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Filmkritik: Tödlicher Schnee

RTL schickt Effekte-Fans in die "Jahrhundertlawine" - die Spannung hält sich jedoch in Grenzen.

Wie so oft in Filmen dieser Art ist der Spuk im Nu vorbei. Kein Wunder: Die im Computer hergestellten Bilder von der Lawine, die donnernd zu Tal rast, dürften ziemlich teuer gewesen sein. So teuer, dass in dieser internationalen Koproduktion, die am Sonntagabend bei RTL läuft, kaum noch Geld für hohe Star-Gagen übrig blieb. Vincent Perez wird zwar garantiert die Quoten im französischen TF1 erhöhen, doch die hiesigen Kinoerfolge des Schweizers, der in Frankreich dank Filmen wie „Fanfan der Husar“ Star-Status genießt, liegen eine Weile zurück. Die deutschen Produzenten schicken Désirée Nosbusch ins Rennen. Aber auch sie kann nicht verhindern, dass sich die Spannung des Katastrophenfilms in Grenzen hält. So imposant den Effektezauberern von CS Scanline die Schneemassen gelungen sind, die den österreichischen Skiort Vent unter sich begraben: Trotz einer überschaubaren Länge von netto gut 80 Minuten ist das Drama alles andere als kurzweilig.

Das liegt nicht zuletzt an der Besetzung. Abgesehen von Eva Habermann als Hotelangestellte, die sich kaum an der Handlung beteiligen darf, sowie Michael Brandner als Bürgermeister, der dem Genre entsprechend so lange alle Warnungen in den Wind schlägt, bis er Sturm erntet, sind weitere Mitwirkende des Primetime-Films gänzlich unbekannt. Da die Randfiguren genau dies bleiben, hält sich das Mitgefühl in Grenzen, wenn sie unterm Schnee begraben sind. Das gilt auch für die beiden Protagonisten, was eine Frage von Dramaturgie und Regie (Jörg Lühdorff) ist. Immerhin gibt es melodramatisches Potenzial: Die Geschichte beginnt mit dem Tod eines Snowboarders, der vor den Augen seiner Schwester Anne (Nosbusch) und des Arztes Marc (Perez), in die Tiefe stürzt. Die beiden arbeiten für die Bergwacht, sind ein Paar. Der Schock führt zur Trennung. Jahre später wird der Leichnam geborgen, und Marc kehrt nach Vent zurück. Anne behandelt ihn wie Luft. Außerdem hat sie ihm nie erzählt, dass sie damals schwanger war und Marc somit Vater des mittlerweile acht Jahre alten Nik ist. Natürlich schweißt die Katastrophe das Ex-Liebespaar wieder zusammen. Selbst bei einer Laufzeit von 90 Minuten wäre der Film nicht spannender, sondern bloß länger geworden. Tilmann P. Gangloff

„Die Jahrhundertlawine“, RTL, 20 Uhr 15

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