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Medien: „Fernsehen kann korrumpieren“

Bettina Böttinger moderiert „B. trifft“ seit genau zehn Jahren – nur ins Erste darf sie nicht

Zehn Jahre Talkshow, wie hat Sie das verändert?

Vielleicht gehe ich anders mit Menschen um. Früher bin ich sicher gutgläubiger gewesen. Das habe ich mir durch die Sendung abgewöhnt. Vielleicht bin ich auch skeptischer geworden. Ich glaube, dass sich sehr viele Menschen etwas vormachen.

Wie steht es mit der Skepsis dem Format Talkshow gegenüber?

Ich habe großes Vergnügen dabei, wenn eine Show einfach nur witzig und unterhaltsam ist. Aber wir versuchen bewusst, auch mal ernstere Themen zu setzen. Dann laden wir wieder gerne Gäste wie ClaudeOliver Rudolph und Ruth Moschner ein. Sonst driftet man zu sehr in die Problem-Ecke ab. Ich werde oft gefragt, warum ich keine Chance im Ersten bekomme. Aber ich begreife diese zehn Jahre beruflich und privat als sehr großes Glück. „B. trifft“ ist eine tolle Aufgabe, das macht das wirklich wett.

Ist es ein Segen, dass „B. trifft“ im Dritten läuft?

Es gibt da größere Freiheiten. Ich bemerke bei anderen Talkshows die Zusammenarbeit mit Tageszeitungen, die Schlagzeilen in der Boulevardpresse. Da gibt es eine Vernetzung. Wir haben am Freitagabend unsere Nische. Da konnten wir eigentlich immer machen, was wir wollten.

Die Talkshow-Landschaft hat sich verändert. Wie wirkt sich das bei Ihnen aus?

Wir waren früher etwas freier. Es war vollkommen egal, welche zum Teil absurden Gäste-Kombinationen wir uns einfallen ließen. Heute denken wir schon darüber nach, wie wir Quote kriegen. Die Hand an der Fernbedienung ist nervöser geworden.

Hätte Sie es nicht auch gereizt, wie Christiansen, Illner und Maischberger eine rein politische Talksendung zu machen?

Von den Formaten gefällt mir „Maischberger“ auf n-tv am besten, weil zu große Runden mit Funktionsträgern mir auf Dauer aufs Gemüt schlagen. Ja, ich hätte schon gerne zwischendurch mal politische Interviews geführt.

Auch bei der Nachfolgefrage von „Boulevard Bio“ hätte man auf Sie kommen können.

Frau Maischberger ist eine tolle Lösung – Punkt. Ich lasse mich nicht in eine vermeintliche Stutenbissigkeit treiben. Außerdem: Warum sollte man der Produktionsfirma von Biolek den Sendeplatz wegnehmen, den sie so viele Jahre erfolgreich bestritten hat?

Also kein Ärger darüber, dass Sie nicht gefragt wurden?

Naja, ich wäre nicht vor Verzweiflung zusammengebrochen.

Haben Sie angesichts der Talk-Konkurrenz nicht Schwierigkeiten, überraschende Gäste und Kombinationen zu finden?

Klar, die Suche dauert bei uns manchmal länger, wenn einer von zwei Gästen dann noch absagt, ist das immer eine kleine Katastrophe. Aber dass uns grundsätzlich die Ideen ausgehen, ist noch nie passiert. Es gibt natürlich Grenzen: Wir könnten zum Beispiel Susanne Juhnke nicht einladen, weil wir diese Erste-Liga-Honorare nicht zahlen können.

Sie laufen Marathon und sind auch schon ein Langstreckenrennen auf dem Nürburgring gefahren. Ausdauer und hohes Tempo können sicher nicht schaden.

Früher war ich hektischer und konnte mich schlecht auf eine Sache konzentrieren. Das Laufen hat mich verändert, da habe ich mir den langen Atem geholt. Zehn Jahre lang selbstständig in den Medien tätig zu sein, lässt einen nicht unbeeindruckt. Ich glaube, dass die Medienwelt ein hohes Maß an Künstlichkeit besitzt. Fernsehen kann sehr leicht korrumpieren.

Sind Talker da besonderes gefährdet?

Das Maß an Aufmerksamkeit, das man uns schenkt, selbst wenn man „nur“ fürs Dritte arbeitet, ist einfach unangemessen. Ich führe Gespräche, das machen Sie auch. Mir sagt man aber zehnmal am Tag, wie toll ich das mache. Da wird man leicht jeck.

Das Gespräch führte Thomas Gehringer.

„B. trifft“: 22 Uhr, WDR. In der Jubiläumssendung lässt sich Bettina Böttinger vom Kabarettisten Doktor Ludger Stratmann interviewen.

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