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Medien: Eine Frage der Zeit

Der Anwalt von Holtzbrinck über das Kartellverfahren

Wie verlief die Kartellprüfung bis zu der Abmahnung, die Sie gestern erhalten haben?

Am 11. Juli haben wir der Behörde den Kauf der Berliner Zeitungsgruppe angemeldet. Seither hat das Amt sehr umfangreich ermittelt, hat Fragebögen an uns und die Mitbewerber geschickt. Daneben hat es zwei, drei Gespräche mit uns und Springer gegeben.

Welche Bedenken hat das Kartellamt?

Der Hauptgrund für die zu erwartende Untersagung ist das Entstehen einer beherrschenden Stellung auf dem Markt der Berliner AbonnementTageszeitungen.

Auf dem Leser- oder auf dem Anzeigenmarkt?

Auf dem Lesermarkt. Das Kartellamt sieht die „Berliner Morgenpost“ von „Berliner Zeitung“ und Tagesspiegel dominiert.

Obwohl in Berlin insgesamt zehn Zeitungen im Wettbewerb miteinander stehen, bezieht sich das Kartellamt nur auf diese drei?

Ja.

Wurde der Anzeigenmarkt auch untersucht? Dort hat Springer mit „Welt“, „Welt am Sonntag“, „Berliner Morgenpost“, „Bild Berlin“ und „B.Z.“ doch eine sehr viel stärkere Stellung.

Darauf kam es dem Kartellamt nicht an.

Ursprünglich wäre die Entscheidung des Kartellamts früher gefallen. Aus welchen Gründen hatten Sie eine Fristverlängerung beantragt?

Wir beantragten eine Fristverlängerung um etwas mehr als einen Monat. Wir wussten, dass es Probleme geben wird und haben die Taktik nochmals überdenken wollen. Die internen Überlegungen haben aber zu keinen Veränderungen geführt. In der vergangenen Woche teilten wir dem Kartellamt daher mit, dass wir das Verfahren fortführen wollen und alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, die das Gesetz vorgibt.

Was werden Sie tun?

Zunächst einmal haben wir bis zum 4. Dezember Zeit, zu der Abmahnung Stellung zu nehmen. Und natürlich hoffen wir, die Behörde in unserem Sinne noch umstimmen zu können. Die endgültige Entscheidung wird uns dann spätestens am 15. Dezember mitgeteilt.

Was stimmt Sie noch optimistisch?

Unserer Ansicht nach kann keine Rede davon sein, dass wir eine marktbeherrschende Stellung einnehmen würden. Erstens angesichts der starken Stellung des Springer-Verlages auch außerhalb der Abonnement-Tageszeitungen, also bei den Kaufzeitungen, und zweitens angesichts der starken Stellung von Springer im Anzeigenmarkt. Hier hat Springer wesentlich höhere Marktanteile als Tagesspiegel und „Berliner Zeitung“ zusammen.

Was unternimmt Holtzbrinck, falls das Kartellamt doch „Nein“ sagt?

Dann müssen wir binnen vier Wochen entscheiden, wie wir vorgehen. Es gibt zwei Möglichkeiten: Wir können Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen oder eine Ministererlaubnis beantragen. Wir können auch beides parallel machen.

Wie lange würde es bis zu einer Entscheidung dauern?

Bei einer Ministererlaubnis gibt es eine Soll- Vorschrift, wonach binnen vier Monaten entschieden werden soll. Bis zu einer OLG- und anschließenden BGH-Entscheidung könnte es zwei, letztlich gar drei Jahre dauern.

Und so lange würde die „Berliner Zeitung“ im luftleeren Raum hängen?

Ja. Und das ist ein Problem.

Gab es schon Kontakt mit Wolfgang Clement?

Nein.

Springer hatte im vergangenen Jahr einen Vorstoß unternommen, um die restriktive Pressefusionskontrolle zu lockern. Ist der aktuelle Fall der Beweis, wie restriktiv das Gesetz ist?

Meines Erachtens darf in unserem Fall die Übernahme im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Regelung nicht untersagt werden – wiewohl die Begründung in der nun vorliegenden Abmahnung für uns nicht überraschend ist. Die Begründung ist angesichts der tatsächlichen Marktverhältnisse in Berlin unserer Ansicht nach jedoch nicht berechtigt, unsere Argumentation ist schlüssig und müsste vor Gericht gehört werden.

Ging es bei der Prüfung auch um den Erhalt der Pressevielfalt und den Erhalt zweier Zeitungen, die allein wirtschaftlich nicht tragbar sind?

Ja, das wurde diskutiert. Mit dem Ergebnis, dass das Kartellamt sagte, es komme darauf bei seiner Beurteilung nicht an.

Das Gespräch führte Ulrike Simon.

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