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Unter verschärfter Beobachtung. Der offizielle Twitter-Account von Ferrari vermeldete am Donnerstag den Wechsel von Sebastian Vettel.

© Tsp

Fake-Accounts: Steven Gerrard, Sebastian Vettel: Im Umgang mit Twitter ist weiter Vorsicht geboten

Don't follow me: Nicht hinter jedem Account des Kurznachrichtendienstes steckt der vermutete Absender. Da hilft Twitter auch keine Verifizierungsmethode.

Man könnte es auch so sehen: Am Ende hatte die dpa doch recht. Formel-1-Fahrer Sebastian Vettel wechselt zu Ferrari. Das kam Donnerstagmittag raus. Bereits am Mittwoch hatte die Deutsche Presse Agentur diesen – erwarteten – Wechsel vermeldet, war dabei aber auf einen Fake-Account bei Twitter reingefallen, der vorschnell Vettels Ferrari-Coup verbreitete. Dass dem Kurznachrichtendienst nicht immer zu trauen ist, hat gerade auch der Deutsche Fußball-Bund erfahren müssen. Im Trailer zum Weltmeister-Film „Die Mannschaft“ wird der englische Fußballspieler Steven Gerrard mit einem begeisternden Deutschland-Tweet zitiert. Die Worte stammen aber nicht von Gerrard, sondern von einem Fake-Account. Der Tweet „Brazil have Neymar. Argentina have Messi. Portugal have Ronaldo. Germany have a team!“ (Brasilien hat Neymar. Argentinien hat Messi. Portugal hat Ronaldo. Deutschland hat eine Mannschaft!) wurde seit dem 8. Juli über 35 000 mal retweetet. Anders als bei Steven Gerrard konnte der Urheber des falschen Ferrari-Accounts nicht ausfindig gemacht werden. Am Donnerstag war der Twitter-Fake schon wieder offline.

Die Frage bleibt: Wem oder was ist bei Twitter zu trauen? Einer Mischung aus Kommunikationsplattform, sozialem Netzwerk und öffentlich einsehbarem Online-Tagebuch, die von Privatpersonen, Organisationen, Unternehmen und Massenmedien zur Verbreitung von kurzen Textnachrichten (Tweets) im Internet genutzt wird. Viel Echtzeit-Gezwitscher. Twitter selbst verweist auf die Verifizierungsmethode. Jeder Account mit einem blauen Verifizierungszeichen im Twitter-Profil ist ein verifizierter Account. Da wurde bei Ferrari also nicht so genau hingeschaut, was dpa-Chefredakteur Sven Gösmann laut Meedia.de zum Anlass nahm, seine Redaktion in einer Rundmail an die bestehenden Regeln im Umgang mit Twitter und sozialen Medien zu erinnern.

Handel mit Twitter-Accounts

„Grundregel ist: Wir nutzen als Quelle für unsere Berichterstattung ausnahmslos verifizierte Twitter-Accounts – also entweder Accounts mit dem blauen Verifizierungshaken hinter dem Twitter-Namen, oder Profile, deren Authentizität wir selbst verlässlich recherchiert haben.” Alarmzeichen seien eine geringe Zahl an Followern und eine geringe Zahl an Tweets. Gösmann weist darauf hin, dass auch verifizierte Accounts gehackt sein könnten. „Wenn es auch nur den geringsten Zweifel gibt: Finger weg von dem Tweet und über die offiziellen Kanäle eine Bestätigung einholen.“

Alle Vorsichtsmaßnahmen können nicht verhindern, dass sich rund um Twitter-Accounts ein regelrechter Handel aufgebaut hat. Im November 2013 war bekannt geworden, dass ein gewisser Jim Vidman 1000 Fake-Accounts bei Twitter für 58 US-Dollar von einem Online-Händler in Pakistan erworben hatte. Anschließend programmierte er sie daraufhin, dem Twitter-Auftritt von Rapper Dave Murrell zu folgen. Er hatte Vidman damit beauftragt, sein Ansehen in sozialen Netzwerken zu verbessern. Die falschen Accounts verbreiten die Tweets von Murrell weiter. Seine Reichweite bei Twitter vergrößert sich, auch wenn er damit sicher nicht auf 60,2 (!) Millionen Follower kommt wie Kate Perry.

271 Millionen Mitglieder weltweit

Murrell sagte, dass er manchmal Werbeanzeigen bei Twitter kaufe, um sein Profil bekannter zu machen. Allerdings: „Man bekommt mehr bei Jim.“ Viele Twitter-Nutzer würden ihre Followerzahlen manipulieren. „Wer keine Follower kauft, macht etwas falsch. Es ist Teil des Spiels.“ Das kann dem börsenorientierten Unternehmen Twitter mit seinen 271 Millionen Mitgliedern weltweit (Jahreseinnahmen 665 Millionen US-Dollar) nicht ganz egal sein. Zwar verbieten Twitters Nutzungsbedingungen die Erstellung von Massen-Accounts und den Kauf und Verkauf von Profilen oder Followern, aber die Kontrollen sind offenbar zu lasch. Eine Anfrage an Twitter nach Änderungen blieb unbeantwortet. Das mit den Verifizierungen bewegt sich schließlich nur im Promillebereich, gilt im Wesentlichen für Firmen und herausgehobene Persönlichkeiten.

Immerhin, Sebastian Vettel, Ferrari oder Deutsche Nationalmannschaft können die gefakten Good News gut verschmerzen. Falsche Accounts können aber auch als politische Instrumente genutzt werden. 2011 störten tausende Fakes Proteste, die gegen die Regierung in Russland gerichtet waren.

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