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Event-Thriller: Der Film zum Virus

ProSieben schickt einen Urlaubs-Flieger auf unbegrenzte Zeit in tödliche Quarantäne. Denn die Ausbreitung dieses Virus muss verhindert werden - mit allen erdenklichen TV-Mitteln.

Das wäre auch zu viel gewesen: Der Ferienflieger mit dem Virus kommt darum auch nicht aus Mexiko, und die aggressive Infektionskrankheit, die bereits nach wenigen Flugstunden das erste Todesopfer fordert, ist nicht die Schweinegrippe. Dennoch sind Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Pandemien beim ProSieben-Film „Faktor 8“ alles andere als zufällig, sondern Teil des extrem spannungsreichen Event-Thrillers an diesem Montag. Wäre der Verlauf der Erkrankungen mit dem medizinischen Namen H1N1 in Deutschland ebenso erschreckend tödlich verlaufen wie in Süd- und Nordamerika, der Münchener Privatsender hätte sich ganz sicher die eine oder andere Negativschlagzeile eingefangen.

Das Flugzeug, das „Faktor 8“-Autor Benedikt Röskau („Contergan“) auf die Reise schickt, befindet sich mitten über dem Indischen Ozean auf dem Rückflug von Phuket nach München, als die Tragödie ihren zeitweise äußerst blutigen Verlauf nimmt. Gut, dass die an Bord befindliche Psychologin Anne Hecker (Muriel Baumeister) während ihres Studiums ausreichend große allgemeinmedizinische Kenntnisse erlangte. Die sind bei Mitpassagierin Marianne dringend nötig, auch wenn die Hilfe in ihrem Fall längst zu spät kommt. Kurze Zeit, nachdem Anne die Frau mit der ungesund gelben Gesichtsfarbe behandelt hat, stirbt sie in den Armen ihres Mannes. Aus Augen, Nase und Ohren rinnt Blut, und bereits wenig später klagen weitere Passagiere und Stewardessen über Beschwerden.

Obwohl die Crew den Ernst der Lage sofort erkennt, bleibt Rettung in weiter Ferne. Die Nachricht über die Infektion auf der thailändischen Ferieninsel hat dazu geführt, dass kein Staat das deutsche Flugzeug landen lässt. Als es der Flieger endlich nach Deutschland schafft, wird er auf ein ausgedientes Flugfeld in Hinter-Bayern dirigiert, wo Flugzeug samt Inhalt in einem verlassenen Hangar unter Quarantäne gestellt wird – einschließlich militärischer Bewachung unter Führung von GSG-9-Kommandant Patrick Brandt (André Hennicke). Die Ausbreitung des extrem anpassungsfähigen Virus muss verhindert werden – um wirklich jeden Preis. Denn das große Schreckgespenst heißt Spanische Grippe. Ihr fielen nach dem Ersten Weltkrieg geschätzte 50 Millionen Menschen zum Opfer.

So mühen sich erneut ratlose Wissenschaftler ab, das Schlimmste zu vermeiden. Wie mit seinem „Contergan“-Film stellt Autor Röskau dabei auch mit diesem Unterhaltungsfilm die Allmacht der Medizin infrage. Und der Krisenstab im Kanzleramt weiß nur eines mit Gewissheit: Im Ernstfall der Pandemie ist es egal, ob eine endgültige Entscheidung über die Zerstötung eines Flugzeugs von der Verfassung gedeckt wird oder nicht. Aber für den Film mindestens genauso wichtig ist das tiefe Band von Liebe und Familie.

Viel Energie hat Röskau auf die Frage verwandt, wer sich im Flugzeug als größtes Charakterschwein outet. Dabei liefern sich der „privatversicherte“ Peter von Dormagen (Max von Thun), der für sich und seine Lebensgefährtin auf bevorzugte ärztliche Behandlung drängt, und der Leiter einer Rudermannschaft, die den hinteren Teil der Maschine für „gesunde“ Passagiere requiriert hat, ein Kopf-an-Kopf- Rennen.

Der Thrill ist garantiert, durch klaustrophobische Enge gepaart mit dem Schrecken eines unsichtbaren und offenbar unbesiegbaren Feindes. Der Film (Regie: Rainer Matsutani) legt ein hohes Tempo vor, das den Zuschauer nicht zur Ruhe kommen lässt. Ängstliche Menschen sollten sich „Faktor 8“ ganz sicher nicht kurz vor einer Flugreise anschauen, egal, ob sie nun nach Thailand, Mexiko oder sonst wohin führt. Kurt Sagatz

„Faktor 8“, ProSieben, 20 Uhr 15

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