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Gegen Superkräfte wie die von Spider-Man muss sich selbst der US-Präsident geschlagen geben. Barack Obama macht das Spielchen seines jungen Besuchers mit.

© Arte

Doku über Comics: Helden wie wir

Die Arte-Dokumentation „Superheroes“ spürt dem Erfolg von Batman, Spider-Man & Co. nach - und zeigt, wie selbst der US-Präsident zur Comicfigur wird.

Wie es denn zu erklären sei, dass so viele Pop-Art-Künstler in ähnlicher Weise auf die Welt blicken, wurde Andy Warhol einmal gefragt. Seine Antwort: „Das liegt wohl daran, dass wir viele Comics gelesen haben.“ Eines der vielen pointierten Statements zur Kulturgeschichte des amerikanischen Superhelden-Comics, die der US-Regisseur Michael Kantor zu der dreiteiligen Dokumentation „Superheroes“ verwoben hat. An diesem Sonnabend wird der zweite Teil auf Arte ausgestrahlt. Kantors Leitfrage: Was hat es mit den bunten Bildgeschichten um Batman, Spider-Man und Co. auf sich, dass sie seit sieben Jahrzehnten die westliche Unterhaltungsindustrie prägen? Die Antwort darauf, für die sich Kantor 180 Minuten Zeit nimmt, fällt vielschichtig aus.

Comic-Helden als "moderne Götter"

Der Regisseur, der sich mit zahlreichen preisgekrönten Dokumentationen zur US-Populärkultur einen Namen gemacht hat, verknüpft eine chronologische Darstellung des Superhelden-Genres und seiner wichtigsten Akteure mit Dutzenden Interviews, die ein Gefühl dafür vermitteln, wieso die „modernen Götter“, wie sie an einer Stelle genannt werden, bis heute so populär sind und dank Hollywood-Filmen wie „The Avengers“ und „Batman“ sowie der in deren Umfeld vermarkteten Computerspiele und Merchandising-Artikel Milliarden umsetzen.

Während der vergangene Woche gezeigte erste Teil (Wiederholungen: 20.2., 0 Uhr 45 und 23.2., 14 Uhr 05) noch primär auf älteres Archivmaterial zurückgriff, das zumindest vielen Comicfans aus anderen Dokumentationen wie dem kürzlich neu veröffentlichten Film „Comic Book Confidential” bekannt sein dürfte, bieten die Teile zwei (Sonnabend, 21 Uhr 45) und drei (15.2., 21 Uhr 45) mehr selbst recherchiertes Material, mehr eigene Ideen und viele nie zuvor gesehene Gespräche mit den wichtigsten Akteuren der US-Comicszene.

Die Geschichten greifen den Zeitgeist auf

Dabei steht vor allem ein Mann im Zentrum, der für seine Anhänger selbst Heldenstatus erlangt hat: Comic-Autor Stan Lee, der inzwischen 91-jährige Ko-Erfinder unzähliger populärer Figuren von Spider-Man über die X-Men bis zu Hulk, Thor und Iron Man. Er – sowie zahlreiche andere von Fans verehrte Autoren und Zeichner – erzählen in der Dokumentation unterhaltsam, wenngleich manchmal etwas sehr verknappt, wie sie mit ihren Geschichten auf den jeweiligen Zeitgeist reagierten: von der Angst vor dem Atomkrieg nach 1945 über die Aufbruchsstimmung des Weltraumzeitalters bis hin zu dem seit Ende der 1970er Jahre wachsenden Bewusstsein, dass Comic-Hefte auch soziale Probleme wie Drogenabhängigkeit, Armut oder die Schwarzen-Diskriminierung in den USA thematisieren können. So wie später dann auch die Terroranschläge vom 11. September 2001 und ihre politischen Folgen in zahlreichen gezeichneten Heldenserien verhandelt wurden.

„Die Figuren mussten immer wieder geändert werden, ohne sie zu brechen“, erklärt Mark Waid, lange Jahre Redakteur bei DC Comics, dem zusammen mit Marvel dominanten Verlag der US-Szene. Der latente Konflikt zwischen der Bewahrung eingeführter Markenfiguren und ihrer ständigen Anpassung an neue Themen und Lesegewohnheiten provozierte allerdings auch Konflikte zwischen Autoren und Verlagen. Grund genug für erfolgreiche Zeichner wie Jim Lee und Todd McFarlane, den Großverlagen vor 20 Jahren den Rücken zu kehren und mit Image Comics ein alternatives Kraftzentrum des US-Heldencomics zu gründen.

Als Kind liebte Barack Obama Comics

Sogar Barack Obama kommt kurz zu Wort. Der US-Präsident bekennt sich dazu, in seiner Jugend eifrig Spider-Man- und Batman-Hefte verschlungen zu haben. Zum Dank verewigte ihn der Marvel-Verlag zu seiner Amtseinführung auf dem Cover eines Spider-Man-Heftes.

„Wir haben gewonnen – Comics sind heute Mainstream“, bilanziert der Comicautor Marv Wolfman am Schluss stolz. Zu Fotos von Krisenherden der Welt, auf denen Menschen mit Superman-T-Shirts und Batman-Kostüm zu sehen sind, sprechen die Comicautoren J. Michael Straczynski und Grant Morrison eine Art Schlusswort: „Ein Superman-T-Shirt gibt einem das Gefühl, unverwundbar zu sein und fliegen zu können“, sagt Straczynski. „Wir lieben Superhelden, weil sie uns nie enttäuschen“, sagt Morrison. Das ist natürlich ebenso pathetisch, kitschig und übertrieben wie viele Superhelden-Comics. Aber am Ende dieser Dokumentation ist man geneigt, ihnen zuzustimmen.

„Superheroes“, Arte, Sonnabend, Teil drei am 15.2, jeweils 21 Uhr 45 . Wiederholung aller Teile 23.2., 14 Uhr 05

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