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Fernsehfilm: Arte-Drama: Loslassen statt festhalten

Der Fernsehfilm "Vom Atmen unter Wasser" zeigt sehr einfühlsam, wie Ohnmacht in Wut, Hass und vollkommene Hilflosigkeit umkippen kann.

Einmal, da hört Simon (Adrian Topol) von irgendwoher ein Gewimmer, ein qualvolles Stöhnen. Dann Geschrei. Er öffnet die Kellertür, um langsam die lange Treppe hinab zu steigen. In der hintersten Ecke sieht er seine Mutter Anna (Andrea Sawatzki), brüllend, schreiend, wimmernd, stöhnend, wie sie vor einem Wäschekorb zusammengekrümmt sitzt. Ein Häufchen Elend. Im Korb sind die Sachen von Sarah. Sarah war die Tochter des Ehepaares Anna und Jo Bergmann. Sarah wurde vor einem Jahr auf dem Nachhauseweg umgebracht, irgendwo hier, im so friedlichen Freiburg im Breisgau.

Seit dem unvermittelten Tod von Simons jüngerer Schwester ist nichts mehr so, wie es einmal war. Mutter Anna hat einen gescheiterten Selbstmordversuch hinter sich, die anschließende Psychotherapie bricht sie einfach ab. Vater Jo (Thorsten Merten) bittet Simon, sein Medizinstudium auf Eis zu legen, um vorübergehend wieder bei ihnen einzuziehen. Bei diesen Eltern, die überfordert sind mit der Situation, die auseinanderzubrechen drohen, die sich nur noch anbrüllen, sich eigentlich nur noch leere Worthülsen an den Kopf schmeißen.

All dies zeigen das Drehbuch von Lisa-Marie Dickreiter und die Inszenierung von Winfried Oelsner größtenteils sehr einfühlsam, in dem Fernsehfilm „Vom Atmen unter Wasser“: Wie Ohnmacht in Wut, Hass und vollkommene Hilflosigkeit umkippen kann. Statt näher zusammenzurücken und füreinander da zu sein, gehen die Betroffenen auf Distanz. Der Tod der Tochter, die vor dem Abitur stand, lässt die Familie Bergmann ganz langsam auseinanderbröckeln.

Von einigen dramaturgischen Schlenkern abgesehen ist „Vom Atmen unter Wasser“ ein gelungener Fernsehfilm über ein schwieriges, schweres Thema. Einmal, da sitzen Mutter und Sohn beieinander in Sarahs Zimmer und sie sagt zu ihm: „Sie verschwindet jeden Tag mehr aus meinem Leben. Nichts kann ich festhalten. Ich kann mich nicht mal mehr an ihre Stimme erinnern.“ Genau darum geht es hier: Um das Loslassen eines gestorbenen geliebten Menschen. Und damit umgehen zu können in diesem Leben, das doch weitergeht.

„Vom Atmen unter Wasser“, 21 Uhr, Arte

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