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© ARD Degeto

Fernsehen: Wallander III.

Der britische Shakespeare-Darsteller Kenneth Branagh übernimmt des Schweden Rolle.

So häufig wie die Romane von Henning Mankell über Kommissar Wallander wurde kaum ein anderer Krimi fürs Fernsehen verfilmt. Zu Pfingsten ist Kurt Wallander wieder in der schwedischen Kleinstadt Ystad im Einsatz, mit drei Filmen, die das Erste am Freitag, Sonntag und Montag zeigt. Dass man sich an diesen drei Tagen um 21 Uhr 45 Zeit frei halten sollte, hat diesmal weniger mit den Geschichten zu tun als mit der Besetzung. Die Romane „Die falsche Fährte“, „Die Brandmauer“ und „Mittsommermord“ liefen alle schon im Fernsehen, nicht jedoch mit Kenneth Branagh, dem britischen Kinostar, der unter anderem für seine Shakespeare-Verfilmungen geschätzt wird. Für seine Rolle als Kurt Wallander in der Neuverfilmung der Mankell-Krimis erhielt er den britischen Fernsehpreis Bafta.

In vielem hat sich die britisch- deutsch-schwedische Koproduktion am Wallander-Vorbild mit Rolf Lassgård in der Hauptrolle orientiert, an den überwiegend erschreckend grausamen Mordmethoden ließ sich ohnehin nichts ändern. Wichtiger ist, dass man Kenneth Branagh die emotionale Zerrissenheit abnimmt, wie er sich die Verbrechen der Gegenwart und der Vergangenheit zu Herzen nimmt – bei denen es längst nicht nur um die Morde geht, die er aufzuklären hat. In seiner Schwermütigkeit ist Branagh die perfekte Besetzung, zumal er eine erheblich größere Bandbreite an Emotionen zeigt als seinerzeit der von Rolf Lassgård gespielte Wallander. Um dessen Verfassung musste man sich weitaus größere Sorgen machen.

Zum Auftakt des Wallander-Pfingstwochenendes bekommt es Kenneth Branagh als Ystader Kommissar in „Die falsche Fährte“ bereits in den ersten Minuten mit zwei Toten zu tun. Ein 15-jähriges Mädchen verbrennt sich vor Wallanders Augen in einem Rapsfeld, der Ex-Justizminister wird ermordet und skalpiert am Strand gefunden.

Bei aller Bedrücktheit und streckenweisen Überforderung seines Kommissars lässt Branagh eine Energie und Entschiedenheit erkennen, die es bei Lassgård und auch bei Krister Henriksson (als ZDF-Wallander) so nicht gab. Bereits nach wenigen Minuten hat man dadurch den Eindruck, einem guten alten Bekannten zuzuschauen. Verwunderlich ist höchstens, wie es Branagh geschafft hat, während der Dreharbeiten immer den gleich langen Stoppelbart in die Kamera zu halten.

Doch es gibt auch gravierende Unterschiede: Wallander oder besser Kenneth Branagh ist die uneingeschränkte Dominante der Filme, sein Umfeld bleibt weitgehend blass. Abgewichen davon wird nur, wenn es um Wallanders zwischenmenschliche Beziehungen geht. In „Die falsche Fährte“ leidet Wallander unter der distanzierten Beziehung zu seinem Vater, dem Maler, der auch im Alter immer das gleiche Motiv malt und dessen Alzheimer-Erkrankung immer stärker sichtbar wird. Anders als in den Romanen und den Vorgängerverfilmungen muss sich der Branagh-Wallander zumindest nicht die ewigen Vorwürfe des Vaters anhören, dass er nie Zeit für ihn findet. Auch im zweiten Wallander-Film „Brandmauer“ spielt Wallanders Gefühlswelt beinahe die Hauptrolle. Tochter Linda (Jeany Spark) versucht, Wallander aus seiner Lethargie zu reißen. Damit er beginnt, die Trennung von seiner Frau zu überwinden, schaltet sie in einer Online-Datingbörse ein Inserat für ihn, das ihn mit der attraktiven Ella (Orla Brady) zusammenführt. Selten hat man den resoluten Kommissar so verklemmt und hilflos gesehen.

Der Fokus auf Kurt Wallander führt dazu, dass andere Themen, die in Henning Mankells Wallander-Krimis breiten Raum einnehmen, nur ganz am Rande beleuchtet werden. Vor allem die Kritik an den Veränderungen der schwedischen Gesellschaft, die zunehmende Verrohung und Brutalität sowie die latente Ausländerfeindlichkeit, kann man nur noch erahnen. Anders als bei den alten Wallander-Filmen mit Rolf Lassgård hinterlassen die Neuverfilmungen kaum ein Bild von Schweden. Ohne den obligatorischen Volvo-Dienstwagen und die Polizeiuniformen wäre die geografische Ortung weitgehend unmöglich.

„Kommissar Wallander – Die falsche Fährte“ am Freitag, „Die Brandmauer“ am Sonntag und „Mittsommermord“ am Montag, alle 21 Uhr 45 in der ARD

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