der Abzockseiten stellen sich ständig auf Veränderungen der juristischen Lage ein – vor allem, wenn es darum geht, die Zahlungsverpflichtung so zu verschleiern, dass es gerade noch zulässig ist. In vielen Fällen muss man erst den Link zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) öffnen, um den Euro-Hinweis sehen zu können. Befindet sich der Hinweis tatsächlich direkt auf der Homepage, dann doch häufig an versteckter Stelle. „Aber auch dann, wenn der Hinweis in der Standardgröße vieler Browser nicht zu erkennen ist, hilft das im Zweifel wenig. Als Nutzer ist man verpflichtet, einen Vertrag vollständig durchzulesen“, warnt Anwalt Terhaag.

DIE GRENZEN DES ERLAUBTEN

Doch es gibt Ausnahmen: Das hat zumindest das Amtsgericht München im Januar 2007 entschieden. „Versteckt sich die Zahlungspflicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, kann diese Klausel ungewöhnlich und überraschend und damit unwirksam sein, wenn nach dem Erscheinungsbild der Website mit einer kostenpflichtigen Leistung nicht gerechnet werden musste“, urteilte das Gericht (AZ: Aktenzeichen: 161 C 23695/06). Wer sich durch eine Webseite, die von ihrem ganzen Erscheinungsbild als Kostenlos-Angebot daherkommt, getäuscht fühlt, sollte sich daher nicht von der ersten Rechnung oder der Drohung mit einem Inkasso-Unternehmen Bange machen lassen, rät der Online-Anwalt. Genau das soll schließlich erreicht werden.

WIE VERHÄLT MAN SICH RICHTIG?

Eine Rechnung einfach zu ignorieren, bringt nichts, sagt Anwalt Terhaag. Besser ist es, die Vertragserklärung mit einem Einschreiben mit Rückschein zu widerrufen und einen daraus resultierenden Vertrag anzufechten. Um weiteren Forderungen vorzubeugen, sollte zudem hilfsweise die außerordentliche Kündigung eines etwaigen Vertrages beziehungsweise die Kündigung zum nächstmöglichen Termin erklärt werden. Es sei dabei nicht nötig, die entsprechenden Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aufzuführen. „Erwarten Sie jedoch nicht, dass die Firmen danach sofort Ruhe geben“, sagt Terhaag. Mit zwei oder drei weiteren Schreiben sei zu rechnen. „Auf die sollte man dann aber nicht reagieren“, sagt Terhaag, „es sei denn, es handelt sich um einen Mahnbescheid eines Gerichts“. Wird dieser gültig, weil man Fristen verstreichen lässt, kann es zum Vollstreckungsbescheid und zum Besuch durch einen Gerichtsvollzieher kommen. Ist der Streit erst einmal in diesem Stadium, sollte man sich unbedingt von einem Anwalt beraten lassen. Für Kinder gelten wegen ihrer eingeschränkten Vertragsfähigkeit übrigens Ausnahmeregelungen. So ist im sogenannten Taschengeldparagrafen festgelegt, dass Minderjährige zwar Geschäfte in kleinerem Maße abschließen können, für Verträge im größeren Umfang jedoch die Zustimmung der Eltern nötig ist. Je nach Höhe der Rechnung kann es in jedem Fall sinnvoll sein, sich zusätzlich durch die zuständige Verbraucherzentrale beraten zu lassen. Die besonders aktiven schwarzen Schafe sind dort häufig bekannt, was rechtliche Schritte erleichtert. Wenn es sich offensichtlich um Betrug handelt, empfiehlt Rechtsanwalt Terhaag zudem, sich an die Polizei zu wenden.

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