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FERNSEHFILM: Durch dick und dünn

Der neue „Bloch“-Film bringt Maximilians Esssucht und Janas Magersucht zusammen

Als sie bei Bloch (Dieter Pfaff) in der Praxis vor dem Spiegel steht und meint, sie sei fett und habe einen Schwabbelbauch, da mag man, gemeinsam mit dem Therapeuten, seinen Augen und Ohren nicht trauen. Denn Jana (Maria Kwiatkowsky) ist äußerst schlank, um nicht zu sagen: Sie ist magersüchtig. Sich selbst im Spiegel betrachtend, verdreht sie die Dinge, macht sich auch sonst etwas vor, will die Realität nicht wahrhaben. Daher baten ihre hilflosen Eltern, das Ehepaar Leistner (Margarita Broich, Lutz Blochberger) den Psychologen Bloch, sich ihrer Tochter anzunehmen, sie mithilfe einer Therapie wieder dazu zu bringen, einigermaßen normal zu essen. Jana wiegt nur noch 41 Kilo. Sie ist bereit, zu Bloch zu gehen, doch beim gemeinsamen Restaurantbesuch, da geht kein Bissen runter. Das Essen scheint für Jana eine Qual. Dem gegenüber steht der bärig-behäbige Bloch, der zu Hause in der Küchenschublade immer für ausreichend Nachschub an Pralinen sorgt, was seine pragmatische Lebensgefährtin Clara (Ulrike Krumbiegel) durchaus kommentiert.

Mit diesem Antagonismus – Magersucht versus Esssucht – thematisiert „Bauchgefühl“, der inzwischen 15. „Bloch“-Film, geschrieben von Marco Wiersch und inszeniert von Franziska Meletzky, eine Problematik, die in der modernen Konsum- und Stressgesellschaft nicht wenige betrifft. Während Magersucht insbesondere bei Mädchen zwischen etwa 14 und 18 Jahren verbreitet ist, ist es die Esssucht bei beiden Geschlechtern, und nicht nur bei pubertierenden Jugendlichen. Dass ausgerechnet der barock-rundliche Bloch mit einer abgemagerten jungen Frau konfrontiert wird, mag diesem still daherkommenden Fall eine besondere Note verleihen. Das hätte auch schnell ins Heikle, Pikante umkippen können. Manchmal, wenn Bloch und Jana so beieinander stehen, die Magersüchtige und der Esssüchtige, da ist zu spüren, dass wahrscheinlich gar beider Lebensentwürfe irgendwo kranken. Einmal reißt Bloch zu Hause besagte Küchenschublade auf, nimmt die Pralinentütchen und wirft sie entschlossen in den Mülleimer. Ein anderes Mal hat er neue gekauft, sechs Packungen gleich, und legt sie alle dort hinein. Eine gewisse Beruhigung geht da von ihm aus. So wie Jana unentwegt damit beschäftigt ist, sich und anderen vorzumachen, dass sie eben doch esse. Sie spiele, sagt sie einmal zu dem Psychologen. Wobei sie zugleich nahezu jegliche Nahrungsaufnahme vermeidet, zudem gehetzt durch die Stadt joggt, in ihrem Zimmer Sit-Ups und Liegestütze macht, was ihre bekümmerten und überforderten Eltern nur noch hilfloser macht.

„Bloch: Bauchgefühle“ erzählt mit bewusster dramaturgischer und inszenatorischer Langsamkeit und Dezenz davon, was das Dahinter ist, der eigentliche Beweggrund, viel zu wenig oder aber viel zu viel zu essen. Es geht Bloch bei Jana um die verborgenen Gründe dieser Kompensation. Gründe, über die sie nicht sprechen möchte, zunächst. Erst ganz allmählich erfährt er, dass sie sich schuldig fühlt am Hungertod ihrer Freundin, deren herzkranker Vater Frank (Thorsten Merten) in Jana wiederum einen Tochterersatz zu sehen scheint, oder vielleicht auch mehr. Diese inneren Verknotungen in Jana aufzudröseln, sie wegzubringen davon, eine Rolle zu spielen, und stattdessen authentisch, wahrhaftig zu werden, darum geht es in diesem sehr unspektakulären Drama.

„Bloch: Bauchgefühl“, ARD, 20 Uhr 15

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