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Prinzessinnenbad

© Arte

Dokumentarfilm: Krass in Kreuzberg

Tränen sollen bei den Protagonistinnen nach der Premiere geflossen sein, weil sie sich "zu krass“ und zu einseitig dargestellt gesehen hatten. Damals 15, heute 18: Die drei Mädchen aus dem "Prinzessinnenbad“.

„Du Missgeburt!“ Der Ton ist so rau, wie sich der Multikulti-Bezirk Kreuzberg gern gibt. Jungs gucken, lästern, rauchen, schminken – das sind die vornehmlichen Beschäftigungen von Klara, Tanutscha und Mina, alle 15 Jahre alt. Regisseurin Bettina Blümner, 33, hat die Mädchen einen Sommer lang mit der Kamera begleitet. Herausgekommen ist dabei ihr preisgekrönter Doku-Film „Prinzessinnenbad“, den Arte heute erstmals im Fernsehen zeigt. 2008 wurde der Film mit dem Deutschen Filmpreis als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet, bei der Berlinale 2007 war er Publikumsfavorit und bekam den Preis „Dialogue en Perspective“.

Blümners Werk hat nicht nur Feuilletonisten, sondern auch das ganz normale Berliner Kinopublikum begeistert, bietet es doch mehr als einen oberflächlichen Blick auf die Pubertät dreier Kreuzberger „Gören“, sondern auch einen Einblick in den Kampf nach Anerkennung und Weiterkommen. Dass Tanutschas Spruch, den sie einem Fremden durch den Hörer zubrüllt („Ich komm aus Kreuzberg, du Muschi!“) zum Kult und auf T-Shirts gedruckt wurde, ist nur ein Nebeneffekt.

Der Filmtitel leitet sich ab von einem der zentralen Spielorte des Films, dem „Prinzenbad“ in Kreuzberg, in dem die drei Mädchen – die Prinzessinnen – einen Großteil ihrer Zeit im Sommer 2006 verbringen. Gnadenlos hielt die Regisseurin die Kamera drauf, um das alltägliche Leben, die Sorgen und Probleme des Trios auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu dokumentieren. So erfährt der Zuschauer auch allerlei Intimes über die familiären Hintergründe: Tanutscha, Halb-Iranerin, berichtet vom abgebrochenen Kontakt zu ihrem Vater („Traurig ist das eigentlich“) und versucht ihre deutsche Mutter zu überzeugen, länger Party machen zu dürfen („Ich muss immer als Erstes nach Hause und darf dann fernsehen – Pro 7“). Klara, deren Vater mit seiner neuen Familie in Panama lebt, hasst den „neuen Typen“ ihrer Mutter mit seinem „Therapeuten-Kack“, während die alleinerziehende Mutter klarstellt, dass es im Zusammenleben mit ihrer Tochter nur zwei Grundsätze gibt: „Kein Heroin. Und nicht schwanger werden!“ Mina wiederum gönnt ihrem italienischen Vater, Mitte 50, seine mehr als zwanzig Jahre jüngere Freundin zwar – hat aber Probleme mit dem neuen Freund ihrer Mutter, der ebenfalls jünger ist. In den Englisch sprechenden Afrikaner hat sich die Mutter beim Radfahren am Paul-Lincke-Ufer verliebt.

Tränen sollen bei den Protagonistinnen nach der Premiere geflossen sein, weil sie sich „zu krass“ und zu einseitig dargestellt gesehen hatten. Doch die Stimmung habe sich wieder beruhigt, sagt die Regisseurin heute. „Einerseits geben sie sehr viel von sich preis“, erzählt Blümner, „andererseits sind sie aber auch sehr stolz auf den Film.“

In einigermaßen regelmäßigen Abständen treffe sie die drei in einem Café. Die Hauptdarstellerinnen hatten damals, nach dem Kinostart des Films, genug von dem Rummel und lehnen bis auf Weiteres ein persönliches Gespräch mit Medienvertretern ab.

Von der Regisseurin erfährt man, wo die Mädchen, mittlerweile 18 Jahre alt, jetzt im Leben stehen. So hat Klara, die Schulschwänzerin, die damals noch keine Ahnung hatte, was sie werden will („Tierpfleger oder Pornostar“), ihren Hauptschulabschluss gemacht. Sie kellnert nun fest in einem Café. Damals war ihr die Arbeit in einem Café noch als „Sozialstunden“ auferlegt worden, nachdem sie ihrer Großmutter 2000 Euro gestohlen hatte.

Tanutscha, die ihren erweiterten Hauptschulabschluss in der Tasche hat, ist dabei, ihren im Film geäußerten Berufswunsch zu verwirklichen, und macht in Spandau eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Mina, Realschulabschluss, hat mit ihrem damaligen Freund George, der im Film nach Brasilien ging, eine lange Reise durch Asien hinter sich. Doch die beiden sollen sich getrennt haben. Nun arbeite sie am Fachabitur im Bereich Touristik.

Irgendwann, sagt Bettina Blümner, werde es vielleicht eine Fortsetzung zu „Prinzessinnenbad“ geben – doch dazu müsse noch viel mehr Abstand da sein.

„Prinzessinnenbad“, Arte, 21 Uhr

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