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Falscher Münte: „So ist der Franz“

Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti bekommt Hilfe von einem anderen Gefoppten. SPD-Politiker Gerd Groskurt ließ den Scherz auf Sendung gehen.

Überraschende Telefonanrufe Franz Münteferings sind unter Genossen so ungewöhnlich offenbar nicht. Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti bekommt Rückendeckung vom Osnabrücker SPD-Geschäftsführer Gerd Groskurt, der ebenfalls wie Ypsilanti vom Radiosender ffn mit dem Moderator Jochen Krause als falschem Müntefering gefoppt worden war. „Für mich war der falsche Müntefering total glaubwürdig“, sagte Groskurt am Dienstag dem Tagesspiegel. „Das hat der gut gemacht.“ Er habe nicht den geringsten Verdacht geschöpft. Krause alias Müntefering hatte Groskurt abstruse Slogans zu SPD-Wahlplakaten vorgestellt. Dessen verhaltene Reaktionen darauf liefen am 10. September über den Sender („Münte macht den Plakate-Check“) und sind auf dessen Website abrufbar. Am selben Tag rief Krause bei Ypsilanti an.

Groskurt betonte: „Franz ist einer, der mal fragt, wie einem was gefallen hat oder wie die Stimmung ist.“ Er kenne ihn persönlich von mehreren Treffen. Hinzu kam, dass er Müntefering kurz zuvor einen Brief geschrieben habe. „Dass sich das Büro melden würde, hat mich nicht überrascht.“ Auch nicht, dass sich der angebliche Franz Müntefering dann gleich durchstellen ließ. „So ist der Franz eben“, sagte Groskurt. Der Getäuschte hatte gegen die Veröffentlichung nichts einzuwenden. „Das war ein Scherz und soll einer bleiben.“ Im Falle Ypsilantis traue er sich kein Urteil zu. „Da ging es ja wohl um schwerer wiegende Dinge. Da kann ich mir Situationen vorstellen, in denen man das nicht möchte.“

Ohne Einwilligung ist es verboten, heimlich aufgenommene Gespräche zu senden. Darauf wiesen am Dienstag Rechtsexperten hin. Auch gestern war ein verkürzter Mitschnitt des Gesprächs im Internet abrufbar. Der Radiosender weist jede Verantwortung zurück; er habe die Datei zwei Stunden nach Aufnahme gelöscht, hieß es.

Nun kommt es darauf an, ob Andrea Ypsilanti einen Strafantrag stellt. Denn die „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ wird nur auf Antrag verfolgt. Es drohen empfindliche Strafen. Wer das „nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen“ aufzeichnet, muss mit Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft rechnen. Gleiches gilt, wenn solche Aufnahmen anderen zugänglich gemacht werden, und zwar auch, wenn sie nur „im Wortlaut“ oder „dem wesentlichen Inhalt nach“ öffentlich mitgeteilt werden. Strafbar machen können sich also auch Presseorgane oder Internetnutzer, die den Dialog zitieren. Zudem dürften durch den Mitschnitt „berechtigte Interessen“ Yspilantis beeinträchtigt sein, wie es der Tatbestand verlangt. Der Täter könnte sich höchstens damit herauszureden versuchen, er habe „in Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen“ gehandelt. Jost Müller-Neuhof

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