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Fernsehkrimi: Wenn Frauen falschspielen

„Unter Verdacht“: Die Prohacek ermittelt gegen obskure Selbsthilfegruppen. Der Krimi passt gut in die Zeit - gibt es doch Parallelen zum Finanzskandal um Bernard Madoff.

Selbst die FBI-Agenten konnten nicht fassen, was Bernard Madoff getan haben sollte. „Wir sind hier, um herauszufinden, ob es eine harmlose Erklärung gibt“, sagte der Agent, als er im Dezember 2008 vor der Wohnungstür des Großinvestors an der Wall Street stand. „Es gibt keine harmlose Erklärung“, erwiderte dieser und wurde festgenommen. Da Madoffs Gewinne für die hohen Renditeversprechen, die er Anlegern gab, nicht ausreichten, benutzte er das Geld immer neuer Kunden, um damit die angeblichen Gewinne der anderen zu zahlen. Am Ende tat sich ein Loch von rund 50 Milliarden Dollar auf.

Mit diesem Finanzskandal hat die neue Folge der ZDF-Krimireihe „Unter Verdacht“ besondere Aktualität gewonnen. Thema von „Die falsche Frau“ sind Schenkkreise, und sie funktionieren nach dem Madoff-Prinzip: Wer zuerst kommt, wird bedient, diejenigen, die später folgen, gehen leer aus.

Zunächst einmal scheinen die beiden Todesfälle in der Münchner Justiz gar nicht zusammenzugehören. Eine Justizangestellte liegt tot im Wald, eine andere springt vom Dach, weil herausgekommen ist, dass sie sichergestelltes Geld gestohlen hat. Doch dann finden die Kriminalrätin Eva Maria Prohacek (Senta Berger) und Kollege André Langner (Rudolf Krause) heraus, dass beide einen Kurs besucht hatten, der Lebenshilfe für Frauen versprach, in Wirklichkeit labile Menschen jedoch nicht um ihre Probleme, sondern um ihr Geld erleichterte. Jede Einsteigerin wird aufgefordert, einem älteren Mitglied eine bestimmte Summe zu zahlen. Wenn sie dann weitere Mitglieder wirbt, so das Versprechen, kommt sie später selbst in den Genuss eines hohen Gewinns. In Deutschland sind Pyramidenspiele zwar legal, gelten aber als sittenwidrig – umso schlimmer also, dass Prohacek feststellt, dass auch eine hohe Justizbeamtin in das Betrugssystem verwickelt ist.

Meist geht es in der Reihe „Unter Verdacht“, in der Prohacek gegen andere Staatsdiener, Kollegen also, ermittelt, um das bayerische Amigo-System, das stark männerlastig ist. Die heutige Folge schrieb und inszenierte mit Isabel Kleefeld eine Frau (Koautor: Oliver Pautsch), und sie rückt die Machenschaften des eigenen Geschlechts in den Fokus. Dafür verändert sie den Ton: Während Männer sich anerkennend auf die Schulter klopfen für die krummen Dinger, die sie drehen, tarnen Frauen ihre Gier als Nächstenliebe. Leider verlässt sich Kleefeld nicht ganz auf ihr Frauenensemble. Als Nebenstrang flicht sie die Machenschaften von Machtmännern um faule Landesbankkredite ein. Die Zusammenführung dieser beiden Handlungen gerät dann so verwirrend, dass man sich eine Rückspulfunktion an den Fernseher wünscht.

Trotzdem, „Unter Verdacht“ gehört zum Besten, was das Fernsehen zu bieten hat, ist hochpolitisch und menschlich abgründig. Und für Berliner Zuschauer hat der heutige Fall neben dem Bezug zu Madoff noch andere Relevanz. Autorin Kleeberg studierte in den späten 80ern in Berlin. Inspiriert zu der Folge hätten sie die damals auch in der Politik allgegenwärtigen Pyramidenspiele, sagt sie. 1989 kam heraus, dass die damalige Familiensenatorin Anne Klein zwei Jahre zuvor unter dem Decknamen „Zora“ daran teilgenommen hatte. Die Anwältin investierte 2000 Mark und gewann rund 10 000 Mark.

„Unter Verdacht – Die falsche Frau“, ZDF, 20 Uhr 15

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