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Medien: „Es wird eine Schmusehalbestunde“

„Bunte TV“: Wenn sich die ARD und ein Klatschheft zusammentun

„Bunte-TV“. Ein wöchentliches Promi-Magazin. Die ARD im Pakt mit dem Marktführer der Klatschhefte. Dann kann eigentlich nichts schief gehen, was die Quote betrifft. Was die längerfristige Legitimation der öffentlich-rechtlichen Sender angeht, wird ihnen „Bunte TV“ sicher weniger helfen.

Insofern passt die Premiere von „Bunte TV“ genau in die Debatte der Woche: Die Politik will massiv bei den Öffentlich-Rechtlichen sparen. Deren Intendanten argumentieren, ihre Anstalten bräuchten höhere Gebühren, sie bräuchten auch weiterhin all ihr kompetentes Personal, weil sie ja qualitatives, innovatives Fernsehen bieten – und bringen dann ein Prominenten-Magazin in Kooperation mit der „Bunten“. Fällt das unter ihren Kultur- und Bildungsauftrag? Wo sind die öffentlich-rechtlichen Qualitätsjournalisten, dass die ARD ihre neue Sendung einer Illustrierten in die Hand gibt? Können die das denn nicht?

Boulevard-Magazine scheinen jedenfalls auch bei den Öffentlich-Rechtlichen zurzeit das Lieblingsformat zu sein (neben Castingshows). „Brisant“, „Leute heute“, und auch der RBB startete in dieser Woche eines: das so genannte Vorabend-Boulevard-Magazin „zibb“. Und was sind „Kerner“ und „Beckmann“ eigentlich anderes als Boulevardmagazine? Patricia Riekel, „Bunte“-Chefin und selbst Moderatorin des neuen Formats, jedenfalls findet: „Es kann gar nicht genug Promi-Magazine geben.“

Frau Riekel, die Idee, ein Printmagazin aufs Fernsehen zu übertragen, ist ja nicht neu. Die ARD hat es schon mal mit „Brigitte TV“ versucht. Und ist gescheitert. Was machen Sie anders?

Wir versuchen, nicht „Bunte“ eins zu eins ins Fernsehen zu bringen. Die beiden Produkte sind völlig unabhängig voneinander. „Bunte TV“ ist eher zeitlos. Es wird auch keine News-Rubrik, In & Out-Listen oder Partyberichte geben.

Warum moderieren Sie die Sendung selbst?

Das war nicht von Anfang an geplant, es hat sich in der Vorbereitungsphase ergeben. Viele Prominente haben Vorbehalte, Fernsehkameras in ihre Wohnung zu lassen. Sie fürchten, anhand ihrer Wohnungseinrichtung analysiert und vorgeführt zu werden. Nach dem Motto: An der Gardine erkennt man den tatsächlichen Charakter einer Person. Viele Prominente kennen mich schon und wollten dann, dass ich die Gespräche führe.

Ihre guten Kontakte öffnen Ihnen die Türen?

Ja, sicher. Auch wenn wir bei „Bunte“ kein Streichelzoo für VIPs sein wollen, haben wir doch zu vielen Prominenten ein ganz gutes Verhältnis. Es ist eine Beziehung zum beiderseitigen Nutzen. „Bunte TV“ wird aber eher eine Schmusehalbestunde werden.

Wo bleibt da die Distanz zum Interviewten?

Die Distanz ist schon da. Ich sage dem Prominenten nicht nur, dass er eine tolle Wohnung hat. Meine Besuche sind geprägt von der journalistischen Neugier. Aber immerhin bin ich bei ihnen zu Hause. Und damit kann es auch keine Verhörstunde sein, wie das in einem Studio eher möglich ist.

Für die erste Sendung haben Sie CDU-Chefin Angela Merkel und den Designer Karl Lagerfeld interviewt. Wären Heidi Klum oder Boris Becker, der diese Woche seine Autobiografie veröffentlicht hat, nicht spannender gewesen?

Boris Becker hätten wir gar nicht treffen können, weil er keine Wohnung hat. Er lebt ja derzeit im Hotel. Heidi Klum dagegen wäre sehr spannend. Aber mit der Auswahl der Interviewpartner kann man es nie jedem recht machen. Das ist wie beim Fußball, da ist jeder Zuschauer der bessere Trainer und weiß, wer eigentlich aufgestellt gehört hätte. Was die erste Sendung betrifft: Karl Lagerfeld hat erstmals ein Fernsehteam in seine Pariser Wohnung gelassen – er gewährt uns Einblicke in seine intimsten Gemächer. Das ist schon ein Scoop. Und Angela Merkel zeigte mir ihre Uckermark.

„Bunte TV“: 22 Uhr 15, ARD

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