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Fernsehkrise: BBC soll private Konkurrenz mitfinanzieren – ein Sündenfall, meint die ARD

Großbritanniens Rundfunkgebührentopf, der bisher ausschließlich der BBC und ihren zahlreichen Medienaktivitäten zugutekommt, soll in Zukunft auch unkommerzielle Aktivitäten der Konkurrenz wie Lokalnachrichten unterstützen.

Dies ist einer der umstrittensten Vorschläge in dem am Dienstag veröffentlichten Regierungsbericht „Digital Britain“ über die Umstrukturierung der Medienlandschaft im Digitalzeitalter.

Die BBC will sich dem Zugriff auf ihren Geldtopf widersetzen. „Dies ist nicht, was die Gebührenzahler wollen“, so der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums, Sir Michael Lyons. Wenn Gelder übrig seien, müssten sie an die Gebührenzahler zurückgegeben werden.

Ausgelöst wurde die Debatte durch das Ungleichgewicht der Einkommensströme im britischen Rundfunksystem, das durch Rezession und die größere Bedeutung des Internets zugenommen hat. Während in Deutschland die öffentlich-rechtlichen Anstalten aus einer Mischung aus Werbeeinnahmen und Rundfunkgebühren finanziert werden, haben die Briten ein Zwei-Säulen-System: Alle Gebührengelder gehen dabei an die BBC, während die sogenannten terrestrischen „kommerziellen“ Sender ITV und Channel 4, die ebenfalls öffentlich-rechtlichen Status haben, aus Werbeeinnahmen finanziert werden. Waren beide Einkommensströme vor zwei Jahren mit jeweils rund 3,4 Mrd. Pfund noch gleich groß, werden die Gebühreneinnahmen der BBC in diesem Jahr auf 3,6 Milliarden Pfund geschätzt, während die TV-Werbeeinnahmen auf 2,6 Milliarden Pfund sinken. Dies bedroht die Existenz von Channel 4 und ITV. Beide Sender sehen sich nicht mehr in der Lage, öffentliche Sendevorgaben wie Lokal- und Regionalnachrichten zu erfüllen. Lord Carter hat nun Konsultationen über Vorschläge angesetzt, einen Stützfond für die bedrohten Sender zu schaffen. Ein weiterer Vorschlag war, Channel 4 ganz aus den Einnahmen der BBC Verwertungsgesellschaft BBC Worldwide zu finanzieren. Kritiker sehen die Autonomie der BBC bedroht. „Ein Prinzip wird gebrochen. Die Regierung kann sich in Zukunft an den Gebührengeldern bedienen, wenn immer ihr der Sinn danach steht“, so der Liberaldemokratische Medienexperte Don Foster.

Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust hat sich dagegen ausgesprochen, deutsche Privatsender nach britischem Vorbild an den Einnahmen aus der Rundfunkgebühr zu beteiligen. „Eine Beteiligung der Privaten an den Gebühren wäre ein ordnungspolitischer Sündenfall“, sagte Boudgoust am Mittwoch in Stuttgart. Jede Gebührenverlagerung würde nach Ansicht des ARD-Chefs aber den „verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine bedarfsgerechte Finanzierung“ der öffentlichen-rechtlichen Sender verletzen. Der Privatsender-Verband VPRT hatte in der Vergangenheit bereits erwogen, einen Gebührenanteil zu fordern.

Umstritten ist auch der Plan, einen Fond für die Breitbandverkabelung in ländlichen Gebieten durch einen Aufschlag von monatlich 50 Pence auf die Telefonrechnung zu finanzieren. Rentner ohne Interesse an Bandbreite müssten zahlen, damit Teenager im Internet schneller Videospielen können, wurde kritisiert. Matthias Thibaut

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