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Hippies

© ZDF

Dokumentation: Als die Büstenhalter brannten

Die Geburtsstunde der Hippie-Bewegung: Der erste Teil der Arte-Dokumentationsreihe "Summer of Love" handelt von der sexuellen Revolution.

"Blumenkinder", das klingt so schön harmlos, aber Ende der sechziger Jahre fuhren die Touristenbusse durch San Franciscos Stadtviertel Haight-Ashbury, mit leisem Schaudern blickten die adrett gekleideten Reisenden in den Sündenpfuhl aus Sex und Drogen. Hier waren seit 1967, dem legendären "Summer of Love", die Hippies zu Hause, und sie waren ja mit ihren bunten Kostümen und Fantasiefrisuren wirklich ganz hübsch anzuschauen, wie exotische Tiere im Zoo. Doch ihre radikal andere Lebensweise, verbunden mit politischem Protest, war "neu, Angst einflößend, gefährlich – genau das, wovor uns unsere Eltern immer gewarnt haben", erinnert sich Editrix Abby. Die Dame veranstaltet heute in San Francisco und New York sogenannte Mondo-Porno-Partys, bunte Abende mit Sex und Musik. Da haben die Warnungen der Eltern wirklich nicht gefruchtet.

Von der sexuellen Revolution handelt der erste Teil der Arte-Dokureihe "Summer of Love". Schon den ganzen Sommer über feiert der deutsch-französische Sender das Geburtsjahr der Hippie-Subkultur und erfreut dabei das Publikum mit Konzertfilmen und einigen musikalischen Perlen. Auch die Arte/ZDF-Produktion "Summer of Love" lebt vom Klang der damaligen Zeit: Janis Joplin, Jimi Hendrix, Joan Baez, die Stones und die Beatles, Ten Years After, The Doors, natürlich Grateful Dead – Autor Jürgen Schindler bietet zahlreiche Oldies auf. Jim Morrison singt "Light My Fire", was beim Thema "Freie Liebe" sinnvoll ist. Die Künstlerin Fayette Hauser, damals Mitglied der schrillen "Cockettes", beteuert, sie habe am Ende der Auftritte von Led-Zeppelin-Leadsänger Robert Plant einen Orgasmus bekommen. Und Yoko Ono bringt die naiven Hoffnungen der Generation in ein anschauliches Bild: "Wir verbrannten die Büstenhalter, um unsere Seelen zu befreien. Das tut gut."

Jeder Akt ein Akt der Befreiung? Experten erinnern daran, dass die Sache mit der Promiskuität ohne die Erfindung der Pille von vielen Frauen wohl als weniger attraktiv empfunden worden wäre. Autor Schindler liefert auch einige spärliche Hinweise darauf, welche Wirkungen die Hippies bis heute in Musik und Mode haben. Aber allzu analytisch will uns "Summer of Love" nicht kommen. Etwas störend ist die Vielzahl an Zeitzeugen, überwiegend ehemalige Mitglieder der anarchischen Künstlergruppe "Cockettes", die mit freizügigen Auftritten ihre Zeitgenossen schockten. Außerdem wirkt der Film etwas westküstenlastig. Schon New York, heißt es, könne mit den Hippies nichts anfangen. Europa kommt beinahe gar nicht vor, obwohl man doch das Jahr 1967 gewiss im Kontext mit dem grenzüberschreitenden Aufbruch einer jungen Generation sehen muss.

Das soll schon im zweiten Teil ("Communities", ab 23 Uhr 10), anders werden. In dem Film von Hannes Rossacher wird die Berliner Kommune 1 zur Sprache kommen, als ein Beispiel für die neue Form von Gemeinschaftsleben, die die Hippies ausprobierten und die sich bis heute in Studenten-WGs gehalten hat. Die beiden anderen Folgen ("Party" von Frank Ilgener, "Spiritualität" von Tom Theunissen) werden eine Woche später gesendet. Vorher und nachher gibt’s heute noch einen selten gezeigten Spielfilm ("Lass mich küssen deinen Schmetterling" mit Peter Sellers, 20 Uhr 40) und ein Konzert ("The Rolling Stones Rock and Roll Circus", 0 Uhr 05). Durch den langen Hippie-Abend führt nicht etwa die einstige Sat-1-Info-Erotikwaffe Thomas Kausch, sondern Uschi Obermaier, das deutsche Sexsymbol des "Summer of Love".

"Summer of Love", Arte, ab 22 Uhr 15, "Freie Liebe" und "Communities"

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