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James Foley war bereits 2012 entführt worden. Zwei Jahre später wurde er getötet.

© dpa

Entführungen als Propaganda: Die Jahresbilanz von "Reporter ohne Grenzen"

Die Gewalt gegen Journalisten hat eine neue Qualität erreicht: Das zeigt der Jahresbericht zur Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen". Besonders oft werden Medienschaffende entführt.

Bei der Arbeit gekidnappt: Im Jahr 2014 wurden weltweit 119 Journalisten zu Entführungsopfern, wie die am Dienstag veröffentlichte „Jahresbilanz der Pressefreiheit“ der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (RoG) belegt. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg um 37 Prozent. Die meisten Entführungsfälle gab es in der Ukraine (33), in Libyen (29) und in Syrien (27). Das prominenteste Beispiel dürfte der bereits 2012 entführte US-Journalist James Foley sein, der im August dieses Jahres von IS-Terrormilizen vor laufender Kamera geköpft wurde. Derzeit befinden sich weltweit wohl noch 40 Journalisten sowie drei Bürgerjournalisten in der Gewalt ihrer Entführer. Der Bericht unterstrich aber auch, dass die meisten Entführungsopfer ortsansässige Journalisten sind: „Von den 22 Journalisten, die derzeit in Syrien von bewaffneten Gruppen festgehalten werden, sind 16 Syrer. Alle acht Journalisten, die derzeit im Irak als Geiseln gehalten werden, sind Iraker.“

„In einigen Regionen erleben wir eine neue Qualität der Gewalt im Umgang mit Journalisten, die erschreckt“, sagte RoG-Vorstandssprecherin Astrid Frohloff. Den Angaben zufolge wurden 2014 weltweit 66 Journalisten aufgrund ihrer Arbeit getötet, ebenso wie 19 Bürgerjournalisten und elf weitere Mitarbeiter von Medien. Die meisten Todesfälle gab es in den Palästinensergebieten, der Ukraine, dem Irak und in Libyen. „Die Morde werden immer grausamer, und die Zahl der Entführungen wächst rasant. Den Tätern geht es darum, unabhängige Berichterstattung zu verhindern und kritische Beobachter von außen abzuschrecken“, heißt es in der RoG-Analyse. Waren Angriffe auf Journalisten in Kriegsgebieten noch vor wenigen Jahren tabu, sind Morde an ihnen heute Teil der Propaganda.

In China sind besonders viele Journalisten offiziell inhaftiert

Mehr als verdoppelt hat sich die Gesamtzahl der Journalisten (139) und Bürgerjournalisten (20), die vor Gewalt oder staatlichen Repressalien ins Ausland fliehen mussten. „Die hohe Zahl von Journalisten auf der Flucht zeigt, dass die Gefahren für Medienschaffende weltweit keineswegs geringer geworden sind“, so Frohloff. Journalisten dürften jedoch nicht zur Verfügungsmasse für Terrorgruppen oder autoritäre Staaten werden.

Denn auch Regierungen lassen unliebsame Reporter nach wie vor verfolgen und inhaftieren: Derzeit sind weltweit 178 Journalisten sowie 178 Bürgerjournalisten in Haft – eine Zahl, die im Vergleich zum Vorjahr stabil blieb. Mit 29 inhaftierten Journalisten führt China dieses Ranking an, gefolgt von Eritrea (28) und dem Iran (19). Die meisten geflohenen Journalisten verzeichnete „Reporter ohne Grenzen“ aus Libyen (43), Syrien (37) und Äthiopien (31).
In vielen Ländern wurden Journalisten zudem von staatlichen Sicherheitskräften angegriffen oder bedroht. Nach der Ukraine und Venezuela nannte „Reporter ohne Grenzen“ hier die Türkei mit 117 Fällen. Tsp/AFP

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