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Diskussion: Der Wenigkönner

Bundespräsident? Welche Partei sollte ihn denn nominieren? Moderator Günther Jauch übt sich beim 31. Mediengipfel in seiner Heimatstadt Potsdam wieder mal in Bescheidenheit.

„Liebe Thea, lieber Günther“, wenn Deutschlands Fernsehmoderator Nummer Eins im Potsdamer Hans-Otto-Theater auftritt, hat er schon mal ein Heimspiel. Vor knapp zehn Jahren hat der um die Ecke wohnende Potsdamer der Hauptstadt Brandenburgs das Fortuna-Tor geschenkt. Dann noch die warmen Worte, mit denen Günther Jauch am Dienstagabend als Gast des 31. Mediengipfels von Bernd Schiphorst, Vorstandsvorsitzender von media.net berlinbrandenburg, vorgestellt wurde: als „Polittalker, Quotengarant, Erfolgsproduzent“, als „der Alleskönner“, so der Titel der Veranstaltung. Fehlte am Ende der einstündigen Plauderei mit Moderatorin Astrid Frohloff nur noch die Wahl des 55-Jährigen zum nächsten Bundespräsidentenkandidaten – man hätte sie als Zuhörer glatt unterschrieben.

Doch mal sachte, sagte Jauch, der seine Frau Thea im Publikum mitgebracht hatte. Der Alleskönner? „Als meine Tochter diese große Überschrift hier im Theater gesehen hatte, sagte sie, das bist du doch gar nicht, Papa.“ Überhaupt, er habe zwei linke Hände, es gebe deutlich mehr Dinge, die er nicht könne. Typisch Jauch, bodenständig halt, aber das ist natürlich alles maßlos untertrieben. Deutsche Journalistenschule, erste Jahre beim Bayerischen Rundfunk, Moderation des ZDF-„Sportstudios“, über 20 Jahre erfolgreich im Privatfernsehen, unter anderem mit dem Quotenhit „Wer wird Millionär?“, dann der lukrative Wechsel zur ARD, wo Jauch am Sonntagabend Deutschlands erfolgreichste Talkshow moderiert. Mehr, als Günther Jauch im deutschen Fernsehgeschäft erreicht hat, geht kaum, und es ist auch nicht zu vermuten, dass Jauch allzu bald das Schicksal seiner Kollegen und Wegbegleiter Thomas Gottschalk und Harald Schmidt teilen wird – einen Karriereknick.

„Kontraste“-Moderatorin Astrid Frohloff versuchte, hinter das Erfolgsgeheimnis des Produzenten, Moderators und vierfachen Vaters zu kommen. Bundespräsident? Welche Partei sollte ihn denn nominieren, fragt Jauch zurück. „Die Popularitätsumfragen schmeicheln, aber sie nerven auch.“ Neulich wäre Jauch zum intelligentesten Deutschen gewählt worden. Na und?, sagte Jauch. „Der Zweite war Gerhard Schröder.“ Ob sein Sonntagabend–Talk nicht zu unpolitisch ausfalle, wie Kritiker zum Beispiel nach der Ausgabe mit Samuel Koch oder der Twitterei mit dem Piraten zur Schleswig-Holstein-Wahl geschrieben haben? „Meinen Sie diesen Kritiker von stern.de? Je schlimmer der über uns schreibt, desto besser die Quoten. Das ist unser Maskottchen.“ Jauch mache am Sonntagabend keine Revolution. Das sei keine parteipolitische Gesprächssendung. Eine Talkshow zu „Aldi“ behandele ganz klar ein politisches Thema. Gibt es nicht zu viel Talk in der ARD? Da müsse man sich an die Intendanten wenden. Er sehe die anderen Sendungen gerne. Noch Fragen?

Seltsam, aber es hat den Anschein, als pralle am „lieben Günther“ alles ab, ohne dass das arrogant oder überheblich herüberkommt, wie manchmal bei Gottschalk oder Schmidt. Günther Jauch ist nicht zu fassen. Markus Ehrenberg

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